Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—67— Die Firma Franz Werndl's Nachfolger stellte 1961 den Betrieb ein. Ihr folgte 1971 die Firma Pelz und 1980 die Firma Hack, die ihre Schleifen wegen der Lage weitab vom Hauptwerk nur mehr für Lagerzwecke genutzt hatte. Da die Entwicklung an den übrigen Zeugstätten des Wehrgrabens ähnlich verlief, wurden die Wasserrechte zurückgelegt, die letzten im Jahre 1965. Es kam am 17. Dezember 1965 zur Auflösung der Wehrgrabencommune. Die Stadtgemeinde übernahm den Grundbesitz und die Verpflichtung zur Erfüllung der letztmaligen Verfügung der Behörde, hierzu gehörte die Zuschüttung des Wehrgrabengerinnes. Eine starke Bewegung der Bevölkerung verhinderte die Zuschüttung des Wehrgrabenkanales und machte den emotionellen Wert des Denkmals Wehrgraben deutlich. Die Entstehung der Anlage im Hochmittelalter, die Erlassung der ersten Wehrgrabenordnung 1529, die 1664 voll ausgebaute Erste Zeugstätte, die Vergrößerung der Schleifen mit Beginn der industriellen Produktion, der teilweise Umbau zu Fabriken und eine weitgehende Erhaltung alter Strukturen machen die Erste Zeugstätte zu einem Industriedenkmal von Rang. 4.10 Ausblick Das Gerinne des Wehrgrabens ist in der heutigen Formweitgehend unter Benützung alter, natürlich entstandener Steyrarme von Menschenhand künstlich geschaffen worden. Die Erhaltung der struktur- und gestaltprägenden Altsubstanz am Triebwasserkanal und seinen Nebenarmen ist für das Stadtbild in der Steyrniederung von allergrößter Bedeutung. „Nach modernen Begriffen darf sonach jede menschliche Tätigkeit und jedes menschliche Geschick, wovon uns Zeugnis oder Kunde erhalten ist, ohne Ausnahme historischen Wert beanspruchen: jedes historische Vorkommnis gilt uns im Grund für unersetzlich. Da es aber nicht möglich wäre, die Unmasse von Vorkommnissen, von denen sich unmittelbar oder mittelbar Zeugnisse erhalten haben, und die sich mit jedem Augenblick ins Unendliche vermehren, in Betracht ziehen, hat man sich notgedrungen darauf beschränkt, die Aufmerksamkeit vorwiegend bloß solchen Zeugnissen zuzuwenden, die uns besonders augenfällige Etappen im Entwicklungsgange eines bestimmten Zweiges menschlicher Tätigkeit zu repräsentieren scheinen.“ (Riegl, 1903, S. 2 ff). Zweifelsohne handelt es sich beim Steyrer Wehrgraben mit seinen Wasserbauten und Gewerken um ein solches Denkmal ersten Ranges, das der Riegl'schen Forderung gerecht wird. Es treten zum Denkmal des Gerinnes selbst in Ensemblewirkung die im Lauf der Zeit entstandenen Gebäude, Fluder, Wehre, Brücken und Stege hinzu, sodass der gesamte Lauf des Triebwasserkanales mit den um ihn und in ihm liegenden Bauten ein Denkmal und damit einen wesentlichen Teil des Stadtdenkmales Steyr bildet. Vonseiten der Denkmalpflege ist der Wert des Ensembles Wehrgraben unbestritten. Die Problematik beginnt bei Betrachtung der Erhaltungsfrage von der wasserwirtschaftlichen Seite her, weil Wasserrechte nur für eine Wassernutzung bescheidmäßig eingeräumt werden können. Mit der bloßen Betrachtungsmöglichkeit des fließenden Wassers im Wehrgrabenkanal, das hier im Stadtbild besonders belebend wirkt, ist noch keine Nutzung verbunden. Eine bescheidmäßige Erteilung eines Wasserrechtes ist daher nicht möglich. Mit dem Zurücklegen der Wasserrechte wurde eine letztmalige Verfügung erforderlich. Weil für die Gerinneerhaltung niemand aufzukommen bereit war, wurde seitens der Wasserrechtsbehörde die Zuschüttung des Triebwasserkanales verfügt. Solange die Wassernutzungsrechte zur Energiegewinnung für den Betrieb von Wasserrädern am Wehrgraben bestanden, war die Erhaltung und Sicherung der Uferbereiche zu Lasten der Wasserberechtigten eindeutig gesetzlich geregelt. Der Wehrgraben war und ist noch ein Privatgewässer. Im gegenwärtigen Zeitpunkt trifft die Erhaltungspflicht die Stadt Steyr, weil sie den übernommenen Zuschüttungsauftrag nicht ausgeführt hat. Ob nun für den Triebwasserkanal eine Überführung in das öffentliche Wassergut oder die Begründung neuer Wasserrechte und ein Verbleiben als Privatgewässer in Zukunft günstiger sein wird, ist zu untersuchen. Dabei ist als Ausgangspunkt der Untersuchung die Erhaltung des fließenden Wassers anzusehen.

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