4. Ordentliche Sitzung. Protokoll über die 4.ordentliche Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am 21. August 1946. Tagesordnung. 1.) Bericht des Bürgermeisters. 2.) Stadtratsantrag: Berichterstatter Stadtrat Hans Schanovsky: Zl. 4739/46 Budgetprovisorium 1946. Vertrauliche Sitzung. Berichterstatter Stadtrat Hans Schanovsky: 3.) 386/Präs.1946 Lohnregulierung der städt. Bediensteten. Öffentliche Sitzung Anwesende : Vorsitzender Bürgermeister Leopold Steinbrecher, die Bürgermeisterstellvertreter Gottfried Koller und Franz Paulmayr, die Stadträte: Dedic Karl Kahlig Hans Ebmer Johann Schanovsky Hans, Enge Franz die Gemeinderäte : Fellinger Josef Fischer Karl Fischer Franz Hochgatterer Anton Mayrhofer Josef Moser August Pickl Hermine Pöschl Josef
Rathmoser Hans Trauner Franz (SPÖ) Ribnitzky Vinzenz Trauner Franz (ÖVP) Riha Karl Vogelsam Josef Russmann Julius Weindl Anton Schnabl Franz Wöhrer Hubert Steininger Oskar Zeilinger Gangolf Vom Magistrat : Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr, Dr. Erlefried Krobath. Als Schriftführer: A. Moser Beginn der Sitzung : 15.45 Uhr Der Bürgermeister eröffnet die Sitzung und konstatiert die Beschlussfähigkeit des Gemeinderates. Entschuldigt sind die Stadträte Anton Azwanger, Ludwig Wabitsch, die Gemeinderäte Ennsthaler Wilhelm, Huemer Alois, Pöschl Franz, Wipplinger Karl, Wohlfahrt Josef u. Wokral Josefine. Als Protokollprüfer fungieren die Gemeinderäte Josef Fellinger und Franz Trauner (ÖVP). Punkt 1.) Bericht des Bürgermeisters. Den Vorsitz übernimmt Bürgermeisterstellvertreter Gottfried Koller. Der Bürgermeister berichtet über eine Zuschrift der Städt. Unternehmungen, derzufolge es wegen Reifenmangel nicht mehr möglich ist, Autobusse für Sonderfahrten zur Verfügung zu stellen, da befürchtet werden muss, auch die Arbeitertransporte nicht mehr durchführen zu können. Bürgermeister Steinbrecher verliest anschliessend einen Dringlichkeitsantrag nachstehenden Inhaltes: (Zl.3940). "Die Verkehrsmöglichkeiten von und nach Steyr sind bekanntlich trostlos. Stadt und Hinterland sind weder mit der Landeshauptstadt noch mit der Bundeshauptstadt in direkter Verbindung. Der Autobusverkehr ist völlig unzulänglich. Angeblich besteht die Absicht, die durchgängige Autobuslinie Steyr-Linz aufzulassen und in Enns eine Umsteigstation in die Eisenbahn zu schaffen. Dieser Plan würde die an sich trostlose Lage noch verschlechtern. Überflüssig, auf die Schwierigkeiten und Widerwärtigkeiten eines solchen Umsteigverkehres, vor allem in den Wintermonaten, hinzuweisen.
Die Auflassung der seinerzeitigen Bahnstrecke Sierning - Bad Hall hat die Verkehrsschwierigkeiten wesentlich erhöht. Die Gefertigten stellen daher nachstehenden Dringlichkeitsantrag : 1. Der Gemeinderat als das berufene Organ der gesamten Bevölkerung richtet an die zuständigen Stellen das dringende Ersuchen, endlich einmal den direkten Eisenbahnverkehr Steyr-Linz und retour und Steyr-Wien und retour zu erwirken. 2. Der Gemeinderat tritt an die zuständigen Behörden mit dem Ersuchen heran, den Ausbau des Flügels Rohr - Bad Hall bis nach Sierning als Normalspurbahn zu erreichen. 3. Solange die Stadt Steyr mit ihrem Hinterland von einem direkten Eisenbahnverkehr mit der Landeshauptstadt ausgeschlossen ist, wird gegen die Absicht, den Autobusverkehr von Steyr nach Linz in Enns zu unterbrechen, Protest erhoben. Dieser Plan würde nach Ansicht des Gemeinderates, als des berufenen Organes der gesamten Bevölkerung, die an sich trostlose Verkehrslage noch verschlechtern. Der Gemeinderat steht vielmehr auf dem Standpunkt, dass der Autobusverkehr Steyr - Linz unter allen Umständen, zu intensivieren sei. Da dieser Dringlichkeitsantrag von Mitgliedern des Gemeinderates aller drei politischen Parteien unterzeichnet ist, entfällt eine Abstimmung. Der Bürgermeister übernimmt wieder den Vorsitz und ersucht Gemeinderat Russmann vorliegenden Dringlichkeitsantrag eingehender zu begründen. Gemeinderat Julius Russmann: Schon zu Beginn des Jahres 1946, als die gemeinderätlichen Ausschüsse noch nicht konstituiert waren, gingen an die verschiedenen Zentralämter des Landes und Staates dringende Eingaben bezüglich der für Steyr und das Hinterland allernotwendigsten Verkehrserfordernisse. Diese Wege wurden seit dem mehrmals, jedoch ohne Erfolg, beschritten. Auch mit den Lokalinstanzen wurde Verbindung aufgenommen. Es ist diesen der gute Wille keineswegs abzusprechen, aber die eigentliche Zuständigkeit fehlte, um den notwendigen Auftrieb zu geben. Auch der Bezirkshauptmannschaft Steyr ist für ihre Bemühung in dieser Angelegenheit der Dank auszusprechen.
Von verantwortlicher Stelle kam endlich ein Echo auf unsere Rufe nach notwendiger Abhilfe der trostlosen Verkehrsverhältnisse. Das Echo war aber voll Disharmonie: Unser Verlangen nach Wiederherstellung der Bahnlinie Sierning - Bad Hall wäre nicht zu rechtfertigen! Wenn zeitgerecht in Angriff genommen, hätte dieser 10 km lange Teil finanziell und volkswirtschaftlich schon lange seine Wiederherstellung gerechtfertigt. Wir müssen auf unserer Forderung bestehen. Um eine bessere finanzielle Auswirkung zu erzielen wäre es nötig, die ganze Trasse von Rohr, bzw. Bad Hall hach Sierning zu normalisieren. Eine Verdichtung des Autobusverkehres scheitert derzeit an dem herrschenden Mangel von Autobussen und Reifen und an dem schlechten Strassenzustand. Unseren bestehenden Verkehr mit LKW und Autobussen will man verbessern! Die Staatsbahndirektion Linz soll um den Verkehr Steyr-Linz und zurück dichter zu gestalten, mit den Kraftwagen nur mehr bis Enns fahren, wo die Fahrgäste in die bereitgestellten Züge umsteigen müssten. Dies würde natürlich, wie bereits im Dringlichkeitsantrag erwähnt, die an sich schon trostlose Verkehrslage noch verschlechtern. Wir sind Menschen der Arbeit und demokratische Bescheidenheit gewohnt und anerkennen gewiss die gegenwärtig bestehenden Schwierigkeiten. Aber der Auffassung, dass unsere Stadt als Krähwinkel angesehen wird und der bestehende Verkehr gut genug erscheint, müssen wir entschieden entgegentreten. Wir wollen durchgehenden Verkehr nach Linz und Wien. Punkt 2.) Zl. 4739/46 Budgetprovisorium 1946. Bürgermeister Leopold Steinbrecher führt aus, dass der Haushaltsplan einer Stadt immer das Spiegelbild ihrer Gemeindevertretung ist, dass aber dieser erste Haushaltsplan nach so einem furchtbaren Kriege mit keinem zu strengen Masstab gemessen werden dürfe. Der Bürgermeister dankt allen Mitarbeitern und bittet Stadtrat Schanovsky über diesen Punkt der Tagesordnung zu berichten. Stadtrat Hans Schanovsky gibt im wesentlichen folgenden Bericht: Vorbericht zum Haushaltsplan der Stadt Steyr für das Jahr 1946. 1.) Rechnungsjahr 1944.
Der ordentliche Haushalt des Rechnungsjahres 1944, das die Zeit vom 1. April 1944 bis 31. März 1945 umfasst, somit noch ein volles Jahr des Krieges beinhaltet, weist in seiner Jahresrechnung mit einer Einnahme von RM 10,400.000.74 und einer Ausgabe von RM. 9,864.580.30 einen Überschuss von RM. 535.420.44 auf. Die Vermögensrechnung für das Rechnungsjahr 1944 konnte noch nicht erstellt werden, weil hiefür notwendige Unterlagen erst vor kurzer Zeit dem Rechnungsamt zugegangen sind. 2.) Rechnungsjahr 1945. Auf Grund des Erlasses der Finanzabteilung der Militärregierung Oberösterreich - Staatshaushalt - (O.Ö. Amtsblatt Folge 24/25 aus 1945) deckt sich das Haushaltsjahr 1945, im Gegensatz zu den früheren reichsrechtlichen Bestimmungen, wieder mit dem Kalenderjahr und umfasst daher nur die Zeit vom 1. April 1945 bis 31.Dezember 1945, demnach nur einen Zeitraum von 9 Monaten. Ein Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1945 konnte schon wegen der durch das Kriegsende und der darauffolgenden Besetzung der Stadt durch die alliierten Streitkräfte hervorgerufenen völlig unklaren Lage auf dem wirtschaftlichen und finanziellen Sektor nicht aufgestellt werden und somit entfällt eine vergleichsweise Haushaltsabwicklung. Gemäss Erlass der O.Ö. Landeshauptmannschaft vom 20.3.1946, II Gem.-253/58-1945 (Zl.2091/1946) war jedoch mit dem Abschluss der Bücher für das Rechnungsjahr 1945 solange zuzuwarten, bis die Ausgleichszahlung, betreffend den Finanzausgleich 1945, erfolgt war. Da diese Ausgleichszahlung erst im April 1946 einlangte, konnte der kassenmässige Abschluss für das Jahr 1945 erst am 30. April 1946 vorgenommen werden. Aus diesem Grunde konnte auch diese Jahresrechnung noch nicht erstellt werden. Der kassenmässige Abschluss ergibt einen Gebarungsüberschuss von S 382.855.31, der sich jedoch unter Berücksichtigung der Einnähmen- und Ausgabenrückstände (erstere stehend infolge Fehlens der Abgaben-Abschlüsse noch nicht fest) noch ändern wird.
Im Jahre 1945 sind finanzielle Transaktionen grösseren Stils (Schuldenabstossungen) durchgeführt worden. Der Vermögensstand der Stadtgemeinde Steyr beträgt am Ende des Rechnungsjahres 1944 bzs. beim Kapitalstand am 31.12.1945 S 10,722,359.61, dem Schulden in Höhe von S 568.919.41 gegenüberstehen. Zu diesem Vermögensstand ist besonders zu erwähnen, dass die Stadtgemeinde Steyr in der glücklichen Lage ist, dass von den Rücklagenbeständen in Höhe von S 3,801.162.13 nur S 5.500.-- nom. in Reichspapieren angelegt sind. Der Schuldenstand betrifft fast ausschliesslich Schulden aus öffentlichen Mitteln, die entweder zinsenfrei, oder nur geringprozentig verzinsbar sind. Lediglich der Kaufschillingsrest an den Österr. Feuerbestattungs Versicherungsverein per S 87.400.-- wäre wegen des hohen Zinssatzes (4 ½ bis 5 %) abzustossen. 3.) Haushaltsplan 1946. Allgemeines. Die Erstellung eines Voranschlages für das Rechnungsjahr 1946 stellte die städtische Finanzverwaltung vor ungewöhnlich grosse Schwierigkeiten. Sollte ein Voranschlag seinen eigentlichen Zweck erfüllen, so muss er naturgemäss bereits zu Beginn eines Haushaltsjahres fertig erstellt sein. Dies war aber wegen der völligen Unklarheit auf dem Gebiete der Finanzwirtschaft im Herbste vorigen Jahres nicht möglich und wäre ein termingemäss erstellter Haushaltsplan heute vollkommen überholt und unbrauchbar. Wenn auch heute noch keine vollkommene Klarheit über die finanzielle Rechtsgrundlage herrscht, so zeichnen sich doch schon Richtlinien ab, die die Erstellung eines provisorischen Voranschlages ermöglichen und rechtfertigen, um die Gefahr einer planlosen Wirtschaft zu bannen, die selbst dann gegeben ist, wenn grösste Sparsamkeit oberster Grundsatz bleibt. Der Finanzausgleich über die finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Gemeinden ist vorläufig noch nicht geregelt. Es liegt zwar der Entwurf eines Finanzaus-
gleichs-Übergangsgesetzes vor, nach welchem für die Jahre 1946 und 1947 im allgemeinen noch die bisher in Geltung gestandenen Finanzgrundlagen des Deutschen Reiches zu gelten hätten, jedoch ist dieser Gesetzentwurf bisher vom Nationalrat noch nicht behandelt worden. Wichtig ist, dass nach diesem Gesetzentwurf bombengeschädigten Gemeinden die Kriegsbeiträge A und B erlassen werden sollen. Weiters sollen die Gemeinden nicht mehr einen Gewerbesteuer-Ausgleichsbetrag, sondern das örtliche Steueraufkommen und bei der Bürgersteuer einen soweit gekürzten Betrag erhalten, als die Einkommensteuer gegenüber dem Jahre 1941, das ist das Jahr, in welchem die Bürgersteuer in die Einkommensteuer eingebaut wurde, zurückgeht. Damit ist auch die Berechnung der wichtigsten eigenen Steuereinnahmen der Stadt völlig ungewiss. Dazu kommt noch, dass der Staat bis zur Regelung der finanziellen Bestimmungen zwischen Staat und Gemeinden eine Schlüsselzuweisung in Höhe von nur 50% der Beträge des Rechnungsjahres 1944 vorsieht. Nach wie vor sind aber die einzigen massgeblichen Einnahmequellen die Steuern. Das Fehlen anderer Einnahmequellen, insbesonders von Gemeindeeinrichtungen und städtischen Versorgungsbetrieben wirkt sich äusserst ungünstig aus. Umsomehr, als ein Grossteil der Steuern zu viel von der wirtschaftlichen Konjunktur abhängig ist. Jeder Tiefstand der Wirtschaftskonjunktur hat nicht nur ein Absinken der Steuereinnahmen, sondern zugleich auch ein progressives Ansteigen der Ausgaben, insbesonders der Fürsorgeausgaben, zur Folge. Hiezu kommt noch die eigenartige Wirtschaftsstruktur unserer Stadt. Die Steyr-Werke sind der einzige dominierende Betrieb, ja die Stadt ist schlechthin auf sie angewiesen. Während die Friedensbelegschaft der Werke bei einem normalen Betriebsumfang schon ca. 5.000 Menschen zählte, fällt der nächstgrosse Betrieb dieser Stadt auf eine Belegschaft von weniger als 200 Menschen herab. Aufschlussreich für die Charakterisierung der Struktur ist eine statistische Aufzeichnung über die Lohnsummensteuer. Von den 900 Gewerbetreibenden sind allein 768 von der Lohnsummensteuer befreit, weil die Jahreslohnsumme weniger als S 7.200.-- beträgt. In 82 Betrieben beträgt die Lohnsumme im Jahre zwischen S 7.200.-- bis S 24.000.--, in 50 Betrieben über, S 24.000.--. Von den letztgenannten Betrieben beschäftigen 41 Betriebe bis 50 Arbeiter und Angestellte
3 Betriebe 50 bis 100 Arbeiter und Angestellte, 5 Betriebe 100" 200 Arbeiter und Angestellte, 1 Betrieb über 200 Arbeiter und Angestellte (die Steyr-Werke). In Steyr hängt somit der Haushaltserfolg der Gemeinde nicht nur von der Wirtschaftslage im allgemeinen, sondern im besonderen von der Betriebskonjunktur der Steyr-Werke ab. So günstig sich eine Betriebskonjunktur der Steyr-Werke auswirkt, umso verheerender, ja geradezu katastrophal, wirkt sich eine Betriebsstagnation auf die Gemeindefinanzen aus. Insolange nicht einerseits ein teilweiser Aus - gleich durch vermehrte Kleinbetriebe in dieser Sonderlage erfolgt, andererseits die Gemeinde neben den labilen Steuereinnahmen sich keine Erträge aus städtischen Versorgungsbetrieben und Einrichtungen (Wasserwerk, Elektrizitätswerk, Gaswerk, Schlachthof, Badeanstalt usw.) verschaffen kann, wird die Gemeinde der drückenden Sorge einer unsicheren finanziellen Lage nicht los. Ein Sinken der Steuereinnahmen und somit der Steuerkraft einer Gemeinde sollte nach dem deutschen Finanzausgleichsgesetz eine erhöhte Schlüsselzuweisung (Finanzzuweisung des Staates an die Gemeinde) erbringen. Das Wesen des Finanzausgleiches lag darin, durch staatliche Zuweisungen den Unterschied zwischen Steuerkraft und Ausgabenbelastung einer Gemeinde zu mildern, wenn dies die mangelnde Steuerkraft erforderlich macht. Die Steuerkraft einer Gemeinde wurde zu einem normalisierten Ausgabenbedarf in ein bestimmtes Verhältnis gebracht, wobei die Mehrbelastung einer Gemeinde, hervorgerufen durch Kinderreichtum der Bevölkerung, oder durch den hohen Anteil der Unselbständigen (Arbeiterumsatz) berücksichtigt wurde. War die Steuerkraft einer Gemeinde (Steuerkraft-Messzahl) höher als der normalisierte Ausgabenbedarf (Ausgangs-Messzahl), so erhielt die Gemeinde keine Schlüsselzuweisung; je ungünstiger das Verhältnis zur Steuerkraft-Messzahl und AusgangsMesszahl wurde, desto höher war die Schlüsselzuweisung. Die Schlüsselzuweisung war somit für die Gemeinde ein wichtiger ausgleichender Faktor in der Finanzwirtschaft der Städte und hat diese vor grösseren finanziellen Schäden bewahrt in der Erkenntnis, wenn die Gemeinde finanziell
gesund ist, dann ist es auch der Staat. Aus diesem Grunde hat auch der Städtebund Schritte unternommen, dass diese Art des Finanzausgleiches dem Wesen nach beibehalten werden möge. Bei der derzeitigen Ungewissheit der Steuererträge musste der Voranschlag speziell auf der Einnahmenseite sehr vorsichtig erstellt werden. Es können daher zwischen Voranschlag und Jahresrechnung grosse Differenzen entstehen. Auch eine Anlehnung an das Jahr 1937 oder frühere Jahre konnte nicht in Erwägung gezogen werden, da verschiedene grundlegende Voraussetzungen vorliegen. Abgesehen davon, dass das Haushaltsjahr stark unter dem nachteiligen Einfluss eines verlorenen totalggeführten Krieges steht, hat sich die Stadt seit 1937 bedeutend vergrössert. So ist die Einwohnerzahl von rund 23.000 auf 36.248 (ständige Bevölkerung ohne Lagerinsassen) angestiegen und hat sich das Stadtgebiet von 947 ha auf rund 2.650 ha. erweitert. Der Personalaufwand in der veranschlagten Höhe von S 1,650.790.- ist verhältnismässig hoch, er beträgt rund 37 % der BruttoEinnahmen, gegenüber einem normalen Aufwand von rund 22 %. Der Grund ist in der noch immer anhaltenden seinerzeit durch den Krieg bedingten Vergrösserung des Verwaltungsapparates zu ersehen und ausserdem verursacht durch den Einnahmeausfall zufolge momentaner Stillegung der Rüstungsindustrie. Der Krieg mit seinen Folgen und Nachwehen spiegelt sich eben wieder. Es wird auf die zusätzlichen Dienststellen verwiesen, wie z.B. auf das Wirtschafts-und Ernährungsamt, das allein 57 Beamte und Angestellt, somit 27 % beschäftigt, das Kriegsschädenamt, das Amt für Umsiedlung, das Wohnungsamt, dazu die vermehrten und zusätzlichen Arbeiten im Fürsorge- und Jugendamt durch die Flüchtlings- und Lagerbetreuung, die vermehrte Arbeit durch die erschwerte Materialbeschaffung, usw. Die Stadt muss daher Leistungen auf sich nehmen, die weit über den Rahmen ihrer normalen Zuständigkeit und der hiefür vorgesehenen finanziellen Mitteln hinausgeht, ohne hiebei auf entsprechende Zuschüsse von anderen Körperschaften rechnen zu können. Auch die Frage der Entnazifizierung ist noch nicht endgültig geregelt und musste die mögliche finanzielle Auswirkung berücksichtigt werden. Eine Einsparung beim Personalaufwand dürfte auch für die Pensionisten zu erzielen sein, da die Mitgliedschaft der Gemeinde bei der Versorgungskasse der Beamten
der Gemeinde und Gemeindeverbände einer Neuregelung entgegengeführt wird. Auf die Bevölkerungsziffer angerechnet entfallt auf 172 Einwohner der Stadt 1 Angestellter der Stadtgemeinde. Im Vergleich zu anderen Städten Österreichs weist jedoch trotzdem die Stadt Steyr keinen hohen Stand an öffentlichen Bediensteten auf. Das Fürsorgewesen erfordert einen Aufwand von S 1,712.190.-- welcher Betrag rund 39 % der Brutto-Einnahmen ausmacht. Der so erstellte ordentliche Haushalt der Stadt Steyr für das Jahr 1946 umfasst Einnahmen von S 4,403.550.-- und Ausgaben von S 5,315.600.--, sodass sich ein Abgang in Höhe von S 912.050.-- ergibt. Die Ursache dieses Fehlbetrages liegt im Rückgang der Steuereinnahmen, allein bedingt durch die Betriebsstagnation der Steyr-Werke, welche in diesem Jahre überhaupt keine Gewerbeertragssteuer leisten, wodurch ein Betrag von rund S 700.000.-- entfällt, und durch den Minderertrag der Lohnsummensteuer von ca. S 260.000.-- gegenüber dem Rechnungsjahr 1944. Eine teilweise Deckung könnte durch eine noch grössere Ausschöpfung der Besteuerungsmöglichkeiten zu erwirken sein (Erhöhung des Hebesatzes der Lohnsummensteuer auf 1000 % - Erweiterung der Getränkesteuer auf den Bierkonsum), doch liegt diese Steuererweiterung nicht allein im Machtbereich der Gemeinde, sondern ist die Zustimmung der obersten Aufsichtsbehörde Voraussetzung. Zur Deckung des restlichen Abganges müssen die Rücklagen (Vermögensbestände) herangezogen werden. Während der Haushalt 1944 noch voll im Zeichen des Krieges stand, der Haushalt 1945 nur 9 Monate umfasste und durch den Umbruch gekennzeichhet war, soll der Haushalt 1946 den Übergang in die Friedenswirtschaft einleiten. Besonderer Teil Einzelplan 0 - Allgemeine Verwaltung. Es sind durchwegs Pflichtausgaben. An Kosten für die Militärregierung (Personal- und Sachaufwand), für die kein Ersatz
geleistet wird, sind S 16.480.— veranschlagt worden. Das Konto Wiederaufbau zeigt Ausgaben von rund S 168.530.-- auf, worin nicht nur Aufräumungs- und Häuserabbrucharbeiten enthalten sind, sondern auch Ausgaben betreffend die Liquidierung der seinerzeitigen Luftschutzmassnahmen. Als Ersatz wurde der gesamte Ausgabenbetrag in Einnahme gestellt, in der Erwartung, dass diese Kosten noch vom Bund getragen werden. Einzelplan 1 - Polizei. Der Polizeikostenbeitrag steht noch nicht fest; er wurde unter Zugrundelegung der alten Kopfquote von S 2.50 pro Einwohner und einer Einwohnerzahl von 36.216 mit S 90.540.-- veranschlagt. Es ist anzunehmen, dass eine wesentliche Änderung nicht eintreten dürfte. Einzelplan 2 - Schulwesen. Der Schulstellenbeitrag (Beitrag zu den Personalkosten - Volksund Hauptschulen) ist vorsichtsweise in der gleichen Höhe von 1944 mit S 208.600.-- eingesetzt. Er dürfte sich aber verringern, da als Bemessungsgrundlage die Steuerkraft-Messzahl und die Schlüsselzuweisung, die Stark sinkende Tendenz aufweisen, gelten. Der Wiederaufbau der bombenbeschädigten Realschule ist mit S 360.000.-- veranschlagt, wovon S 273.600.-- das Jahr 1946 belasten werden. Bei der Kaufm. Wirtschaftsschule und Frauenberufsschule könnte beim Personalaufwand eine Einsparung erzielt werden und zwar in der Form, dass die von der Gemeinde besoldeten 4 Lehrkräfte sowie alle übrigen an diesen Schulen beschäftigten Lehrkräfte vom Staate übernommen werden. Einzelplan 3 - Kultur-und Gemeinschaftspflege. Das Kulturamt schliesst mit einem veranschlagten Abgang von S 7.820.-- ab. Der mit rund S 5.870.-- bezifferte Abgang der Stadtbücherei würde sich erhöhen, wenn der Betrieb nicht sofort aufgenommen, werden kann. Einzelplan 4 - Fürsorgewesen. Das Fürsorgewesen zeigt fast ausschliesslich Pflichtausgaben auf und weist einen Abgang von S. 793.710.-- auf, der unter der Voraussetzung keiner Änderung der gesetzlichen Vorschriften kaum eine Änderung erfahren dürfte. Der monatliche Aufwand für laufende und einmalige Unterstützungen der offenen und ge-
schlossenen Fürsorge beträgt rund S 60.000.-, wobei seit 1.4.1946 folgende Unterstützungssätze festgesetzt sind: a) für alleinstehende Personen S 39.- mtl. b) für den Haushaltungsvorstand S 35.- mtl. für Angehörige über 16 Jahre S 25.- mtl. d) für Angehörige unter 16 Jahre S 15.- mtl. e) und die Miete. Im Monat Juni 1946 erhielten 2.201 Personen laufende oder einmalige Unterstützungen im Gesamtbetrag von S 52.580.88, während der Aufwand der geschlossenen Fürsorge (Anstaltspflege) S 5.778.40 betrug. Somit war der Gesamtaufwand S 58.359.28. Für die Adaptierungsarbeiten in den Versorgungshäusern hat der Stadtrat in seiner Sitzung vom 23.3.1946 nachträglich S 55.000.- bis 60.000.-- genehmigt, wovon bereits S 57.430.24 aufgelaufen sind. Einzelplan 6 - Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen Hier Scheinen für die Durchführung von Bauvorhaben folgende Ansätze auf: 1.) Ausbau der Sepp-Stöger-Strasse S 122.700.-- 2.) Ausbau des unteren Teiles des Leit- nerberges S 50.000.-- 3.) Verbreiterung der Mühlbachbrücke in der Haratzmüller-Strasse S 7.000.-- 4.) Uferbauten beim Kraftwerk 2 an der Steyr S 13.000.-- Gesamtaufwand: S 192.700.-- Einzelplan 7 - Öffentliche Einrichtungen. Die Aufwandziffern sind Erfahrungsziffern und dürften kaum wesentlichen Änderungen unterliegen. Einzelplan 9 - Finanz- und Steuerverwaltung. In diesem Plan drückt sich am krassesten der Einnahmerückgang aus. Während die Rechnungsabschlüsse in diesem Einzelplan der Jahre 1942 S 4,521.642.21 1943 S 4,014.826.93 1944 S 2,982.038.46 an Erfolgen ausweisen, beträgt der Erfolg im Haushaltsplan 1946 nur S 2,057.500. Die Einnahmen im Abschnitt 91 - Allge-
mein-Kapitalsvermögen - weisen gegenüber dem Jahre 1944 eine bedeutende Verminderung auf und zwar deshalb, weil keine Einlagezinsen für Kassenbestähde ausgeworfen werden. Im Jahre 1944 betrugen beispielsweise die Zinsen für eingelegte Kassenbestände allein fast S 160.000.--. Die Abschnitte 91 und 94 behandeln die Steuern. Diese Sind mit S 2,405.280.-- veranschlagt. Eine der ständigsten und von der Wirtschaftskonjunktur nur wenig beeinflusste Steuer ist die Grundsteuer. Die ist der Ersatz für die seinerzeitige Bodenwertabgabe. Mietaufwandabgabe, Luxuswohnabgabe, die Kommunalabgaben auf den Bodenertrag und den Mietaufwand, die Landes-, Grund- und Gebäudesteuer, den Gemeindezuschlag zur Landes-Grundsteuer und die Zinsgroschensteuer. Ihr Ertrag ist mit S 934.900.-- präliminiert. Eine Verringerung der Steuer könnte eventl. dadurch eintreten, dass die Steuerpflicht für total-bombenbeschädigte Objekte wegfällt. Dies ist in erster Linie von der Regelung des Kriegssachschädenrechtes abhängig. Die erträgnisreichste Steuer wäre unter normalen Verhältnissen die Gewerbesteuer. Sie zerfällt in die eigentliche Gewerbesteuer, die vom Gewerbeertrag und vom Gewerbekapital erhoben wird und die Lohnsummensteuer. Die Gewerbesteuer trat an Stelle der früheren Lohnabgabe, der Gasverbrauchsabgabe, der Luxusverbrauchsabgabe, der Kommunalabgabe auf den Fleischverbrauch und der Ankündigungsabgabe. Sie unterliegt am stärksten der Wirtschaftskonjunktur. Dies erweist sich auch jetzt. Während der Gewerbesteuer-Ertrag im Jahre 1942 RM 2,143.060.-- 1943 RM 1,668.300.-- 1944 RM 1,474.180.-- betrug, dürfte er im Jahre 1946 nur S 600.000.-- betragen. Das tatsächliche Gewerbesteuer-Aufkommen im ersten Vierteljahr 1946 betrug nur S 146.802.10, wobei die Zerlegungsanteile unberücksichtigt blieben. Gerade in Steyr ist aber der Ertrag der Zerlegungsanteile unter normalen Verhältnissen am grössten, fällt durch hierein die Gewerbesteuer der Steyr-Werke, deren Ertrag in den Jahren 1939 bis 1942 rund 40 % des Gesamtbetrages ausmachte. Für das Jahr 1946 ist der Zerlegungsanteil dieses Betriebes nicht ermittelt, doch
dürfte dieser nicht ausschlaggebend sein, weil 1945 der Gewerbeertrag gleich Null war und das Gewerbekapital derzeit noch nicht festgestellt werden kann. An diesem Beispiel zeigt sich die gefahrvolle Auswirkung einer Betriebsstagnation in diesem grossen Unternehmen für die Stadtfinanzen am deut¬ lichsten. Bei dieser Steuer allein bedeutet die Stagnation wie schon erwähnt einen Ausfall von rund S 700.000.--. Der Ertrag der Lohnsummensteuer ist ebenfalls in erster Linie vom Betriebsumfang der Steyr-Werke abhängig und dürfte § 240.000.- erreichen. Eine weitere Gemeindesteuer ist die Bürgersteuer mit einem voraussichtlichen Ertrag von S 270.000.—. Da die Besteuerungsgrundlage das Einkommen, in Einzelfällen das vermögenssteuerpflichtige Vermögen ist, ist sie eine Art Personalsteuer. Mit der Erhebung dieser Steuer sowie der Gewerbesteu¬ er wurde seit 1943 das Fihanzamt betraut und wurde die Bürgersteuer später mit der Lohnsteuer gekoppelt. Der Ertrag ist in Form eines Steueranteiles erstarrt und steht die endgültige Höhe der Steuerzuweisung für das Jahr 1946 noch hicht fest. Die Vergnügugssteuer (früher Lustbarkeitsabgabe) weist eine steigende Tendenz auf und dürfte S 110.000.—- erreichen. Die Getränkesteuer umfasst die Besteuerung sämtlicher Getränke mit Ausnahme des Bieres. Nach einer leichten Steigerung ist wiederum ein Absinken zu verzeichnen. Der Ertrag dürfte sich auf S 51.000.—- beziffern. Es sind Bestrebungen im Gange, auch das Bier in die Besteuerung einzubeziehen. Die übrigen Gemeindesteuern (Hunde-,Pferde- und Jagdsteuern) sind in ihren Erträgen unbedeutend. An Schlüsselzuweisung erhielt die Gemeinde im Jahre 1942 einen Betrag von S 1,424.860.—- und sank diese durch die Erhöhung der Steuerkraft auf S 366.920.—. Nunmehr müsste die Schlüsselzuweisung infolge Sinkens der Steuerkraft automatisch steigen. Im Haushaltsplan konnte daher mit Rücksicht auf den Entwurf über die neue Steuergesetzgebung vorsichtshalber nur eine 50 %ige Schlüsselzuweisung in Höhe von S 183.400.- präliminiert werden. Auch die Kriegsbeiträge B und C mussten vorsichtshalber eingestellt werden, trotzdem einerseits der
Städtetag gegen die Beibehaltung dieser Beiträge ablehnende Stellung eingenommen hat und trotzdem die Stadt Steyr sowohl im Jahre 1944 als auch 1945 zur Leistung des Kriegsbeitrages C nicht herangezogen wurde. Die neue Regierungsvorlage zum Finanz-Überleitungsgesetz sieht jedoch die Heranziehung der Gemeinden zur Kriegsbeitragsleistung als Wiederaufbaubetrag vor. Auch die Höhe der Landesumlage ist noch nicht feststehend. Sie wurde mit S 196.000.-- voranschlagt. Der ausserordentliche Voranschlag sieht zur Errichtung eines Feuerwehrdepots einen Betrag von S 20.000.- vor. Nach diesen Erläuterungen unterbreitet Stadtrat Schanovsky folgenden Antrag: "Der Gemeinderat genehmige den vom Stadtrat erstellten ordentlichen Voranschlag für das Jahr 1946 mit einem Erfordernis von S 5,315.600.— und einer Bedeckung von S 4,403.550.-- somit mit einem Abgang von S 912.050.— und einen ausserordentlichen Voranschlag mit Gesamteinnahmen und Ausgaben von S 20.000.--. Der Stadtrat wird unter einem ermächtigt, alle ihm geeignet erscheinenden Massnahmen zu verfügen, um das Defizit zu verringern." Bürgermeisterstellvertreter Franz Paulmayr. Der Haushaltsplan einer Gemeinde ist zweifellos in erster Linie bedingt durch die Steuererträge und Eingänge, deren Höhe und Ertrag selbstverständlich in erster Linie wieder von der wirtschaftlichen Konjunktur abhängig ist. Ein Umstand, der bei der Erstellung des Vorschlages sehr erschwerend wirkt ist der, dass ein Finanzgesetz, welches die finanziellen Beziehungen zwischen dem Bund und den übrigen Gebietskörperschaften regelt, bis heute noch nicht besteht, dass die Auswirkung der Kriegsschäden, des Schillinggesetzes u.s.w. auf die Bilanzen und hiedurch ebenso der Gewerbeertrag und das Gewerbekapitai, die die Grundlage der Gewerbe-
steuer bilden, noch ungeklärt sind. Ein Haushaltsplan für das Jahr 1945 konnte infolge der damals bestehenden, überhaupt noch völlig unklaren Verhältnisse nicht erstellt werden, mit dem Abschluss für das Rechnungsjahr 1945 musste bis zur Feststellung der Höhe der Ausgleichszahlung betreffend den Finanzausgleich 1945 zugewartet werden, so dass aus diesem Grunde auch die Jahresrechnung nicht erstellt werden konnte. Ein Vergleich mit den Ziffern des Jahres 1945 ist daher nicht möglich. Ich gehe daher um ein Jahr weiter zurück und möchte ein kurzes Bild über die Steuerentwicklung und über die Einnahmerückgänge geben, aus dem der Abgang für das Jahr 1946 naturgemäss erfolgen muss. Grundsätzlich ist aber dabei noch festzuhalten, dass es sich bei dem Jahr 1946 ausserdem um Schätzziffern handelt, für deren völlige Richtigkeit hinsichtlich der Höhe heute absolut keine Gewähr gegeben ist. Die Erträge können was wir hoffen wollen, unter Umständen höher sein, es kann aber, obwohl sehr vorsichtig kalkuliert wurde, auch das Gegenteil eintreten. Vermutliche Differenz der Erträge der einzelnen Steuergattungen zwischen 1944 und 1946. Grundsteuer minus 262.000.-- Gewerbesteuer minus 874.000.-- Lohnsummensteuer minus 260.000.-- Grunderwerbsteuerzuschlag 23.000.-- Getränkesteuer 22.000.-- Bürgersteuer 275.000.-- Schlüsselzuweisungen, bis 1938 Anteile an der Einkommen- und Körperschafts- und Um- satzsteuer 183.000.-- Infolge Nichtverzinsung eingelegter Kassenbestände 160.000.-- Summe Abgang minus ca. 2,000.000.- S Eine zeitgemässe Ausnahme bildet der vermutliche Ertrag der Vergnügungssteuer, die vermutlich das Dreifache des Jahres 1944 ergeben dürfte. Der rechnungsmässige Abgang im Jahre 1946 beträgt ca. S 900.000.-- Betrachten wir nun den Voranschlag kurz hinsichtlich der höheren Ausgaben, so sehen wir, dass der Personalaufwand allein mit S 1,650.790.-- präliminiert ist, eine Ziffer, die unter Umständen höchstwahrscheinlich noch eine Erhöhung erfahren wird. Er beträgt rund 35 % der Bruttoeinnahmen. Dieser er-
schreckend hohe Betrag findet seine allerdings nur teilweise Erklärung infolge der noch immer anhaltenden, seinerzeit durch den Krieg bedingten Vergrösserung des Beamtenund Angestelltenapparates, der sich notwendigerweise ergeben musste. Wenn wir sehen, dass zusätzliche Dienststellen, wie z.B. das Ernährungs- und Wirtschaftsamt allein 57 Beamte und Angestellte beschäftigt, (das sind 27 %) dass das Kriegsschädenamt, das Amt für Umsiedlung, das Wohnungsamt, die Fahrbereitschaft selbstverständlich entsprechendes Personal erfordern, dass sich zusätzliche Arbeiten im Fürsorge- und Jugendamt z.B. durch die Flüchtlings- und Lagerbetreuung ergeben, wird uns die Entstehung dieser Ziffer klar vor Augen geführt. Wenn wir weiter aus dem Voranschlag ersehen, um einige höhere Ziffern herauszustellen, dass z.B. bei dem Kapitel Fürsorgewesen sich gleichbleibende Verhältnisse vorausgesetzt, ein Abgang von allein ca. S 800.000.- ergibt, wenn wir berücksichtigen, dass unser jährlicher Anteil an Kosten für die Staatspolizei ca. S 90.000.- beträgt, wenn der Schulstellenbeitrag (Beitrag zu den Personalkosten der Volks- und Hauptschulen) allein ca. S 208.000.— beträgt, für den Umbau des Realgymnasiums als erste Rate im Budget ein Betrag von S 273.000.- eingesetzt ist, für den Ausbau der Sepp Stögerstrasse ca. S 123.000.-, für den Ausbau des unteren Teiles des Leitnerberges S 50.000.--, für Uferbauten beim Kraftwerk II an der Steyr und für Verbreiterung der Mühlbachbrücke ca. S 20.000.-- zu Buch stehen, dass die notwendigen Aufräumungs-und Häuserabbruchsarbeiten und die Massnahmen betreffend Liquidierung der seinerzeitigen Luftschutzmassnahmen ca. S 170.000.- kalkuliert sind, wobei allerdings die Erwartung gehegt wird, dass diese Kosten vom Bund getragen werden sollen, wenn Kulturamt und Stadtbücherei einen Abgang von ca. S 14.000.-, der dabei in Anbetracht des Zweckes gewiss nicht hoch ist, ergeben u.s.w. erscheint der Abgang erklärlich und unter den heutigen Umständen auch gerechtfertigt. Mag im Voranschlag der eine oder der andere Schönheitsfehler enthalten sein, mag manches was notwendig erscheint, mangels Möglichkeit heuer noch nicht untergebracht sein, daran müssige Kritik zu üben und Haarspalterei zu betreiben, ist heute wohl nicht die geeignete Zeit.
Grundlegend wichtig erscheint es mir aber festzuhalten, durch kluge Finanzgebarung auf breitester Basis und Zusammenarbeit auch auf diesem Gebiete, Sparsamkeit am richtigen Platze, Sauberkeit und Korrektheit in der Verwaltung, gemeinsam und ohne Parteianschauung zum Wohle unserer schönen Heimatstadt Steyr zu arbeiten. In diesem Sinne gebe ich auftrags meiner Fraktion dem Voranschlag 1946 unsere Zustimmung. Gemeinderat August Moser: Die KPÖ. erteilt dem Voranschlag 1946 im wesentlichen ihre Zustimmung. Sie ist aber der Ansicht, dass einzelnen Zweigen ein besonderes Augenmerk zugewendet werden soll. Der Wirkungskreis des Kulturamtes muss erweitert werden, Insbesonders werden wissenschaftliche Vorträge für die Arbeiterschaft gewünscht. Dringend nötig wäre auch die Veranstaltung öffentlicher Vorträge über Geschlechtskrankheiten. An der Tätigkeit des Bauamtes wird von allen Schichten der Bevölkerung Kritik geübt. Es wird nach wie vor darüber Klage geführt, dass ehemalige Nationalsozialisten Baubewilligungen erhalten. Der Bau einer Wasserleitung im Stadtteil Steyrdorf ist unaufschiebbar. Ebenso ist der Neubau einer Bestattungshalle dringendst nötig. Bürgermeister Leopold Steinbrecher: Die Anregungen werden zur Kenntnis genommen. Alle Bemühungen, den Bau der vorgenannten Objekte zu beginnen, scheiterten am bestehenden Mangel an Material und Arbeitskräften. Im Schlusswort führt Stadtrat Schanovsky aus, dass das Kulturamt beauftragt wird, wissenschaftliche Vorträge in Vorbereitung zu nehmen. Das Kulturamt ist eine Neuschaffung und hat mit manchen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die bestehende Raum- bzw. Saalfrage und die Reiseschwierigkeiten der Vortragenden machten die Veranstaltung der gewünschten wissenschaftlichen Vorträge bisher unmöglich. Der Bau der Wasserleitung im Stadtteil Steyrdorf musste zurückgestellt werden, da die Arbeiten des Wiederaufbaues an 1. Stelle durchzuführen sind. Die Zuweisung von Arbeitskräften für die Bautätigkeit ist äusserst gering, zumal derzeit alle verfügbaren Arbeitskräfte der Landwirtschaft zugeführt werden.
Der geplante Bau wird jedoch sobald die Möglichkeit gegeben ist, sofort in Angriff genommen werden. Abschliessend möchte ich noch betonen, dass schärfstes Augenmerk auf strengste Sparsamkeit gelenkt werden muss. Der erstellte Voranschlag für das Jahr 1946 wird einstimmig angenommen. Schluss der öffentlichen Sitzung: 16.45 Uhr. Vertrauliche Sitzung Stadtrat Hans Schanovsky: Die Gewerkschaft der Magistratsangestellten ist an das Magistratspräsidium neuerlich mit der Forderung herangetreten, dass allen Angestellten über 18 Jahren das Existenzminimum von monatlich S 172.- zugestanden werden soll. Der diesbezügliche Stadtratsantrag vom 21.8. 1946 lautet : "Der Gemeinderatsbeschluss vom 19. Juli 1946, betreffend die Lohnregulierung der städt. Bediensteten, wird abgeändert, bzw. ergänzt wie folgt : 1.) Allen Angestellten ist ab 1.VII.1946 der Differenzbetrag bis S 172.- auszuzahlen. Die Angestellten unter 18 Jahren erhalten nur ein Höchstpauschale von S 25.- mtl. 2.) Arbeiter erhalten eine monatliche Familienstandszulage von S 20.-. 3.) Die Zahlungen gelten als Vorschuss für die zukünftige Regelung. Der Antrag wird ohne Debatte einstimmig ange- nommen. Schluss der vertraulichen Sitzung: 17 Uhr.
Der Schriftführer: Der Vorsitzende: Die Protokollprüfer :
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