Ratsprotokoll vom 4. Juni 1882

Raths-Protokoll aufgenommen am 4. Juni 1882 über die diesjährig 5te ausserordentliche Sitzung des Gemeinderathes der k. k. l. f. Stadt Steyr. Gegenwärtige Der Vorsitzende Herr Bürgermeister Georg Pointner Der Herr Vicebürgermeister Leopold Putz. Die Herren Gemeinderäthe: Breslmayr Franz Mayr Johann Holub Karl Peyrl Josef Huber Leopold Jäger Anton v. Waldau Reder Josef Kautsch Jakob Redl Johann Klein Wilhelm Schachinger Franz Mayr Anton Stigler Viktor Schriftführer Herr Gemeinde Secretär Fritz Hähnel Beginn der Sitzung 10 1/4 Uhr Vormittags. Tagesordnung Die Beratung des Kostenvoranschlages für den Bau des neuen Versuchsanstalts Gebäudes.

Der Herr Vorsitzende constatirt die Beschlußfähigkeit und erklärt die Sitzung für eröffnet. III. Section Referent: Sectionsobmann Herr Gemeinderath Johann Redl. Der Herr Vorsitzende constatirt, daß gemäß des Gemeinderathsbeschlusses vom 26. Mai l. Js. vom städtischen Bauamte für den Bau der Versuchs Anstalt der genaue Kostenvoranschlag sammt Baubedingungen ausgearbeitet und gestern seitens der Bausection eingehend geprüft worden seien. Referent Herr G. R. Johann Redl verliest nun den Kostenvoranschlag, wonach sich die Gesammtkosten auf 48000 fl stellen, welche Summe aber, sich im Offertwege wohl um ein Beträchtliches erniedrigen werde. Die Details sind folgende:

Maurerarbeiten ... 24294 fl 57 x Steinmetzarbeiten 1552 f 30 x Zimmermannsarbeiten ... 7901 fl 57 xr Tischlerarbeiten ... 3414 fl 90 xr Schlosserarbeiten ... 1768 fl 90 xr Spenglerarbeiten ... 1509 fl 52 xr Anstreicherarbeiten ... 523 fl 27 xr Glaserarbeiten ... 590 fl 79 xr Sparherdarbeiten ... 70 fl Hafnerarbeiten ... 92 fl Schmiedearbeiten ... 222 fl Grundankauf ... 3844 fl Uferschutzbau ... 991 fl 63 xr Unvorhergesehenes ... 1224 fl 55 xr Summa ... 48000 fl Wird einstimmig zur Kenntnis genommen. Nun werden die Baubedingungen berathen. Dieselben sind fast gleichlautend mit denen für den Armenhausbau. - Nachdem bei Punkt 11 der Schlußsatz dahin abgeändert wird daß es zu heißen habe: "Allen Anforderungen obiger Aufsichtsorgane (nämlich der Bausection und des städt. Ingenieurs) hat jeder Ersteher der ausgeschriebenen Arbeiten Folge zu leisten. Werden die Baube-

dingungen einstimmig genehmigt. Nun verliest der Herr Referent den Antrag der Section. Derselbe lautet: Der vorliegende von der Bausection geprüfte Kostenvoranschlag vom 2. Juni 1882, sowie die entworfenen Baubedingungen zur Aufführung des VersuchsAnstalts Gebäudes mit einem Dargelegten Kostenaufwande von 48000 fl wolle der löbliche Gemeinderath mit der Bedingung bewilligen, daß der Bau nur an hiesige Gewerbetreibende vergeben, die Ausschreibung des Baues sofort stattzufinden habe, und die diesbezüglichen Offerte bis Dienstag den 17. Juni d. Js. 5 Uhr Abends beim städt EinreichungsProtokolle einzubringen seien. Diesem Antrage wegen sofortiger Ausschreibung und Inangriffnahme dieses Baues haben sich sämmtliche Mitglieder der Section angeschlossen, nur in Bezug der Vollendung des Baues haben die Mitglieder Herr Josef Reder und Herr Franz

Breslmayr zur Einwendung gebracht, daß die Bauherstellung billiger und solider zu stehen käme, wenn der Bau im heurigen Jahre blos unter Dach gebracht, und im nächsten Frühjahre zur Vollendung gelange, somit das Gebäude im ausgetrockneten Zustande bezogen werden könnte. Der Herr Vorsitzende macht aufmerksam, daß der Sectionsantrag in mehrere Theile zerfalle. Erstens in die Genehmigung des Kostenvoranschlages und der Baubedingungen, welche Genehmigung bereits erfolgt ist. Zweitens. Die Bestimmung ob die Arbeiten an einen Generalofferenten oder speziell an einzelne Geschäftsleute wie beim Armenhausbau zu vergeben seien. Drittens. Bis wann die Professionisten ihre Arbeiten zu liefern haben. Viertens. Wann der Bau vollständig vollendet zu sein habe, so daß das Gebäude bezogen werden könne. Fünftens. Die Feststellung des Termines

der Offeruiberreichung. (Herr G. R. Karl Holub entfernt sich) Nun entwickellt sich eine lange allgemeine Debatte. Schließlich ergeben sich theils gemäß des Sectionsantrages theils gemäß des Minoritäts Antrages (der Herren G. R. Josef Reder und Franz Breslmayr unterstützt von den Herrn G. R. Wilhelm Klein u. Josef Peyrl folgende Beschlüsse: 1. Der Kostenvoranschlag und die Baubedingungen werden genehmigt. (Einstimmig.) 2. Die einzelnen Arbeiten werden ebenso wie beim Armenhausbau separat vergeben. (Einstimmig) 3. Das Gebäude hat wenigstens im Rohbau mit vollständiger Eindeckung bis 31. Oktober l. Js. fertig zu sein und haben die Professionisten ihre Arbeiten über Verlangen des Baumeisters nach Maßgabe des Baufortschrittes zu liefern. (Mit allen gegen eine Stimme) 4. Mit längstens 31. Mai 1883 jedoch muß der Bau vollständig vollendet sein, so daß er bezogen werden kann.

(Mit allen gegen 2 Stimmen) 5. Die Offertausschreibung hat Mittwoch den 7. l. Mts. in den beiden Lokalblättern zu erfolgen. Freitag den 9. l. Mts. können im Bauamte die Offertbedingungen und Planskizzen abgeholt werden. Die Offerte selbst müssen sodann bis Samstag den 17. Juni l. Js. 5 Uhr Nachmittags im Einreichungs Protokolle des Gemeindeamtes überreicht sein. (Einstimmig.) Nach Erledigung der Tagesordnung ersucht Herr G. R. Viktor Stigler ums Wort. a. derselbe theilt mit er habe die Wahrnehmung gemacht, daß bei hiesigen öffentlichen Bauten Ziegeln von sehr verschiedenen Dimensionen verwendet werden. Hiedurch leide aber sehr die Tragfähigkeit der Mauern welche eben nach den genauen gesetzlichen Maß der Ziegel berechnet werden. Er beantrage daher dem Herrn Bürgermeister zu ersuchen dafür Sorge zu tragen, daß in den innerhalb des Stadtgebiethes gelegenen Ziegeleien, das gesetzliche Maß der Ziegel strenge eingehalten werde, und auch dies-

bezüglich ein Ersuchschreiben an die k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr als politische Behörde für den Landbezirk Steyr zu richten. Wird ohne Debatte einstimmig angenommen. b. Herr G. R. Viktor StigleR macht die informatorische Bemerkung ob nicht die in den Baubedingnissen vorkommende Haftungspflicht in der Dauer eines Jahres als zu kurz anzusehen sei. Die Mitglieder der Bausection geben ihre Ansicht dahin ab, daß dieser Termin schon seit vielen Jahren gebräuchlich und sich als hinreichend erwiesen habe. Schließlich stellt Herr G. R. Viktor Stigler noch folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderath hat in seiner letzten Sitzung beschlossen beim Armenhausbau eine Grundsteinlegung mit kirchlicher Feierlichkeit zu veranstalten und hinzu dem hochwürdigsten Herrn Bischof einzuladen. Er beantrage nun zu dieser Feierlichkeit

auch die Vertreter der hiesigen evangelischen und israelitischen Gemeinden einzuladen, da er in den Subscriptionslisten ersehen, daß sich auch diese an den Armenhausbau betheiligt haben und sich auch stets an allen Wohlthätigkeitsakten so insbesonders auch an den alljährlichen Armensubscriptionen betheiligen. Herr G. R. Josef Peyrl theilt die Anschauung, daß der evangelische Ritus von den katholischen weniger Abweichungen habe und daß mit den Mitgliedern dieses Ritus wie mit jeden andern gelebt werde. Bezüglich der Israeliten gehe der Antrag zu weit, es würden sich verschiedene Sachen ergeben, und stehe so manches in Widerspruch mit deren Anschauungen, auch sei bisher noch kein einziger Israelite in Steyr in Armenversorgung gewesen. Er wäre daher für die Einladung der evangelischen Gemeinde, aber nicht auch für die der Israeliten Herr G. R. Viktor Stigler entgegent, daß bei Akten wo es sich um Wohlthätigkeit handelt, die Confession aufhöre, dieselbe mache da keinen Unterschied, wer bedürftig ist, dem

werde die Mildthätigkeit zu Theil. Wenn in Steyr überhaupt noch kein Jude die Armenverpflegung genoß, so ist dies ein Zeugniß, daß diese noch weniger verarmt sind, desto schöner ist es aber, daß trotzdem kein Jude den Armenfond in Anspruch nimmt demnach dieselben alle Jahr Beiträge zu denselben leisten. Hiedurch sei eben umsomehr die Verpflichtung vorhanden, die Einladung auch an die israelitische Gemeinde zu richten, da sonst deren Beiträge auch einmal ausbleiben könnten. Herr G. R. Wilhelm Klein unterstützt den Antrag des Herrn G. R. Viktor Stigler, da er nicht wüßte in welcher Weise die Anwesenheit der Israeliten die Feierlichkeit stören könnte. Hierauf wird der Antrag des Herrn G. R. Viktor Stigler mit allen gegen 4 Stimmen zum Beschlusse erhoben. - Z. 7328. Schluss der Sitzung 12 Uhr Mittags. Herr Vorsitzende G. Pointner. Die Gemeinderäthe Josef Peyrl Jacob Kautsch Der Schriftführer Fritz Hähnel

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