Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—62— 4.7 Das Handwerkerhaus am Hammerschmiedberg als Beispiel für die Wohnbauten der Eisenwerker Eines der im Mittelalter erbauten Handwerkerhäuser ist das Haus Ahlschmiedberg Nr. 6. Seine Erbauung erfolgte im 16. Jahrhundert. Das Haus in seiner heutigen Form ist durch den Zusammenbau zweier kleiner Handwerkerhäuser entstanden, die in jedem Geschoß nur einen Raum aufgewiesen haben. Diese beiden Objekte waren mit einem Zwischenraum von fünf Metern oder zweieinhalb Wiener Klaftern an einem alten Fahrweg, dem heutigen Hammerschmiedberg, errichtet worden. Beide Häuser waren mit dem Sockelgeschoß in den Hang hineingebaut. Die ursprüngliche Haustype, die unter den Handwerkern allgemein verwendet wurde, bestand aus einem Sockelgeschoß, das in den Aichethang hineingebaut wurde. Die Südseite oder Talseite blieb dabei in voller Höhe freistehend erhalten, während die nördliche Umfassungswand zur Gänze unter der Terrainoberfläche lag. Über dem Sockelgeschoß bestand das Obergeschoß aus einem einzigen Raum, dem Wohn-Schlafraum der Handwerkerfamilie. Während das westliche kleine Haus im Sockelgeschoß einen Werkstattraum, eine große, überwölbte Essennische mit einer daneben untergebrachten eingebauten, kleinen Esse an der östlichen Außenwand aufweist, ist im Sockelgeschoß des ostwärts gelegenen Hauses eine kleine Esse aufgrund der Lage des Kamins, der außen liegt, an der Nordostecke des Werkstattraumes anzunehmen. Eine exakte Feststellung der Essenlage ist nicht möglich, da die Rückwand des Raumes durch eine öffnungslose Holzwand verkleidet wurde. Man kann annehmen, dass diese Verkleidung wegen eines schadhaften Zustandes der Außenmauer erfolgte. Die Gewölbeausbildung des Werkstattraumes im westlichen Haus lässt den Schluss zu, dass hier größere Werkstücke angefertigt wurden, dass hier also kein Messerer amWerk war. Die beiden Werkstattgewölbe waren straßenseitig durch eine Stützmauer verbunden, die auf Obergeschoßniveau die Anlage einer ebenen Fläche zwischen den beiden Objekten erlaubte. Die gegenwärtigen Wohnraumtrennmauern stehen nicht auf den seitlichen Werkstatt-Außenmauern. Sie sind in den Anschüttungsbereich eingerückt. Diese Mauern haben eine Stärke von sechzig Zentimetern und lassen den Schluss zu, dass es sich um Außenmauern der ursprünglich kleinen Häuser handelt, die aber dann sehr bald durch Verbindungswände zu einer Hauseinheit zusammengeschlossen wurden. Die Außenmauern der Werkstatträume sind aus Konglomeratbruch, der aus einem nahen Steinbruch im Aichet stammt, in unterschiedlicher Breite, wie sie sich während des Grundaushubes ergab, aufgeschichtet und mit heißem Kalkmörtel vergossen worden. Von einem ordentlich ausgeführten Mauerwerk kann bei diesem Sockelgeschoß nur bedingt gesprochen werden. Die aus Ziegeln hergestellten Gewölbe weisen dagegen eine sorgfältig ausgeführte Arbeit auf. Im Bereich der westlichen Werkstätte wurde von der straßenseitigen, kleinen Esse ein gemauertes Rauchrohr, ein Fuchs, zur im Obergeschoß in der Nordostecke gelegenen Rauchkammer geführt, dessen Austritt im Rauchkammerboden zu sehen ist. Die Esse der im östlichen Haus gelegenen Werkstätte ist in einem an der nördlichen Außenmauer angebauten Kamin angeschlossen. Der Querschnitt dieses Kamines ist vermutlich nach Auflassung der Werkstätte bei einer Kaminerneuerung verkleinert worden. Die Mauern des Obergeschoßes bestehen zum Großteil aus Ziegeln. Das Obergeschoß weist eine einheitliche Gestaltung auf. Es dürfte aber wesentlich jünger als dieWerkstattgewölbe sein, deren Erbauung vieler gleicher Maße wegen als zu gleicher Zeit erfolgt angenommen werden kann. Die Form der Anlage ist nicht nur durch das Gelände bedingt, sondern auf arbeitstechnische und wirtschaftliche Überlegungen zurückzuführen. War die Werkstätte, wie im vorliegenden Fall, auf Straßenniveau gelegen, musste das schwere Rohmaterial, das Eisen, nur in der Ebene transportiert werden. Lag ein Handwerkerhaus talseitig an der Straße, war der Transport zur Werkstätte bergab auch nicht sehr beschwerlich. Die Anordnung des Wohnraumes über der Werkstätte führte zu einer Nutzung der Abwärme des Schmiedefeuers, denn das sich erwärmende Gewölbe gab die Wärme zumindest teilweise nach oben ab und sorgte so für eine Raumheizung. Die Verbindung der Geschoße erfolgte über eine Außenstiege. Der Abort war abseits des Hauses angeordnet. Die Wasserversorgung erfolgte aus den imAichet reichlich zutage tretenden Quellen ohne Schwierigkeiten.

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