Gemeinderatsprotokoll vom 19. September 1945

rung mit Kleidern und Wäsche ist ganz besonders schwierig. Wir werden neuerlich an die Bevölkerung herantreten müssen noch einmal Nachschau zu halten und abzugeben, was möglich ist. Ich gehe diesen Schritt nicht gerne, weil er eben an die Methoden der Vergangenheit erinnert, aber die Not ist mächtiger. Unser Erbe ist bankrott. Je tiefer ich Einblick bekomme in die Verwaltungsgeschäfte der Stadt, desto klarer wird mir diese Erkenntnis. Die abgetretene Gemeindeverwaltung verfügte über ungeheure Mittel, in Wahrheit aber hat sie im Vergleich zu dem, was in dieser Stadt zerstört worden ist, unendlich wenig geleistet. In diesem Zusammenhang sei auf die Münichholzschule verwiesen, die gewiss ein schöner Bau ist, aber erst in den letzten Tagen hat sich herausgestellt, dass die Schule noch nicht ganz bezahlt ist und dass noch 1 1/2 Millionen Mark ausständig sind. Noch sehen wir nicht ganz klar. Die Situation ist verworren, die rechtliche Grundlage noch nicht genau erkennbar, es sind keine Belege vorhanden usw. Unsere Pflicht wird es sein, hier die Gemeinde vor Schaden zu bewahren. Der Redner kommt dann auf die Schwierigkeit der Lage zu sprechen, die durch die verschiedenen Demarkationslinien gegeben ist und die Unsicherheit in jeder Hinsicht, da in Österreich noch keine Zentralregierung besteht. Wir haben uns ferner bemüht, das Schulproblem zulösen und es ist uns im wesentlichen gelungen. Die meisten Schulen werden eröffnet. Bei einigen tritt wohl eine kleine Verzögerung ein. Aber wir setzten alle Kräfte daran den Schulbeginn zu ermöglichen, ist ja auf diesem Gebiete ungeheuer viel nachzuholen. Eine schwere Sorge allerdings ist die Bestellung der Lehrer, sind doch in Steyr allein 43 % politisch belastet. Ich will nun in Kürze eine Finanzübersicht geben. Ein genauer Überblick ist derzeit unmöglich und ebenso eine Prognose für die nächste Zukunft, da ja auch auf diesem Gebiete alle realen Grundlagen fehlen. So hat, um nur ein Beispiel herauszugreifen, die vergangene Gemeindevertretung grosse Rücklagen gemacht, die natürlich nur dann von Wert sind, wenn Geldsicherheit besteht.. Es ist klar, dass die Steuereingänge einen geradezu ungeheuren Rückschlag erlitten haben. Nachstehend eine kurze Übersicht : 1944 1945 1.4.-31.8. 1.4.-31.8 Minderertrag Finanzzuweisung 206.464.-- 91.730.-- 114.734.-- Grundsteurr 234.737.84 162.315.24 27.422.60 Gewerbesteuer 737.334.95 100.000.- 637.334.95 Lohnsummensteuer 163.571.11 9.019.66 154.551.45 Bürgersteuer 327.063.-- -.- 327.063.-- Getränkesteuer 17.291.40 11.899.62 5.391.78 sonst. Gemeindesteuern 27.057.97 10.810.30 16.247.66 1,713.520.26 385.774.82 1,327.745.44 Der ordentliche Haushalt weist in den ersten fünf Monaten des Jahres einen Abgang von rund 120.960.- RM aus. In diesem Betrag sind auch die Ausgaben für die Militärregierung enthalten, die die Gemeinde allein nicht tragen wird können.

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