Ratsprotokoll vom 4. Februar 1884

Raths-Protokoll aufgenommen am 4. Februar 1884 über die diesjährige erste ausserordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. l. f. Stadt Steyr Gegenwärtige Der Vorsitzende Herr Bürgermeister kaiserl. Rath Georg Pointner. Der Herr Vicebürgermeister Leopold Putz Die Herren Gemeinderäthe Brandl Friedrich Jäger Anton v. Waldau Jäger Franz v. Waldau Breselmayr Franz Dittmann Johann Landsiedl Anton Dürrnberger Joh. Nepomuk Leitner Heinrich Göppl Emil Mayr Anton Haller Josef Mayr Johann Holub Karl Perz Mathias Huber Leopold Redl Johann Schriftführer Herr Gemeinde Secretär Fritz Hähnel

Tagesordnung Berathung der Kasernbau Angelegenheit. Beginn der Sitzung 10 Uhr Vormittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlussfähigkeit, erklärt die Sitzung für eröffnet, ersucht zu Verificatoren die Herren G. R. Karl Holub und Johann Mayr und referirt sodann als Vorsitzender des Kasernbau-Comites wie folgt: Laut Zuschrift der k. k. Genie-Direction Linz de dato 28. Jänner d.Js. und Zuschrift des k. k. II. Corps Commandos de dato Wien am 30. Jänner l. Js. ist der 5. l. Mts. zum Zusammentritt der angesuchten gemischten Lokalcommission bestimmt und hat gestern das Kasernbau-Comite behufs endgiltiger Feststellung der dieser Commission vorzulegenden Eventuel-Bauplätze eine Sitzung abgehalten und nachstehenden Antrag formulirt über welchem schlüssig nun Sache des löblichen Gemeinderathes sei-

Der Comiteantrag lautet: Wegen Erwerbung der zum Baue einer Kaserne für ein Feldjäger-Bataillon in Steyr erforderlichen Bauund Uibungsplätze wurden im Anschlusse zu den früheren Verhandlungen auch mit den Besitzern des Fladergutes in Aichet und dem der BräuerCommune in Steyr als Besitzer des Schlüsslhofes in Ort weitere Erhebungen gepflogen, und werden die Resultate dem löblichen Gemeinderathe dahin mitgetheilt, daß das Fladeranwesen in Aichet mit etwas über 20 Joch um 50.000 fl, und das Schlüsslhofanwesen in Ort mit circa 70 Joch Grundcomplex von dem Mitbesitzer Herrn Anton Jäger von Waldau ebenfalls zu dem Preise von 50.000 fl als verkäuflich offerirt worden sind, während das früher in Aussicht genommene Stiefvatergut in Jägerberg in ganz jüngster Zeit in andere Hände käuflich übergegangen ist. Bei dieser Sachlage werden nun von Seite des gefertigten Bau-Comites für die am 5. Februar d. Js. stattfindende gemischte Localcommission zur

Entwerfung eines Programmes für den Bau einer Kaserne in Steyr dem löblichen Gemeinderathe nachstehende Anträge zur Beschlußfassung unterbreitet: 1. Das Fladergut in Aichet kann aus Anlaß des offerirten hohen Verkaufspreises pr 50.000 fl für den in Rede stehenden Zweck nicht in Berücksichtigung gezogen werden. 2. Dagegen wird das NutzingerAnwesen in Ennsdorf mit den dazu gehörigen Grundstücken zu den offerirten Betrage von 24000 fl, dann als zweite Baustelle das Bräueranwesen in Schlüßlhof mit dem ganzen GrundComplexe von über 70 Joch Grundstücken zu dem offerirten Preise pr 50.000 fl der einberufenen Localcommission für den in Rede stehenden Zweck in Aussicht gestellt. 3. Bezüglich des Stiefvateranwe-

sens in Jägerberg wird von den beiden Comitemitgliedern Josef Peyrl und Johann Redl angeregt, es möge durch den Verkäufer Herrn Hans Millner erhoben werden, ob er gegenüber dem neuen Käufer bezüglich des bestehenden Verkaufs Offertes an die Gemeinde Steyr Erwähnung gemacht, und letzterer die früheren Verkaufsbedingungen einzuhalten oder andere zu stellen Willens sei? Diesem Antrage haben sich die übrigen Comitemitglieder aus dem Grunde nicht angeschlossen, weil die Frage der Incorporirung dieses in der Gemeinde Sct. Ulrich liegenden Besitzes in den Stadtbezirk Steyr nicht annähernd gelöset ist und die diesbezügliche Anregung hiefür nicht von Seite der Stadtgemeinde Steyr ausgehen kann. Georg Pointner. Karl Holub. Putz Leopold. Johann Redl. Josef Peyrl. Der Herr Vorsitzende bringt nun Punkt 1 zur Debatte.

Herr G. R. Anton Mayr schließt sich bei dem Umstande als der für das Fladergut verlangte Preiszu weit über den Werth des Gutes hinausgehe den Comiteantrag an, worauf Punkt 1 einstimmig zum Beschlusse erhoben wird. Hierauf kommt Punkt 2 zur Berathung und wird derselbe ohne Debatte einstimmig zum Beschlusse erhoben. Uiber Punkt 3 entspinnt sich eine längere Debatte. Die Antragsteller Herr G. R. Josef Peyrl und Herr G. R. Johann Redl halten ihren Antrag aufrecht. Herr G. R. Josef Peyrl glaubt, daß man schon auf Grund des letzten Gemeinderathsbeschlusses sich an die Gemeinde Ulrich hätte wenden sollen, damit diese sich äussern ob sie mit einer eventuellen Inkorporirung der Neuschönau in das Stadtgebieth einverstanden sei. Auch hätte man Herrn Millner fragen sollen wie weit die Inkorpo-

rirungs Angelegenheit gediehen sei, da ja doch bekannt war, daß diesbezüglich seitens der Einwohner in der Schönau Schritte gethan werden. Auch der in den letzten Tagen geschehene Verkauf des Stiefvatergutes hindere nicht dasselbe als Bauplatz für die Kaserne in Aussicht zu nehmen, da ihm bekannt, daß der Verkauf nur mit einem diesbetreffenden Vorbehalt vereinbart sei; die Gemeinde hätte sich mit einer Anfrage nichts vergeben. Herr G. R. Anton Mayr ist bei dem Umstande als das Stiefvatergut bereits verkauft und auch früher die Stimmung hiefür eine getheilte gewesen sei, dafür das Stiefvatergut ganz fallen zu lassen. Die Herren G. R. Anton Jäger v. Waldau, Franz Jäger v. Waldau, und Karl Holub schliessen sich dieser Anschauung an. Herr G. R. Franz Breselmayr ist dafür, daß Herr Millner gefragt werde ob der Verkauf bereits

abgeschlossen sei. Der Herr Vorsitzende sagt, Herr Millner habe sein Anboth nur bis 1. Jänner l. Js. gestellt, nachher habe er mitgetheilt, daß er bezüglich einer eventuellen Inkorporirung Schritte eingeleitet habe. Wenn die Einwohner der Neuschönau für eine Inkorporirung in das Stadtgebieth seien, so hätten diese auf ihr Ansuchen an den Gemeinderath Steyr herantreten sollen, welcher dann hierüber die Meinung der Gemeinde Ulrich eingeholt hätte; ein solches Ansuchen liege aber nicht vor; Herr Gemeinde- rath Peyrl theilte übrigens erst heute mit, daß der Verkauf mit Vorbehalt vereinbart worden, offiziell ist jedoch hierüber nichts bekannt. Herr G. R. Johann Mayr ist dafür, daß man Herr Millner wegen des Verkaufes fragen möge und soll man, falls der Verkauf noch nicht perfekt sei, der gemischten Lokalcommission auch das Stiefvatergut besichtigen lassen.

Herr G. R. Leopold Huber macht darauf aufmerksam, daß Herr Millner sein Anboth nur bis 1. Jänner gestellt hatte Herr G. R. Josef Peyrl empfiehlt nochmals seinen Antrag und macht darauf aufmerksam, daß bei der Inkorporirung der Quenghoffelder ja auch die Gemeinde Steyr an die Gemeinde Garsten herangetreten sei. Der Herr Vorsitzende erwiedert, daß in diesem Falle nicht die Gemeinde als Gemeinde, sondern als Besitzer eines Grundes in der Gemeinde Garsten an diese herangetreten sei. Der Herr Vicebürgermeister Leopold Putz sagt wenn es Herrn Millner zu thun gewesen wäre, so hätte dieser die Gemeinde Steyr von den erwähnten Vorbehalt beim Verkauf des Stiefvatergutes verständigen können, die Gemeinde könne ihm nicht darum fragen, dies wäre im gegebenen Falle wieder das Ansehen des Gemeinderathes. Herr G. R. Johann Dittmann macht darauf aufmerksam, daß man ja

das Stiefvatergut im Falle als die anderen beiden Plätze nicht als geeignet befunden werden, noch immer in Vorschlag bringen könne. Der Herr Vicebürgermeister Leopold Putz stellt den Antrag auf Schluß der Debatte. Wird einstimmig angenommen. Bei der nun folgenden Abstimmung bleibt Punkt 3 (Antrag des Herrn G. R. Josef Peyrl und Johann Redl) mit 11 gegen 7 Stimmen in Minorität. Dafür stimmten die Herren G. R. Franz Breselmayr, Johann Dittmann, Emil Göppl, Anton Landsiedl, Johann Mayr, Johann Redl und Josef Peyrl. Hierauf Schluss der Sitzung um 1/2 12 Uhr Vormittags Der Vorsitzende Georg Pointner Die Gemeinderäthe K. Holub Joh. Mayr Der Schriftführer Fritz Hähnel

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