Ratsprotokoll vom 15. März 1883

Raths-Protokoll aufgenommen am 15. März 1883 über die diesjährige Ite ausserordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. l. f. Stadt Steyr Gegenwärtige Der Vorsitzende: Herr Vice-Bürgermeister Leopold Putz Die Herren Gemeindräthe: Franz Breselmayr Joh. Nep. Dürnberger Emil Göppl Gustav Gschaider Dr. Johann Hochhauser Karl Holub Kautsch Jakob Klein Wilhelm Anton Landsiedl Johann Mayr Mathias Perz Josef Peyrl Josef Reder Johann Redl Schriftführer: Herr Gemeinde-Secretär: Fritz Hähnel. Beginn der Sitzung 3 Uhr Nachmittags. Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlußfähigkeit, erklärt die Sitzung für eröffnet und sucht zu verificatoren für das heutige Sitzungs Protokoll die Herrn Gemeindräthe Jakob Kautsch und Anton Landsiedl. 1. Der Vorsitzende theilt mit, daß er heute eine Anschrift vom Hrn. Bürgermeister erhalten und sich hierüber veranlaßt gesehen habe für heute eine außerordentliche Sitzung des löblichen Gemeindrathes einzulaufen. Die erwähnte Zuschrift habe er dem Herr Obmann der I. Section Anton Jäger v. Waldau behufs Berathung & Antragstellung übermittelt.

und ersuche er nun diesen die Zuschrift zu verlesen: Herr G. R. Anton Jäger v. Waldau verliest sohin folgende Zuschrift: Löblicher Gemeinderath! Die von dem Wahlcomité der conservativen Bürger-Partei veranlaßte Aufstellung meiner Person bei der für den 14. März 1883 anberaumten Gemeinderathswahlen im II. Wahlkörper geschah gegen meinen Willen und ohne spezieller Zusage meinerseits. Herr Gemeinderath Leopold Huber hat über mein persönliches Ansuchen die Mission übernommen von meiner diesbezüglichen Weigerung dem genannten Wahlcomite am 13. März Vormittags behufs Abänderung des Programmes Mitteilung zu machen. Trotz dieser meiner Einsprache und der nachträglich veranlaßten öffentlichen Erklärung daß ich eine Wahl aus dem II. Wahlkörper nicht annehmen kann, wurde ich dennoch von dieser Partei candidirt und am 14. May als Gemeindrath gewählt. Ich mache nun nach § 38 des G. St. gegen diese Wahl meine Einwendung, und bitte hierüber zu entscheiden. Gleichzeitig stelle ich an die löbl. Gemeinde Vorsehung des Ansuchen, daß bis zur Entscheidung meine Wahl als Gemeindrath im II. Wahlkörper, die auf Freitag den 16. März anberaumte Wahl des I. Wahlkörpers von Seite des löbl. Gemeindrathes sistirt werde, damit meiner Aufstellung in dem I. Wahlkörper für die Wähler desselben unmöglich werde. Bezüglich der anzeigten Sistirungsfrage

wolle sofort eine Gemeindraths-Sitzung für heute einberufen werden. Steyr, 15. März 1883 Georg Pointner m/p Die Section habe hierüber länger berathen und zum Referenten Herrn G. R. Dr. Johann Hochhauser gewählt. Herr G. R. Dr. Hochhauser referirt nun wie folgt: Wenn ihm das Referat über diesen Gegenstand von der Section ausnahmsweise übertragen worden sei, so habe dies seinen Grund darin, weil die Frage, welche auf der Tagesordnung steht, eine Juridische sei und in erster Linie nur an der Hand des Gemeinde-Statutes gelöst werden könne. Er werde den rechtlichen Standpunkt klarstellen. Dies betreffend macht nun Herr Referent vor allem auf die Bestimmungen der §§ 36 u. 38 des Gemeinde Statutes aufmerksam, wann es wörtlich heißt: "Wer von einem Wahlkörper bereits gewählt ist, kann von den folgenden nicht mehr gewählt werden und es sind die auf ihn gefallenen Stimmen ungiltig." weiters: "Anwendungen gegen die Giltigkeit der Wahlen sind beim Gemeindrathe längstens binnen 8 Tagen nach beendigten Wahlakte anzubringen." An der Hand dieser Bestimmungen weiß nun Herr Referent in langer Ausführung nach, daß der Gemeindrath obigem Ansuchen des Herrn Bürgermeisters nicht willfahren könne, weil dieser sein Ansuchen einerseits nicht mit

dem im Gemeinde-Statute im § 39 als gesetzlich zulässig normirten Ablehnungs-Gründen motivirt, andererseits aber selbst diese Ablehnungsgründe erst nach beendigten Wahlakt, also erst nach der vollzogenen Wahl in sämmtlichen 3 Wahlkörpern, geltend gemacht werden könnten. Bestünde nun unser allerseits hochverehrter Herr Bürgermeister (allseitige lebhafte Zustimmung) auf seiner beabsichtigten Ablehnung, so wäre dies gleichbedeutend mit dessen gänzlichen Ausscheiden aus dem Gemeindrathe und mit der absoluten Unmöglichkeit die von ihm während eines Zeitraumes von über 3 Jahren mit größtem Pflichteifer, Geschick und allgemeiner ???- ??? Gerechtigkeit gepflogene Amtsthätigkeit als Bürgermeister dieser Stadt weiter zu führen. Da aber heute nur eine Stimme darüber ist, daß der Herr Bürgermeister im Amte verbleibe, und daher auch sicherlich Niemandes Intention wäre, den Herrn Bürgermeister zu verdrängen, übrigens aber auch heute im ganzen Keis der Parteien kein Mann vorhanden sei, welcher das allgemeine Vertrauen für diese Stelle in gleich hohem Maße besitze (allgemeine lebhafte Zustimmung) wie unser Herr Bürgermeister, so müsse eben der löbliche Gemeindrath bemüht sein, diese nur durch leidige Wohlagitationen herbeigeführte, für die ganze Bürgerschaft mißliche Angelegenheit in möglichst rascher Weise auszugleichen und so der allgemeinen Stimme unseren hochverdienten Herrn Bürgermeister der Stadt Steyr zu erhalten, gerecht zu werden (lebhafter Beifall). Dies sei aber seines Erachtens nur in der Form möglich, wenn dem Herrn Bürgermeister

dieser Wunsch von beiden Partheien ausgesprochen werde. Er beantrage daher, daß eine Deputation des Gemeindrathes im Namen der gesammten Bürger- u. Wählerschaft Steyrs den Herrn Bürgermeister ersuche, er möge, da ihm thatsächlich die gesammte Bevölkerung aufrichtig hochschätze und als hochverdient um das Wohl u. das Gedeihen der Stadt anerkenne, seine im II. Wahlkörper gegen seinen Wunsch weil nur von einer Partei erfolgte Wahl als seitens der gesammten Wählerschaft geschehen ansehen und in Folge dessen auch annehmen. Dieser Antrag wird unter allgemeinen lebhaften Beifalle per acclamation zum Beschluße erhoben u. Hrn. Dr. Hochhauser von vielen Seiten wegen dieses Antrages beglückwünscht. Herr G. R. Haller Josef gibt seine lebhafte Freude über diesen Beschluß kund. Über Antrag des H. G. R. Dürnberger Johann Nep. werden einstimmig der Herr Vice-Bürgermeister, der Antragsteller Herr Dr. Hochhauser mit der RechtsSection und die Obmänner der übrigen Sectionen in obige Deputation gewählt. 2. Vor Abgang der Deputation wird noch über Zuschrift des hochwürdigen Herrn Stadtpfarrers u. Canonicus, Georg Arminger, der Herr Bürgermeister einstimmig ermächtigt, mehrere Dankschreiben nemlich an das k. k. Oberhofmeisteramt und an die Herren: Excellenz Baron Hyes, Ritter von Westermayr, Ferdinand Kirchner und Friedrich Schmidt anläßlich der geschenkten Überlassung von Glasmalerein für die hiesige Stadtpfarrkirche namens der Stadt Steyr mit zu unterfertigen.

Hierauf Schluß der Sitzung 4 Uhr Nachmittags. der Vorsitzende: Leopold Putz Die Gemeindräthe: Jacob Kautsch Ant. Landsiedl Der Schriftführer Fritz Hähnel Erwiederung des Herrn Bürgermeister Georg Pointner auf die Ansprache der gemeinderäthlichen Deputation: Ich fühle mich durch den Gemeindrathsbeschluß vom 15. März 1883, wie mir derselbe von meinem Freunde und Gemeindrathe Herrn Dr. Hochhauser in Beisein der geehrten Herren Gemeindräthe soeben mitgetheilt wurde, in außerordentlicher Weise geehrt, und zwar aus dem Grunde, wonach der ausgesprochenen Versicherung der Herren Gemeindräthe, mein ferneres Verbleiben im Gemeindrathe von Seite der hiesigen Wählerschaft gewunschen, meine nachgesuchte Candidat. im I. Wahlkörper nach § 36 u. 38 des GemeindeStatutes als nicht zulässig betrachtet wird, endlich

meinerseits ein gesetzlich zulässiger Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht worden ist. Aus dem Vorangeführten sehe ich mich veranlaßt, meine vorgebrachte Einsprache gegen die einseitige mir unliebsamen Candidatur im II. Wahlkörper zurückzuziehen und das Resultat dieser Wahl, soweit selbe meine Person betrifft, anzuerkennen. Georg Pointner

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