Raths-Protokoll aufgenommen am 20. März 1885 über die diesjährige IVte ordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. l. f. Stadt Steyr Gegenwärtige: Der Vorsitzende Herr Bürgermeister kaiserl. Rath Georg Pointner Die Herren Gemeinderäthe Anzengruber Leopold Brandl Friedrich Dittmann Johann Haller Josef Landsiedl Anton Mayr Anton Mayr Johann Huber Leopold Olbrich Hugo Jäger Anton v. Waldau Perz Mathias Jäger Franz v. Waldau Peyrl Josef Kautsch Jakob Redl Johann Klein Wilhelm Turek Josef Schriftführer Herr Stadt Secretär Fritz Hähnel
Tagesordnung Mittheilungen I. Section 1. (in vertraulicher Sitzung) Gesuch um Aufnahme in den Gemeinde Verband der Stadt Steyr. 2. Recurs der Frau Johanna Eiselmeyr gegen eine Verfügung der Stadtgemeinde Vorstehung pcto Entrichtung einer TanzmusiklicenzGebühr für vom Geselligkeits Club veranstaltete Tanz Unterhaltungen. 3. Recurs des Alois Them gegen die Entscheidung des Armenrathes Steyr pcto verweigerter Uibernahme seines Sohnes Karl in die heimatliche Versorgung. II. Section 4. Amtsbericht über den Stadtcasse
Journals- Abschluss pro Jänner 1885. 5. Eingabe des Commandos des uniformirten bewaffneten Bürgercorps in Steyr pcto Subventionirung der Corps Kapelle. III. Section 6. Ansuchen der Firma Joachim Winternitz's Neffen um Abtretung eines städtischen Grundes zu einem beabsichtigten Neu- beziehungsweise Umbau der Heiningermühle. 7. Ansuchen des Herrn Ferdinand Kutschera um Uiberlassung eines städtischen Grundes zur Herstellung einer Portal-Auslage. 8. Commissions-Protokoll und Sectionsantrag pcto Kanalisirung der Ziegler- und Bindergasse in Reichenschwall. IV. Section 9. Amtsbericht über die Vermögens Gebahrung bei der Alt Fenzl-
schen und Wolfgang Pfefferlschen Stipendien Stiftungen im Jahre 1884. 10. Ausweise über den Vermögensstand beim Armenhausbau- und Armen Verpflegungsfonde. Beginn der Sitzung um 3 Uhr Nachmittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlussfähigkeit, erklärt die Sitzung für eröffnet, ersucht zu Verificatoren des heutigen Sitzungs Protokolles die Herren Gemeinderäthe Jakob Kautsch und Mathias Perz und erstattet sodann folgende Mittheilungen: a. Laut hohen Erlass des k. k. Statthalterei Praesidiums
de dato Linz den 6. März 1885 Zahl 506 haben Seine k. u. k. Apostolische Majestät mit Allerhöchster Entschliessung vom 17. v. Mts. dem Rector des Wiener fürsterzbischöflichen theologischen Seminars Domherrn Dr. Ernst Müller zum Bischof von Linz allergnädigst zu ernennen geruht. Wird zur Kenntniß genommen. - Z 75 Praes. b. Ein am 5. März eingelangtes Schreiben wurde bereits von einem Lokalblatte unberufen veröffentlicht. Es ist dies das Dankschrei-
ben des Fürst Gross Priors Othenio von Lichnowsky. Werdenberg an den Bürgermeister und den Gemeinderath von Steyr für die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes. Dieses künstlerisch ausgestattete in lateinischer Sprache abgefaßte Schreiben lautet in deutscher Übersetzung:
Wird zur Kenntniß genommen und wird der Herr Bürgermeister ermächtigt eine passende Einrahmung und Aufbewahrung dieses Schreibens, etwa an der Wand im Amtszimmer des Bürgermeisters zu veranlassen. - Z 81. Praes. I. Section Referent: Sectionsobmann Herr G. R. Anton Jäger v. Waldau. 1. (In vertraulicher Berathung) Herr Kanut Zimmermann Besitzer des Hauses Dukartstrasse N°. 25 bisher nach Kronsdorf in Schlesien heimatsberechtigt, ist um die Aufnahme in den Gemeindeverband der Stadt Steyr eingeschritten. Die Section beantragt diesen Ansuchen gegen Erlag der Taxe Folge zu geben. Beschluss einstimmig
nach Antrag. - Z. 3056. Der Herr Vorsitzende tritt den Vorsitz an Herrn G. R. Leopold Huber ab. 2. Der Frau Johanna Eiselmeyr wurde wegen längerer Offenhalten der Kasino Gastlokalitäten bis 3 Uhr Morgens und angeblicher Abhaltung einer Tanzmusik vom 8. auf den 9. November 1884 von der Gemeinde Vorstehung Steyr die Zahlung der diesbezüglichen Stempel und Licenzgebühren aufgetragen. Der hingegen von Frau Eiselmeyr an die k. k. Statthalterei ergriffene Recurs wurde von dieser an den Gemeinderath Steyr verwiesen, weil es sich um keine Strafe sondern um die vorgeschriebene Gebühr handle.
Frau Eiselmeyr hat nun besagten Recurs an den Gemeinderath geleitet und beantragt hierüber die Section, daß Frau Johanna Eiselmeyer die Licenz und Stempelgebühr für das längere Offenhalten der Kasinogastkokalitäten zu entrichten habe. Die Gebühr für die Abhaltung der angeblichen Tanzunterhaltung wird ihr nachgesehen, nachdem es sich im gegebenenfalle nicht um eine Tanzunterhaltung im Sinne der hiefür bestehenden Verordnung sondern um eine kleine improvisirte Tanzerei gehandelt habe. Herr G. R. Josef Peyrl befürwortet den Sectionsantrag und drückt den Wunsch aus, daß seitens der Gemeinde Vorstehung die Sicherheitswache und die
Gewölbewache beauftragt wäre so wie in den früheren Jahren den Wirth vorher das Eintreten der Sperrstunde mitzutheilen und auf Verlangen des Wirthes die Gäste zu ermahnen das Lokale zu verlassen, die Wirthe haben da einen schweren Stand, sobald aber die Gäste aus den Mund der Wache hören, daß das Lokale zu schliessen oder die Licenzgebühr zu bezahlen sei, kann der Wirth ohne unhöflich gegen seine Gäste zu sein, der Sperrstundvorschrift leichter nachkommen. Herr G. R. Jakob Kautsch befürwortet ebenfalls den Sectionsantrag, nachdem nur eine geschlossene Club-Unterhaltung und keine eigentliche Tanz-
unterhaltung stattgefunden habe. Herr G. R. Mathias Perz bemerkt, daß das früher übliche Abschaffen der Gäste durch die Gemeindeorgane manche Unannehmlichkeiten zu Folge hatte und wäre er daher nicht für die Wiedereinführung der früheren diesbezüglichen Gepflogenheit. Herr G. R. Wilhelm Klein macht darauf aufmerksam, daß es sich im gegebenen Falle um keine Strafe sondern nur um die Licenzgebühr handle, welche ja bisher immer bezahlt werden mußte. Die Section mußte die Zahlung der Gebühr für das längere Offenhalten verlangen beziehungsweise dies in Antrag bringen, weil sie für eine bestimmte Regierungs Verordnung da ist, die man eben be-
folgen müsse, die Nachsicht der Tanlicenz erscheine gerechtfertigt, weil eine eigentliche Tanzunterhaltung nicht statt hatte. Hierauf wird der Sectionsantrag einstimmig zum Beschlusse erhoben. - Z 2120. Der Herr Bürgermeister übernimmt wieder den Vorsitz. 3. Alois Them Schuhmachergehilfe Witwer dermalen in Wien hat um die Unterbringung seines 9 jährigen Sohnes Karl in die hiesige Schutzanstalt auf Kosten des Armen Institutes angesucht. Der städtische Armenrath hat dieses Ansuchen in seiner Sitzung am 3. Februar l. Js. abgewiesen, nachdem Gesuchsteller von seinen 4 Kinder ohnehin bereits 2 in der Schutzanstalt und eines in anderweitiger kostenfreier Versorgung hat und sonach bei seiner Erwerbsfähigkeit wohl im
Stande sei, den in Rede stehenden Sohn Karl zu erhalten. Die Section beantragt den hingegen vorliegenden Recurs bei dem Umstande als Gesuchsteller dermalen ledig und in Folge seiner Beschäftigung in einer Fabrik der Erziehung seines bei ihm befindlichen Sohnes Karl nicht die entsprechende Sorgfalt zu widmen in der Lage ist, daher der 9 jährige Knabe größtentheils, sich selbst überlassen, phisisch und moralisch verkommen könnte, dahin folge zu geben, daß der in Rede stehende 9 jährige Knabe jedoch nur insolange als sein Vater sich nicht wieder vereheliche, in eine hierortige Erziehungs Anstalt gegen dem unterzubringen sei, daß Alois
Them die Hälfte der Kosten d. i. 10 xr pr Tag bestreite. Herr G. R. Josef Haller betont die Bedingung daß dies nur insolange gelte, als Them ledig bleibe. Hierauf wird der Sectionsantrag einstimmig zum Beschlusse erhoben. - Z. 2159. II. Section Referent: Sectionsobmann Herr G. R. Leopold Huber 4. Resultat über die Gebahrung bei der Stadtcasse in Steyr im Monate Jänner 1885. Einnahmen im Monate Jänner 1885 Hiezu den am 31. December 1884 verbliebenen baaren Kassarest mit daher Einnahmen Summe im Jänner 1885 Hievon abgezogen die im Monate Jänner bestrittenen Ausgaben pr verbleibt für den Monat Februar 1885 ein baarer Kassarest von städt. Cassaamt Steyr am 31. Jänner 1885 Cassen Director Paarfusser.
Nachdem das Cassa Journal durch die Herren G. R. Leopold Huber und Josef Turek geprüft und richtig befunden worden, beantragt die Section die Kenntnißnahme vorstehenden Cassagebahrungs Ausweises. Beschluss einstimmig nach Antrag. - Z. 2263. 5. Laut Eingabe des Commandos des uniformirten bewaffneten Bürger Corps in Steyr vom 16. l. Mts. erklärt sich das Corps bereits gegen die in der Gemeinderaths-Sitzung am 27. v. Mts. für das Jahr 1885 gewährte Subvention im Betrage von 600 fl, im Verlaufe der Sommermonate von der Corps Kapelle 10 Promenade Concerte und die Morgen Musik am 1. Mai ohne weitere Vergütung abhalten
zu lassen. Die beantragten 600 f ÖW. würden sodann folgende Verwendung finden. Zur Ausbesserung des Gehaltes des Kapellmeisters 150 fl Für 10 Concerte à 24 Mann a 1 fl 50 xr also pr Concert 36 fl 360 fl Für Honorar dem Kapellmeister 10 Concerte à 3 fl 30 fl Für Honorar dem Musikdiener für Aufstellung der Pult 10 fl Für die Mai Musik 18 fl Für den Capellmeister 2 fl Für Reparatur der Instrumente etc. 30 fl Summa 600 fl Die Section beantragt die Annahme vorliegender Pro-
positionen in der Weise, daß dem genannten Musikcorps, für während der Sommermonate des laufenden Jahres abzuhaltende zehn Promenade Concerte, der in Rede stehende Betrag von 600 fl gewährt werde. Herr G. R. Anton Mayer frägt ob diese Gewährung nun als eine Subvention oder als eine Bezahlung von Fall zu Fall anzusehen sei, da doch nur eines von beiden gewährt werden könne. Herr G. R. Jakob Kautsch sagt die Section fasse es als eine Bezahlung von Fall zu Fall auf: wäre die in Rede stehende Gewährung eine subvention so hätte die Gemeinde das Recht die nähere Verwendung der 600 fl zu bestimmen, das wollte aber die Section nicht. Herr G. R. Josef Peyrl meint man solle den Sectionsantrag zustimmen, da ja die ganze Ab-
machung ohnehin nur provisorisch und nur für das laufende Jahr gelte, man werde ja sehen wie sich die Sache mache. Herr G.R. Wilhelm Klein hält den Betrag von 600 fl für eine Subvention, da ja 600 fl für eine Bezahlung von Fall zu Fall zu viel wären. Er schliesse sich ebenfalls den Sectionsantrag an, nachdem die 600 fl zur Ausbesserung des Gehaltes des Kapellmeisters etc. verwendet werde und somit der Anfang zur Lösung der Musikfrage gegeben sei. Hierauf wird der Sectionsantrag einstimmig zum Beschlusse erhoben. - Z. 3117. III. Section. Referent: Sectionsobmann Herr G. R. Johann Redl.
6. Betreffend das Ansuchen der Firma Joachim Winternitz Neffen um Abtretung eines städtischen Grundes zu einem beabsichtigten Neubau beziehungsweise Umbau der Heiningermühle stellt die Section nach vorgenommenen Lokalaugenschein folgenden Antrag: Uiber Ansuchen der Firma Joachim Winternitz Neffen um Abtretung des aus der Strassenparzelle 1360 mit der Bezeichnung a. und d. im vorliegenden Situationsplane nothwendigen Flächenraumes bei der Anlage des zu errichtenden Fabriksgebäudes wolle der löbliche Gemeinderath diesen Parzellenantheil im Flächenmasse von 16 m² eigenthümlich abtreten, während zur Erbreiterung der Strassenstrecke längs
des Feilhauerhammer-Gebäudes aus der Garten Parzelle N°. 639 Eigenthum der genannten Firma, den im vorliegenden Situationsplane mit Bezeichnung b. im Flächenmasse von 29 m und der Bauparzelle 837 mit der Bezeichnung b. im Flächenmasse von 4.5 m², zusammen 33.5 m², tauschweise an die Stadtgemeinde Steyr überlassen wird. Den weiters im Situationsplane mit d. bezeichnete Antheil aus der Garten Parzelle 639 im Flächenmasse von 144 m² wird von der genannten Firma zu dem Kaufpreise von 50 fl an die Stadtgemeinde Steyr überlassen und von letzterer zur Erweiterung der erwähn-
ten Strassenstrecke in Verwendung gebracht. Herr G. R. Wilhelm Klein unterstützt diesen Antrag, nachdem es hiedurch der Gemeinde mit geringen Kosten ermöglicht wird eine wünschenswerthe Strassenerweiterung durchführen zu können. Hierauf wird der Sectionsantrag einstimmig zum Beschlusse erhoben. ad Z. 1936 7. Uiber Ansuchen des Herrn Ferdinand Kutschera um Uiberlassung eines städtischen Grundes zur Herstellung einer Portal Auslage beim Hause Stadtplatz N°. 20 beantragt die Section nach vorgenommenen Lokalaugenschein, der löbliche Gemeinderath wolle dem Herrn Ferdinand Kutschera behufs Aufstellung einer Portal Auslage bei dem der Sparcasse gehörigen Hause Stadtplatz No. 20 die Benützung eines Streifens Consc. No. 101
städtischen Grundes von 0.4 Meter Breite und 6.7 Meter Länge unentgeldlich jedoch nur auf Widerruf überlassen. Wird einstimmig zum Beschlusse erhoben. - Z. 2681. 8. In der Gemeinderaths Sitzung am 25. Juli v. Js. wurde die Kanalisirung und Verbreiterung der Binder und Zieglergasse principiell genehmigt. Die diesbezügliche Lokalcommission fand am 8. Oktober 1884 statt. Von den Anrainern erklärten sich in der Folge alle bis auf die 3 letzten in der Zieglergasse bereit auf ihre Kosten einzuzapfen und die nöthige Strassenregulirung in ihrer Front vornehmen zu lassen. Vom städtischen Bauamte liegen nun 3 Kostenvoranschläge vor: a. für die Strecke vom Quai bis zur Almeroth Villa Cementkanal, und Würfel-
pflasterung sammt Randsteinen 4470 fl b. für die Strecke vom Quai bis zum Hause Zieglergasse 13 Cementkanal und Würfelpflaster 2801 fl dieselbe Strecke mit Cementkanal und Kieselpflasterung 1850 fl c. für die Strecke vom Quai bis zum Hause N°. 3 in der Zieglergasse Cementkanal und Kieselsteinpflasterung 1050 fl (Kugelsteine). Von Seite der Section wird beantragt, daß mit der Kanalisirung in der Binder- und Zieglergasse nur streckenweise vorgegangen wird und zwar vom Hause des Herrn Michael Oberaigner bis zum Hause des Herrn Norbert Ressmayr N° 3 d. i. nach dem Situationsplane von Profil 2 bis Profil 10 in einer Länge von 80 Met. nebst
Zweigkanal in der Bindergasse in einer Länge von 24 Meter. Die bisher bestehende Kugelsteinpflasterung wird beibehalten. Die Kosten für die Herstellung dieser Theilstrecke werden sich auf circa 1050 fl belaufen. Die Ausführung dieser Arbeiten beantragt die Section bis auf die Pflasterung im Regiewege durchzuführen. Dieser Antrag wird von den Herren G. R. Josef Peyrl und Jakob Kautsch unterstützt einstimmig zum Beschlusse erhoben. ad Z. 7205 u. 10311 ex 1884 IV. Section Referent: Sectionsobmann Herr G. R. Josef Peyrl 9. Bezüglich des Amtsberichtes über die Vermögensgebahrung bei der Alt Fenzlschen und Wolfgang
Pfefferlschen Stipendien Stiftungen im Jahre 1884 beantragt die Section es wollen die geprüften Jahres Rechnungen zugeführt beziehungsweise der Rechnungs Extract dem kk. Statthalterei RechnungsDepartement eingesendet werden. Beschluß einstimmig nach Antrag. - Z. 2710 10. Laut den ämtlichen Ausweisen betragen mit Ende 1884 der städtische Armen Hausbaufond 38747 fl 40 xr und der städtische Armenverpflegsfond 46350 fl welcher Stand seit 1883 keine Veränderung ergibt. Die Section beantragt die Kenntnißnahme dieser Ausweise. Beschluß einstimmig nach Antrag. - Z. 2713 u. 2714.
Nach Erledigung der Tagesordnung theilt der Herr Vorsitzende mit daß die Sitzung für die Verifikation der diesjährigen Wahlen in den Gemeinderath am Montag den 23 l. Mts. Nachmittags 3 Uhr stattfindet. Hierauf Schluss der Sitzung um 5 Uhr Nachmittags Der Vorsitzende Georg Pointner Die Gemeinderäthe: Der Schriftführer Fritz Hähnel Jacob Kautsch M. A. Perz
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2