2. Ausserordentliche Sitzung. Protokoll über die 2. ausserordentliche Sitzung des Gemeinderates, der Stadt Steyr am 2. August 1946. Tagesordnung. I. Berichterstatter Bürgermeister Leopold Steinbrecher: 1.) Zl. 401/Präs.1946 Verleihung der Ehrenbürgerwürde an General Mark. W. Clark. 2.) Zl. 3403/46 Grundsätzliche Stellungnahme zur Errichtung eines kommunalen Bades. II. Berichterstatter Bürgermeisterstellvertreter Franz Paulmayr: 1.) Zl. 3649/46 Ferialarbeiten an den Schulen. Öffentliche Sitzung. Anwesende: Vorsitzender Bürgermeister Leopold Steinbrecher, die Bürgermeisterstellvertreter Gottfried Koller und Franz Paulmayr, die Stadträte: Azwanger Anton, Kahlig Hans Ebmer Johann Wabitsch Ludwig die Gemeinderäte: Ennsthaler Wilhelm Hochgatterer Anton Mayrhofer Josef Moser August Pickl Hermine Pöschl Franz Russmann Julius Schnabl Franz Trauner Franz (ÖVP) Vogelsam Josef Weindl Anton Wohlfahrt Josef Ribnitzky Vinzenz Wokral Josefine Riha Karl Zeilinger Gangolf Vom Magistrat: Magistratsdirektor Dr. Ferdinand Häuslmayr. Als Schriftführer: Edeltraud Ganusovsky. Beginn der Sitzung: 17 Uhr.
Der Bürgermeister erklärt die als vertraulich ausgeschriebene Sitzung für öffentlich und konstatiert die Beschlussfähigkeit. Entschuldigt sind: St.R. Karl Dedic, Franz Enge, Hans Schanovsky, G.R. Josef Fellinger, Karl Fischer, Alois Huemer, Josef Pöschl, Hans Rathmoser, Franz Trauner (SPÖ), Hubert Wöhrer, Oskar Steininger und Franz Fischer. Als Protokollprüfer werden die Herren Stadtrat Hans Kahlig und Gemeinderat Josef Mayrhofer namhaft gemacht. Bürgermeister Leopold Steinbrecher übergibt den Vorsitz an Bürgermeisterstellvertreter Gottfried Koller und berichtet zum ersten Punkt der Tagesordnung, Zl. 401/Präs. 46, Verleihung der Ehrenbürgerwürde an General Mark W. Clark: Es herrscht das Bedürfnis, dem kommandierenden General der amerikanischen Streitkräfte in Österreich General Mark W. Clark für seine Verdienste um die Übergabe der grossen Industrieanlagen in Oberösterreich den Dank auszudrücken. Die Stadt Steyr, wo die Steyr-Werke am 23. Juli 1946 in österreichische Treuhandschaft übergeben wurden, will nicht zurückstehen und General Mark W. Clark zum Dank für seine Verdienste zum Ehrenbürger ernennen. Folgender Antrag wurde bereits im Stadtrat behandelt und wird nun dem Gemeinderat zum Beschluss vorgebracht: Dem kommandierenden General der USA-Streitkräfte in Österreich Mark W. Clark, wird gemäss § 5 des Gemeindestatutes die Ehrenbürgerwürde verliehen. General Clarks hervorragende Verdienste um den Wiederaufbau Österreichs und im besonderen um die Freigabe österreichischen Eigentums verpflichten auch die Stadtgemeinde Steyr, deren grösstes Unternehmen nunmehr wieder unter österreichischer Verwaltung steht, zu diesem Akt der Dankbarkeit. Der Antrag wird ohne Debatte einstimmig angenommen. Zum Punkt 2 der Tagesordnung, Zl. 3403/46, Grundsätzliche Stellungnahme zur Errichtung eines kommunalen Bades, führt Bürgermeister Leopold Steinbrecher aus: Der Entwurf zur Errichtung eines städtischen Bades ist allen Mitgliedern des Gemeinderates zugegangen. Die Dringlichkeit ist hinlänglich begründet in der Tatsache, dass den 40.000 Einwohnern der Stadt 2 öffentliche Badewannen zur Verfügung stehen. Das Interesse der Allgemeinheit ist sehr rege, auch die Presse hat die Frage aufgegriffen und für die Sache
Stimmung gemacht. Der Gemeinderat soll nun die Entscheidung treffen, ob die Errichtung dieses Bades durch die öffentliche Hand oder durch die Privatinitiative erfolgen soll. Der Stadtrat hat die Frage bereits behandelt und sich entschlossen, dem Gemeinderat die Errichtung eines kommunalen Bades vorzuschlagen. Da die ganze Entwicklung in der Richtung der Sozialisierung und Kommunalisierung liegt, wäre es unverständlich, wenn die Neuerrichtung einer derartigen Institution der Privatinitiative überlassen würde. Die Erfahrung zeigt, dass ein städtisches Bad immer aktiv ist, sodass ein finanzielles Risiko nicht zu befürchten ist. Der Antrag des Stadtrates vom 30. Juli 1946 lautet: „Der Gemeinderat entscheidet sich grundsätzlich für die Errichtung einer kommunalen Badeanstalt im Sinne des von Baurat Ing. Heinrich Michal ausgearbeiteten Entwurfes mit einem beiläufigen Gesamtkostenaufwand von S 1,100.000.--. Der Stadtrat wird ermächtigt, die erforderlichen Vorarbeiten wie Grundstückerwerb etc. in die Wege zu leiten. Die endgültige Entscheidung über die Durchführung behält sich der Gemeinderat vor." In der Debatte meldet sich G.R. August Moser zum Wort und führt aus, dass er im Entwurf die Anlage eines Schwimmbades vermisse. Da es in Steyr keine Möglichkeit gebe, in den Wintermonaten den Schwimmsport auszuüben, sollte doch beim Neubau einer Badeanstalt auch ein Schwimmbad vorgesehen werden. Dies sei der Wunsch nicht nur der Jugend, sondern der weitesten Kreise der Bevölkerung. Das Schwimmbad könne durch sportliche Veranstaltungen eine der grössten Einnahmsquellen bilden. Deshalb möge ein Kostenvoranschlag eingeholt werden, um wieviel sich der Bau der Badeanstalt bei Errichtung eines Schwimmbades verteuern würde. In Erwiderung dazu stellt St.R. Ludwig Wabitsch fest, dass nach eingeholten Informationen Hallenbäder nicht rentabel sind. Im Schlusswort führt Bürgermeister Leopold Steinbrecher aus, dass die Frage eines Schwimmbades in den Vorbesprechungen sehr eingehend erörtert wurde. Es hat sich herausgestellt, dass Schwimmbäder immer passiv sind, vor allem wegen der grossen Beheizungskosten. Die Fachleute, die die Rentabilität von öffentlichen Bädern auf Grund der Erfahrungen in verschiedenen Städten Europas berechnet haben, mussten feststel-
len, dass Schwimmbäder nur in Großstädten rentabel sind. Die Stadtverwaltung werde aber die Sache weiter verfolgen. In dieser Sitzung soll entschieden werden, ob eine kommunale Badeanstalt errichtet werden soll oder ob das Projekt der Privatinitiative überlassen bleiben soll. Der Antrag des Stadtrates auf Errichtung eines kommunalen Bades wird einstimmig angenommen. Bürgermeister Leopold Steinbrecher übernimmt wieder den Vorsitz. Zum dritten Punkt der Tagesordnung, 31. 3649/46, Ferialarbeiten an den Schulen, berichtet Bürgermeisterstellvertreter Franz Paulmayr, dass die diesjährigen Reparaturen an den Schulen die stattliche Summe von S 57.850.- ausmachen, was auf die Vernachlässigung in den letzten Jahren zurückzuführen ist. Die Notwendigkeit der Reparaturen wurde vom Bauamt, in Zweifelsfällen von einem Ausschuss entschieden. Im Zusammenhang mit den Ferialarbeiten soll auch das Ansuchen des Schulwarts der Ennsleitenschule Hans Schaupp um Einleitung von Leuchtgas in seine Dienstwohnung berücksichtigt werden. Der Antrag des Stadtrates vom 30.7.1946 lautet: „Der Gemeinderat genehmige die auf Grund der kommissionellen Besichtigungen für notwendig befundenen Ferialarbeiten in den Schulen mit dem beiläufigen Betrag von S 57.850.-. Gleichzeitig werden die Kosten der Gaseinleitung in die Dienstwohnung des Schulwartes der Ennsleitenschule übernommen." St.R. Anton Azwanger weist bei diesem Anlass auf die trostlosen Schulraumverhältnisse in Steyr hin. Die Schulen Steyrs stehen in einem guten Ruf, was den Schulbetrieb betrifft, doch ist das Gegenteil in der Raumfrage der Fall. Der Zustrom zu den Hauptschulen in Steyr ist ganz besonders gross, da die Orte im Ennstal bis Weyer nur Volksschulen besitzen. Wer das Gebäude des Realgymnasiums kennt, wer das Gedränge in der Promenade-Hauptschule gesehen hat, wer weiss, dass selbst das neueste Schulgebäude viel zu klein ist, der kommt zu dem Schluss, dass es absolut notwendig ist, in der nächsten Zeit zu einem Schulbau zu schreiten. Ein besonderes Kapitel bilden die Turnsäle. Wenn wir auch nicht in den Fehler verfallen, dass wir der körperlichen Erziehung die Bedeutung beimessen, die sie unter dem nationalsozialistischen Regime hatte - die Hintergründe dafür sind allgemein bekannt - so stehen wir trotzdem auf dem Standpunkt, dass die körperliche
und geistige Bildung in einer Parallele verlaufen soll. Es gibt in Steyr zwei Turnsäle, der dritte Saal in der Wehrgrabenschule verdient den Namen Turnsaal nicht. Darum wird es notwendig sein, dass sich der Gemeinderat mit der Erweiterung des Schulraumes in Form eines Neubaues oder Zubaues beschäftigt. Der Antrag wird einstimmig angenommen. Bürgermeister Leopold Steinbrecher schliesst die Sitzung um 17.30 Uhr. Der Schriftführer: Der Vorsitzende: Die Protokollprüfer:
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