Gemeinderatsprotokoll vom 30. November 1946

Stadtrat Anton Azwanger : Im Feber 1934 wurden alle sozialistischen Vereine aufgelöst, die Arbeiterbücherei beschlagnahmt und zum Grossteil vernichtet. Die Restbestände wurden in der Folgezeit einer Bücherei einverleibt, die unter dem Namen „Stadtbücherei“ geführt wurde. Als im Mai 1945 das Naziregime niederbrach, wurden von allen Seiten, denen es im Verlauf der Jahre so ähnlich ergangen ist, wie im Jahre 1934 der Arbeiterschaft, Wiedergutmachungsansprüche gestellt. Die Bestände der Volkslesehalle wurden aus der Stadtbücherei ausgeschieden und zurückerstattet. Die SPÖ hat ebenfalls einen Wiedergutmachungsanspruch gestellt und der Stadtrat hat dieses Ersuchen in der Sitzung vom 12.XI.1946 erfüllt. Der Berichterstatter bringt nachfolgenden Stadtratsantrag zur Kenntnis: "Der Gemeinderat beschliesse, den derzeitigen Bücherbestand, der ausnahmslos aus den seinerzeit beschlagnahmten Beständen der Arbeiterbücherei stammt, als Wiedergutmachung der SPÖ ins Eigentum zurückzugeben." Gemeinderat August Moser : Die KPÖ hat mit Erstaunen die Zeitungsnotiz von der Eröffnung der Zentralbücherei zur Kenntnis genommen. Der Gemeinderat ist neuerdings vor eine vollendete Tatsache gestellt worden. Dieses autoritäre Verhalten befremdet uns sehr. Wir sind der Auffassung, dass auch die Rechte des Stadtrates nicht so weit gehen können, ohne vorherige Genehmigung des Gemeinderates derartig weittragende Entscheidungen zu treffen. Meine Fraktion kann daher diesem Antrag nicht die Zustimmung erteilen. Stadtrat Azwanger: Ich bin erstaunt über die Einwendungen des Gemeinderates Moser. Der Beschluss wurde im Stadtrat einstimmig gefasst. Der Vertreter der KPÖ hätte im Stadtrat Gelegenheit, bzw. die Pflicht gehabt, seine Bedenken geltend zu machen. Die Verbindung des Stadtratsmitgliedes der KPÖ mit seiner Fraktion kann doch nicht so locker sein, dass sich die Fraktion vor eine vollendete Tatsache gestellt sieht. Die rechtliche Seite verhält sich folgend : Die Stadtbücherei wurde aus 3 Quellen gespeist, von denen 2 aus Diebstählen stammten. Die dritte Quelle bildeten Neuanschaffungen, die jedoch bei der jetzt vorgenommenen Sichtung fast zur Gänze ausgeschieden werden mussten. 1000 ausgeschiedene Bände wurden vor kurzem wieder nach Linz abgeliefert. Es dürften kaum mehr als 100 Bände aus den Neuanschaffungen verbleiben. Die-

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