Ratsprotokoll vom 9. September 1887

Raths Protokoll. aufgenommen über die am 9. September 1887 abgehaltene I. ausserordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k.k. l.f. Stadt Steyr. Gegenwärtige. Der Vorsitzende Herr Bürgermeister kaiserl. Rath Georg Pointner. Der Herr Vicebürgermeister Leopold Putz. Die Herren Gemeinderäthe: Anzengruber Leopold Jäger Anton v. Waldau Klein Wilhelm Berger Johann Landsiedl Anton Brandl Friedrich Olbrich Hugo Breselmayr Franz Göppl Emil Perz Mathias Redl Johann Haller Josef Schrader August Hochhauser Johann Dr. Holub Karl Tomitz Franz Huber Leopold Turek Josef Schriftführer Herr Stadt-Secretär Fritz Hähnel. Verreist sind die Herren G.R. Jakob Kautsch und Adolf Seyschab.

Tagesordnung 1. Beschlußfassung hinsichtlich der Ausführung des Kasernbau-Projectes. 2. Beschlußfassung betreffs der Finanziellen Betheiligung an dem Steyerthalbahnbaue. Beginn der Sitzung 5 Uhr Nachmittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Anwesenheit von 20 Mitgliedern des Gemeinderathes also die Anwesenheit der mit Bezug auf die heutige Tagesordnung gemäß §. 50 Punkt 1 des Gemeinde-Statutes erforderlichen Zweidrittel Majorität, erklärt hierauf die Sitzung für eröffnet und ersucht zu Verifikatoren des heutigen Sitzungs-Protokolles die Herren G.R. Franz Tomitz und Josef Turek. Der Herr Vorsitzende referirt sodann bezüglich des ersten

Punktes der Tagesordnung wie folgt: In der Sitzung des Kasernbau-Comités am 15. Juli l. J. wurde der Beschluß gefaßt vor definitiver Antragstellung beim hohen k.k. LandesvertheidigungsMinisterium um Versetzung der Stadt Steyr in die Vte Classe des Militärzinstarifes anzusuchen. Dieses Ansuchen wurde ohne Verzug abgeschickt, worauf das genannte hohe Ministerium im Wege der hochlöblichen Statthalterei unterm 9. August l.Js anher eröffnete, daß die Stadtgemeinde Steyr bei dem Umstande, als in der selben dermalen nur ein Landwehr-Bezirks-Feldwebel stationirt ist, nur provisorisch in die VI. Classe des Militärzinstarifes eingereiht ist und daß daher im Sinne des §. 30 letztes alinea des Einquartirungs-Gesetzes nach dem Einrücken der Jägertruppe für welche der in Aussicht ge-

nommene Neubau einer Kaserne bestimmt ist, die neuerliche Erhebung der hierorts üblichen Miethzinse und sohin die definitive Einreihung unserer Stadt in eine Classe des bis Ende des Jahres 1890 wirksamen Zinstarifes zu erfolgen haben wird. Hierauf habe ich mich im Wege der hochlöblichen k.k. Statthalterei beim hohen k.k. Landesvertheidigungs-Ministerium anfragen wollen ob die provisorische Einreihung unserer Stadt in die VIte Zinsclasse auch für alle Militär-Unterkünfte und Nebenerfordernisse gilt. Hierüber ist am 27. August l.Js. folgender Erlass herabgelangt. An den Herrn Bürgermeister der Stadt Steyr. Die Stadtgemeinde Vorstehung hat unterm 18. August l.Js. Zahl 10070 ein an das hohe kk. Ministerium für Landes-Vertheidi-

gung gerichtetes Gesuch zur weiteren Vorlage hieramts eingebracht, worin sie die Bitte stellt, es möge ihr bekannt gegeben werden, in welcher Classe des Militärzinstarifes vom 1. Jänner 1886 giltig, die Stadt Steyr, wenn auch nur provisorisch eingereiht erscheine und ob diese Einreihung auch für alle Militärunterkünfte und Nebenerfordernisse gelte. Ich bin nicht in der Lage dieses ausser dem Rahmen der gesetzlichen bestimmungen liegende Begehren dem hohen k. k. Landes Vertheidigungs Ministerium zu unterbreiten. Wie Eure Wohlgeboren bereits mit dem hieramtlichen Erlasse vom 9. August d.Js. 1018/IV bei der Intimation des Erlasses des gedachten hohen k. k. Ministeriums vom 31. Juli l.Js. N°. 13879/758 II a eröffnet worden ist, erscheint die Stadt

Steyr provisorisch (da gegen wärtig nur ein Landwehr-BezirksFeldwebel dort stationirt ist) in die VIte Classe des Militärzinstarifes eingereiht und kann die definitive Einreihung für alle sonstigen Militärunterkünfte und Nebenerfordernisse nach §. 30 letzte Alinea des Einquartierungs-Gesetzes erst nach dem Einrücken der Truppe für welche der in Aussicht genommene Neubau einer Kaserne bestimmt ist, erfolgen. Die hiezu erforderliche Einhebung der ortsüblichen Miethzinse in Steyr wird demgemäß auch erst nach dem Eintreffen des gedachten Zeitpunktes zu veranlassen sein. Nachdem übrigens das hohe k.k. Ministerium für Landesverfheidigung zufolge Erlasses vom 12. August l.Js. Z. 13794/844 II a die Weisung anher gerichtet hat, die

baldige Realisirung des Projektes der Erbauung einer Jägerkaserne in Steyr wirksam zu fördern, so sehe ich mich veranlaßt der Stadtgemeinde Steyr die ihr diesfalls obliegenden Pflichten in Erinnerung zu bringen. Nach der A.h. genehmigten Friedensdislokation soll die Stadt Steyr mit einem Feldjäger Bataillon belegt werden. Die Stadtgemeinde kann sich daher der im Einquartierungs Gesetze (namentlich in den §.13 und 23) normirten Pflicht, für diese Truppe ehestens die vorschriftsmässige Unterkunft beizustellen umsoweniger entschlagen, als auch bereits der hohe oö. Landtag in seiner Sitzung vom 21. Jänner l.Js. einen sehr namhaften jährlichen Beitrag zum Kasernenbau bewilligt hat. Ich fordere daher den Herrn

Bürgermeister auf mit allem Nachdrucke auf die baldige Finalisirung dieser schon so lange in der Schwebe befindlichen Angelegenheit hinzuwirken und mir binnen 4 Wochen die eingeleiteten Schritte und deren Erfolg anzuzeigen, da ich sonst bemüssigt wäre in dieser Angelegenheit weitere Maßnamen zu treffen. Das Eingangs erwähnte Ministerial-Gesuch sammt Beilagen folgt anverwahrt zurück. Linz, den 25. August 1887. Für den k.k. Statthalter L. Metternich. Aus diesem Erlasse geht hervor, daß sich bezüglich der definitiven Bestimmung der Zinsclasse dermalen nichts weiter unternehmen läßt und habe ich um die Kosten des Kasernbaues definitiv bestimmen zu können, sowohl mit dem Baumeister Herrn Franz

Lengenfelder aus Bruck ad. Leitha als auch mit Herrn Anton Jäger von Waldau als Obmann der Bräuer-Commune neuerliche Verhandlungen gepflogen. Herr Lengenfelder kam nach Steyr und überreichte nach gepflogenen neuerlichen Studium der Pläne und der Kostenvoranschläge am 6. l.Mts. folgendes Offert: Nach eingehenden Studium und gepflogenen Informationen bin ich in der Lage einer löblichen Stadtgemeinde bezüglich eventueller Uibernahme des Kasernenbaues folgendes Anerbiethen zu stellen: Ich erkläre mich bereit den Kasernenbau in Steyr genau nach den vom Gruber & Volkner ausgearbeiteten und vom hohen k. k. ReichskriegsMinisterium genehmigten Plänen und Kostenvoranschlag unter Annahme der allgemeinen und besonderen Bedingungen um

den Pauschalbetrag von 190.000 fl sage Einhundert neunzig tausend Gulden ÖW. auszuführen und verpflichte mich diesen Bau mit ersten März 1888 zu beginnen und längstens bis Ende Juni 1889 beziehbar herzustellen. Werden mir aber folgende ohne Aenderung der Plane zulässigen Weglassungen beziehungsweise Vereinfachungen gestattet als: Die Weglassung der Asphalt Isolierplatten in veranschlagten Betrage von 1840 fl Die Beton- und Isolirschichten unter den Fußböden mit circa 1400 fl Die Saugköpfe auf den Dunst und Rauchschlotten circa 1000 fl Die Weglassung der Gesimse und Rusticken an den rückwärtigen Facaden des MannschaftsWohngebäudes - dann die Dachvorsprünge an den diversen Nebengebäuden mit 860 fl (Die Lüftzuführungsschläuche verbleiben und werden plangemäß durchgeführt) Zusammen 5100 fl

so erkläre ich mich bereit den Bau um den Pauschalbetrag von 185.000 fl sage Einhundert achtzig fünftausend Gulden ÖW. auszuführen. Die Fundament- und Kellermauern werden theilweise statt mit ConclomeratBruchstein aus Beton, zur Bedachung statt Zingel guter Schiefer in Verwendung gebracht. Die 10 % ige Caution bin ich bereit in zwei Raten zu hinterlegen and zwar 5 % innerhalb 8 Tagen nach Annahme dieses Offertes und die weiteren 5 % bei Beginn des Baues. Schlüßlich erlaube ich nur noch beizufügen, daß ich bei Vergebung der Professionisten-Arbeiten nach Möglichkeit die Gewerbetreibenden in Steyr berücksichtigen und unter den gleichen Bedingungen bevorzugen werde und überhaupt sämmtliche Bauherstellungen auf das Solideste durchzuführen mich verpflichte. Steyr am 6. September 1887 Fz. Lengenfelder Baumeister in Bruck a/d Leitha N°. 210.

Herr Anton Jäger v. Waldau erklärte heute, daß die Bräuercommune bereit sei den nöthigen Grund im Ausmasse von 29 Joch 976 □ um 23000 fl der Gemeinde Steyr käuflich zu überlassen. Es ergibt sich nun folgende Rechnung: Baufumme 190.000 Grundankauf 23.000 Vertragsspesen 1.000 Bauaufsicht 1.800 Interkollarzinsen 9.000 Reserve 5.200 230.000 fl Hiefür Vergütung seitens des Aerars nach der VI. Classe jährlich 10.583 fl jährlicher Beitrag seitens des Landes 2.000 12.583 Hievon ab die Erhaltungs und Assesuranzkosten mit 1583 fl verbleiben 11.000 fl jährlich zur Verzinsung und Amortisation obiger Kostensumme. Unter diesen Umständen hat das Kasernbau-Comité in seiner

Sitzung am 7. l.Mts. einstimmig beschlossen dem löblichen Gemeinderathe folgenden Antrag zur Annahme zu empfehlen: Der löbliche Gemeinderath möge beschliessen den Bau einer Normal-Kaserne für ein Jäger-Bataillon nach den von Völkner und Gruber ausgearbeiteten und vom Reichskriegsministerium genehmigten Projekte ausführen und bis Ende Juni 1889 beziehbar herstellen zu lassen. Mit dieser Bauausführung möge der Baumeister Franz Lengenfelder welcher die Kaserne in Bruck a.d. Leitha gebaut hat, gemäß seines vorliegenden Offertes vom 6. l.Mts. und den von ihm unterzeichneten allgemeinen und besonderen Baubedingnissen gegen einen Pauschalbetrag von 190.000 fl beziehungsweiss 185.000 fl betraut werden. Der nöthige Grund möge ohne

Verzug angekauft werden mit der Bedingung daß für den Fall als ein weiterer Grundankauf erforderlich die Bräuerkommne verpflichtet wird, den weiters nöthigen Grund, um den Preis von 800 fl pr Joch der Gemeinde käuflich zu überlassen. Uiber die Art und Weise der erforderlichen Geldbeschaffung wird seinerzeit über Antrag des FinanzComites zu beschliessen sein. Der Herr Vorsitzende erklärt die Debatte für eröffnet. Herr Gemeinderath Karl Holub, wünscht es möge eine Rentabilitäts-Berechnung über diesen Bau vorgelegt werden damit man sich über die Sache ein klares Bild machen könne. Er habe sich nach früheren Daten eine Zusammenstellung gemacht und gefunden, daß sich ein Abgang von 1800 fl bis 2000 fl auf die Verzinsung ergebe. Wenn man eine kürzere Amortisationsfrist und die Vorauslagen in Cal-

cül ziehe, so müsse die Stadt nahe an 4000 fl jährlich aufbringen. Er sei ganz einverstanden, daß die Kaserne gebaut werde, allein die Gemeinde müsse sich auch klar werden, ob sie die hiedurch erwachsenden Kosten tragen könne. Die Gemeinde Steyr habe circa 480.000 fl Schulden und sei schon in die Lage gekommen, die Ratenzahlungen nicht immer einhalten zu können. Es komme ausserdem noch der Eisenbahnbau im Frage, welcher der Stadt wieder Kosten auferlegt, und so sei es nothwendig ein Firanzprogramm auszuarbeiten bevor man den Bau beschliesse. Auch Herr Gemeinderath Friedrich Brandl vermißt es, daß die Finanzirung der Beschlußfassung über den Bau nicht vorausgestellt werden. Es wäre schlimm, wenn man bauen würde ohne spater zu wissen, wo man das Geld herbekomme. Es habe seinerzeit Herr Dr. Hochhauser selbst die Einsetzung eines Finanz-Comités angeregt, welches sich wegen der Geldbeschaffung mit Credit-Instituten ins Einvernehmen setzen möge. Er frage, ob man sich an solche Credit-Institute gewendet habe. Da auch die Kosten für den Eisenbahnbau in Frage kommen, so sei es um so wichtiger, über die Finanzirung ins Klare zu kommen. Herr Gemeinderath Wilhelm Klein bemerkt, nach den bisherigen Vorlagen sei die

Verzinsung und Amortisirung des Kapitals auf 50 Jahre in Aussicht genommen. Das sei aber eine zu lange Frist. Denn das Aerar verpflichte sich nur auf 25 Jahre und nach 25 Jahren sei die Caserne nur mehr 80.000 fl werth. Auch sei die Frage, ob man das Geld al pari bekomme, wenn nur zum Curse von 94, so mache das einen großen Ausfall. Die gegenwärtig erzielte Ersparniß von circa 17.000 fl mache nur einen Unterschied von 1000 fl in der Verzinsung pr Jahr. Die Finanzfrage sei daher sehr wichtig. Was seine Person anbetreffe so könne ihn die erwähnte Ersparung nicht von seiner Absicht abbringen, daß die Kosten für die Kaserne nicht im Verhältnisse zu den wirthschaftlichen Vortheilen die hieraus für die Stadt, erwachsen sollen stehen. Er wird daher gegen den Kasernbau stimmen. Der Herr Vorsitzende bemerkt, in erster Linie handle es sich jetzt um den Kasernbau. Eine Kosten- und Rentabilitäts-Berechnung, wie Herr Gemeinderath Holub verlangt liege ja bereits vor. Nach dem Offerte des Baumeisters Lengenfelder betragen die Baukosten 190.000 fl, die Kosten für Ankauf des Grundes 23.000 fl, dazu 1000 fl

Vertragsspesen, 1800 fl für Bau-Aufsicht9000 fl Intercalar Zinsen, 5200 fl Reserve, macht zusammen rund 230.000 fl. Die Verzinsung dieser Summe würde circa jährlich 11.500 fl erfordern. Nun erhält die Stadt vom Aerar nach der VIten Klasse des Militär Zinstarifes 10.583 fl jährliche Vergütung, der jährliche Landesbeitrag beträgt 2000 fl, macht zusammen 12.583 fl, hievon ab die Erhaltungs- und AssekuranzKosten pr 1583 fl verbleiben zur Verzinsung und Amortisation jährlich 11.000 fl betreffend die Anfrage des Herrn G.R. Friedrich Brandl in Bezug auf Geldbeschaffung bemerkt der Herr Bürgermeister, daß von Banken Offerte vorliegen wonach das Geldzu 4 1/2 % zum Curse von 94 erhältlich wäre was eine Mehr-Auslage von circa 13.000 fl verursache, so daß die Stadt cirua 2000 fl jährlich zu leisten hätte. Was die Amortisation anbelangt, so habe die Kaserne nach 25 Jahrenauch noch einen Werth und es sei nicht anzunehmen, daß das Aerar nach 25 Jahren diese Kaserne welche eine Muster Kaserne wird nicht mehr belege, wo ohnehin nach Kasernen gesucht werde. Herr Gemeinderath Dr. Johann Hochhau-

ser nimmt das Wort, weil speciell seine Person in die Debatte gezogen wurde. Er habe allerdings die Einsetzung eines Finanz-Comités beantragt, dasselbe mußte aber naturgemäß seine Thätigkeit einstellen, da ihm kein Beschluß des Gemeinderathes vorgelegt wurde und jetzt wolle man wieder eine Beschlußfassung verzögern, indem man vom Finanz-Comité ein Referat fordere. So habe man sich seit länger als einem halben Jahr in einem Cirkel bewegt, ohne zu einem Resultate zu kommen. Das Kasernbau-Comité hatte zu prüfen, ob es sich für die Stadt lohnt, eine Kaserne zu bauen. Nach sorgfältiger Berathung und Beleuchtung der Frage nach allen Richtungen hat nub das Comité einstimmig beschlossen, den Kasernbau dem Gemeinderathe vorzuschlagen und er kenne nicht die Gründe welche das Comité-Mitglied Holub bestimmen, jetzt anderer Ansicht zu sein. Man müsse einmal zu einem Entschlusse kommen, und die heute gemachten Einwendungen laufen nur auf eine weitere Verschleppung der Entscheidung hinaus. Die Dislocation eines Jäger-Bataillons

nach Steyr sei einmal eine beschlossene Sache und die Statthalterei fordert auf Grunddes Einquartierungs-Gesetzes den Bau der Kaserne. Es sei wohl zu überlegen, ob man sich zur Erfüllung gesetzlicher Bestimmungen erst zwingen lassen wolle, oder ob die Verlegung eines Bataillons nach Steyr die jährliche Aufzahlung von 1800 bis 2000 fl nicht reichlich hereinbringe. Das Comité sei sich klar geworden, daß der Bau der Kaserne für Steyr vortheilhaft sei und es möge denn der Gemeinderath ohne weitere Verzögerung endlich in dieser Sache schlüssig werden. Herr Gemeinderath Karl Holub bemerkt, das er kein principieller Gegner des Kasernbaues sei, daß ihn aber der Umstand, daß auch die Eisenbahnfrage an die Gemeinde herantrete bestimmt habe, jetzt auch gleich die finanzielle Frage ins Auge zu fassen. Der Vorwurf des Herrn Gemeinderathes Dr. Hochhauser treffe ihn daher nicht. Herr Gemeinderath Friedrich Brandl wendet sich gegen die Bemerkung des Herrn Dr. Hochhauser, als ob er (Brandl) eine Verschleppung der Angelegenheit beabsichtige. Er wolle nur dieselbe mit

aller Gewissenhaftigkeit geprüft haben, um die Gemeinde vor einer finanziellen Katastrophe zu bewahren. Der Herr Vorsitzende findet es ganz richtig wenn von einer Verschleppung gesprochen werde. Herr Gemeinderath Dr. Hochhauser habe sich in seiner Eigenschaft als Landtags-Abgeordneter seinerzeit bemüht einen Landesbeitrag für die Kaserne zu erwirken, was ihm auch gelungen sei. Wenn man noch länger zögere so sei Gefahr vorhanden, daß der Stadt der Landes-Beitrag wieder entzogen werde. Die Dislocirung des Jäger Bataillons nach Steyr sei einmal vom Kaiser sanctionirt und werde unterallen Umständen stattfinden, nur würde dann die Stadt, wenn die Kaserne nicht gebaut sei, noch größere Lasten tragen müssen. Herr Gemeinderath Dr. Johann Hochhauser betont mit bezug auf die Aeusserung des Herrn Gemeinderathes Brandl, daß er (Dr. Hochhauser) dieselbe Gewissenhaftigkeit wie Herr Brandl in Hinsicht auf das Wohl der Stadt

für sich in Anspruch nehme und auch nichts befürworten werde, was nicht nach seiner Uiberzeügung diesem Wohle förderlich sei. Herr Gemeinserath Franz Tomitz ist überzeugt, daß das Kasernbau Comité die ganze Frage auf das gewissenhafteste geprüft habe er schliesse sich den Ausführungen des Herrn Dr. Hochhauser vollständig an und befürwortet den Sections-Antrag. Herr Gemeinderath Anton Mayr bemerkt, daß ein fremder Baumeister nunmehr ein billigeres Offert eingereicht habe und müßten vielleicht Erleichterungen zugestanden worden sein. Es wäre wünschenswerth, daß man einen einheimischen Baumeister frage ob er den Bau nicht um denselben Betrag leisten könne. Wenn schon Steyr so viel Geld ausgibt so möge es auch hiesigen Geschäftsleuten zukommen. Auch dürfe man sich keineswegs auf etwaige NachtragsForderungen einlassen. Der Herr Vorsitzende erwidert, daß seinerzeit Offerte eingereicht wurden welche aber nicht acceptirt wurden, und

welche nur einen Percent-Nachlaß gewährten. Es sei jedenfalls vortheilhafter, wenn ein Offert eine bestimmte Summe ausspricht. Der gegenwärtige Offerent ist unter denselben Bedingungen um 10.000 fl billiger als die früheren Offerenten. Ausserdem ist derselbe nach den eingeholten Informationen ein sehr tüchtiger, reeller Geschäftsmann, welcher speciell im Kasernenbau versirt ist und sich darin praktisch bewährt habe. Herr Vice-Bürgermeister Leopold Putz beantragt Schluß der Debatte, welcher angenommen wird. Herr Gemeinderath Johann Berger beantragt mit Rücksicht auf die grosse Wichtigkeit des Gegenstandes namentliche Abstimmung, welcher Antrag angenommen wird. Hierauf schreitet der Herr Vorsitzende zur Abstimmung und wird der Sections-Antrag mit 16 gegen 4 Stimmen angenommen. Für den Sections-Antrag, also mit Ja stimmten die Herren Gemeinderäthe: Berger, Göppl, Haller, Dr. Hochhauser, Holub, Huber, v. Jäger, Landsiedl, Mayr, Olbrich, Perz, Putz, Redl,

Schrader, Tomitz und Turek. Gegen den Sections Antrag nämlich mit Nein stimmten die Herren Gemeinderäthe Anzengruber, Brandl, Breselmayr und Klein. Z. 10501 & 10900 2. In Folge des vom Herrn G.R. Dr. Johann Hochhauser in der letzten Gemeinderaths-Sitzung gestellten Antrages hat das Eisenbahnbau-Comité in seiner heutigen Sitzung nach eingehenster Besprechung der Kosten, Betriebs und Rentabilitätsfragen mit allen gegen eine Stimme beschlossen den Antrag zu stellen: a. Der löbliche Gemeinderath möge sich an der Kapitalsbeschaffung für die schmalspurige Localbahn Steyr-Hörndl (mit der Abzweigung von Neuzeug nach Hall) mit den Betrag von 200.000 fl betheiligen. b. Die betreffende Gesellschaft sei zu ermächtigen diesen Betrag eventuell zum Baue des ersten Baulooses Steyr-Grünburg mi zu verwenden. c. Das Eisenbahn-Comité wird ermächtigt und beauftragt die weitere Subscription ohne Verzug einzuleiten. Der Herr Vorsitzende erklärt die Debatte für eröffnet. Herr G.R. Wilhelm Klein frägt,

Betreffs der Durchführung der einzelnen Strecken des gesammten Bahnprojectes sei gewiß auch gleich die Verbindung über Sierning mit Bad Hall und dem Bahnanschlusse daselbst wünschenswerth, allein das hiezu nöthige Gesammtkapital von anderthalb Millionen bringe man nicht so leicht und auf einmal auf. Dagegen werde sich das Baukapital für die erste Strecken Abtheilung SteyrGrünburg wohl aufbringen lassen und diese Strecke werde gewiß auch sehr rentabel sein. Die anderen Strecken der Steyrthalbahn würden dann nach und nach gebaut werden. Auch die Kremsthalbahn sei ja nicht auf einmal, sondern in drei Perioden (Linz-Kremsmünster, Kremsmünster-Michldorf, RohrBad Hall) gebaut worden und dieselbe sei heute noch nicht am Ende des Baues angelangt, denn für die Strecke Michldorf-Hörndl seien ja schon Beträge gezeichnet und durch die Zeitungen sei ja auch bereits gemeldet worden, daß die Linzer den schnellstmöglichen Ausbauder Linie Hall-Grünburg anstreben.

Auch wir können uns der Hoffnung hingeben, daß nach Vollendung der Bahnstrecke Steyr-Grünburg sich andere Factoren ebenfalls aufraffen werden um diese Bahn, wenn dieselbe, was zweifelsohne der fall sein wird, sich rentabel zeigt weiter ausbauen zu helfen. Für den Umbau der steilen Landstrasse bei Grünburg seien bereits vom Landtag 26.000 fl bewilligt worden die hiefür noch nicht verwendet wurden die aber viel besser dem Bahnbaue zugeführt würden, weil nach Vollendung desselben der Umbaudieser Strasse nicht mehr nötig ist. An den Landtag im Uibrigen schon in der bevorstehenden Session betreffs Betheiligung resp. Subventionirung der Bahn heranzutreten, hängt von den weiteren Ergebnissen der Subscription ab. Andererseits zeige z B. die Herrschaft Klaus, der Religionsfond als der Besitzer grossartiger Waldcomplexe die erst nach Vollendung der Steyrthalbahn sich rentiren können, grosse Geneigtheit zur Unterstützung dieses Bahnprojectes. Redner will dieses nur beiläufig erwähnt haben und schließt mit den Worten. Wir

stehen also jetzt vor der Entscheidung ob der Gemeinderath diese Frage für unsere Stadt so wichtig hält, um sich an dem Bahnbau mit dem genannten Betrage zu betheiligen. Herr G.R. Wilhelm Klein hält es für geboten, daß unsere Stadt sich an der Herstellung dieser Bahn betheilige. Er wisse zwar nicht, ob alle die Hoffnungen die man an dieselbe knüpfe sich erfüllen allein die allgemeine Stimmung sei einmal für die Bahn das sei richtig. Eine Betheiligung unserer Stadt mit 200.000 fl an dieser Bahn dürfte jedoch nur für die ganze Strecke bis Hörndl angezeigt sein und nicht blos an der Strecke bis Grünburg, für letztere Strecke (etwa ein Drittel der Bahn) allein jährlich seitens der Stadt an Zins und Amortisation 10.000 fl ausgeben zu sollen, das scheine ihm zu viel; anfangs rentire sich ja eine Bahn auch oft wenig oder gar nicht Redner wünscht somit, daß die Stadt sich mit 200.000 fl am Bahnbau betheilige aber für die ganze Strecke.

Herr G.R. Karl Holub schließt sich, nachdem er sich schon im Comité hiefür ausgesprochen diesem Antrage an. Herr G.R. Friedrich Brandl ist der selben Ansicht und den früheren Fall, wo die hiesigen Steuerträger betreffs des Bahnbaues Steyr-Wels befragt worden seien, ob sie diesen Bau wollen oder nicht. Die Angelegenheit sei auch jetzt wieder wichtig genug und durch eine solche Abstimmung werde nur ein Aufschub von etwa8 Tagen veranlasst. Ein altes Sprichwort laute. Volksstimme ist Gottes Stimme. Man entspreche wohl mit einer solchen Abstimmung auch der seinerzeit überreichten Petition. Herr G.R. Anton Mayr bemerkt: Solche Fragen an das Volk können oft ganz richtig sein, aber in jenem speciellen Falle Steyr-Wels habe man nichts damit erreicht, durch das Schreien und Hetzen gewisser Leute. Heute bereue man dies bitter und im ähnlichen Falle werde aber das Gleiche wieder der Fall sein. Auf die Frage des Herrn G.R. Perz betreffs des Anschlusses der Steyrthalbahn in Garsten oder direct im hiesigen

Bahnhof, erwidert Herr Bürgermeister, daß hieruber noch nichts definitives entschieden sei. Herr G.R. Josef Haller fragt, warum denn unsere Stadt allein die Ganze Aufgabe des Bahnbaues auf sich nehmen solle, warum nicht auch die anderen hiebei interessirten Orte wie Steinbach, Grünburg, u.s.w.? Herr Bürgermeister antwortet: Wenn Niemand an Steyr sich anschliessen würde entfiele ja die ganze Bahnfrage. Wenn die betreffenden Gemeinden und die sonstigen Hauptinteressenten nichts thun, käme der Bau ohnehin nicht zusammen. Herr G. R. Franz Tomitz erklärt diesen Bahnbau als eine Lebensfrage für Steyr. Die Stadtgemeinde hat früher für Steyr-Wels und jetzt wieder für dieses Steyrthalbahn-Project viele Tausende zusammen mehr als 20.000 fl für Vorarbeiten ausgegeben; sollen denn diese total verloren sein, solle wieder nichts erreicht werden? Der Wunsch unserer Bevölkerung ist für die Bahn. Ohne diese Bahn verliert Steyr das ganze Steyrthal, und zwar in naher Bälde. Mit der vollendeten Bahn werde aber gewiß wieder neues Leben nach Steyr und in das Ganze

Thal kommen. Er ersuche daher dringend die Bahnfrage zu lösen durch den beantragten Beitrag zur Bahn. Herr G.R. Friedrich Brandl erklärt, daß er kein Gegner der Bahn sei, wenn auch die allgemeinen Ansichten vielleicht sehr optimistisch seien; er wünsche aber nochmals daß man die hiesige Bevölkerung um ihre Ansicht frage, die Summe sei ja eine hohe und er beantrage deshalb formell, daß die hiesigen Steuerträger befragt werden, ob sie mit dem Betrage von 200.000 fl für diesen Bahnbau ein verstanden sind. Herr G.R. Wilhelm Klein unterstützt diesen Antrag. Herr G.R. Dr. Hochhauser, erklärt betreffs des Antrages Klein sei er auch der Ansicht, daß die Stadt sich mit 200.000 fl für die ganze Bahnstrecke betheilige die ganze Kraft müsse man aber, doch für den ersten Theil der Bahn einsetzen; um jedoch die Sache zu vereinfachen so ziehe er im Einverständnisse mit den übrigen Comité-Mitgliedern den Theil b des Comitéantrages im Namen des Comités zurück. Was den Antrag des Herrn G.R.

Friedrich Brandl betreffe, so wäre eine Anfrage an die Bevölkerung ganz richtig, wenn man nicht fürchten müßte, daß dann wieder fremde und ungehörige Dinge in diese Sache hineingeworfen würden. Redner erwähnt die schlimmen Erfolge die man mit dem Steyr-Welser Bahnproject schon vor dem Bau der Kremsthalbahn und später wiederholt gemacht habe verweist auf die Gefahr die jetzt wieder unserer Stadt von verschiedener Seite drohe, die bezügliche auswärtige Concurrenz könne sich bei einer solchen Abstimmungsfrage leicht auch wieder hier nachwirkend zeigen. Unter allen Umständen müsse er sich aber gegen eine offentliche Volks-Versammlung mit Abstimmung über diese Frage aussprechen. Herr G.R. Friedrich Brandl hält seinen Antrag aufrecht. Herr G.R. Karl Holub erklärt auch nicht für eine Volksversammlung zu schwärmen; eine allgemeine Abstimmung, wie seiner-

zeit in Urfahr wäre jedenfalls einfacher und kürzer. Herr G.R. Friedrich Brandl constatirt, daß er dies ja meine und keine Volksversammlung. Herr Bürgermeister macht darauf aufmerksam, daß bei anderen Gemeinden des Landes, auch in Wels und Urfahr, die Steuerträger in solchen Fragen gesetzlich gefragt werden müßten; bei unserer Stadt sei dies nicht der Fall, da Steyr sein Gemeinde-Statut habe und die auf Grund desselben gewählten Herren Gemeinderäthe berufen sind in dieser Frage zu entscheiden sitzen ja hier in Folge des Vertrauens ihrer Wähler. Herr G.R. Mathias Perz ist dafür heute in dieser Frage schlüssig zu werden; er habe dieselben Bedenken wie Dr. Hochhauser und die Bahn habe gewiß eine große Wichtigkeit für Steyr. Herr G.R. Friedrich Brandl wünscht gerade mit Rücksicht auf das Vertrauen der Wähler eine schriftliche Abstimmung in dieser Frage und zwar mittelst einer im Rathhause während 8 Tagen aufliegenden Liste.

Herr G.R. Mayr, spricht noch über die möglichen Chancen einer solchen Abstimmung und deren Folgen, worauf schlüslich auf die Frage des Herrn G.R. Wilhelm Klein, ob die Abstimmung nach Stimmen oder nach dem Steuergulden erfolgen solle Herr G.R. Friedrich Brandl seinen Antrag genau dahin formulirt, daß die Abstimmung nach erfolgter Bekanntmachung durch die hiesigen Blätter binnen 8 Tagen mittelst Einzeichnung im Rathhause in der betreffenden Liste durch Ja oder Nein mit Angabe der Höhe des Umlagebetrages zu erfolgen habe. Bei der nun folgenden Abstimmung wird der Antrag des Herrn G.R. Friedrich Brandl mit allen gegen zwei Stimmen (Brandl und Klein) abgelehnt; dagegen in namentlicher Abstimmung der vereinfachte Sectionsantrag: Der löbliche Gemeinderath möge

sich an der Kapitalsbeschaffung für die schmalspurige Loal-Bahn Steyr-Hörndl (mit der Abzweigung nach Hall) mit den Betrag von 200.000 fl betheiligen. Das Eisenbahn-Comité wird ermächtigt und beauftragt die weitere Subscription ohne Verzug einzuleiten. Mit allen gegen 2 Stimmen (Brandl u. Klein) zum Beschlusse erhoben: Herr G.R. Dr. Hochhauser stellt hierauf den Antrag: Es möge die Finanzsection unter Zuziehung der Herrn G.R. Johann Berger, Karl Holub und Jakob Kautsch alsbald als Finanz-Comité die Berathungen aufnehmen auf welche Weise die nöthigen Summen unter Berücksichtigung der gesammten Finanzlage der Stadt am vortheilhaftesten aufgenommen werden sollen damit rechtzeitig beim hohen Landtag um die Bewilligung hiezu beziehungsweise um Erlaß des hiezu erforderlichen Landesgesetzes eingeschritten werde. Beschluss einstimmig nach Antrag. Hierauf Schluß dieser denkwürdigen Sitzung um 5 1/4 Uhr Nachmittags. Der Vorsitzende Die Gemeinderäthe Der Schriftführer

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