Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—25— Innerberger Berggewerkschaft und einzelne Straßen und Brücken in der Steyrniederung wären als Zuwachs zu nennen. Das Zunftwesen ging um die Jahrhundertwende vom 18. zum 19. Jahrhundert bedrängt von Manufakturen und Fabriken langsam seinem Ende entgegen. Das Armaturwerk im Gsang verwendete um diese Zeit schon Maschinen. Ab 1839 gab es in Steyr eine Zweiggruppe des Industrie- und Gewerbevereines, die anfangs vierhundertfünfzig Mitglieder zählte. Josef Werndl, geboren 1831, war Sohn eines Handwerkers, der am Wieserfeld Haus und Werkstätte besaß und der schließlich im nahen Letten an der Steyr eine Fabrik für Waffenbestandteile mit mehr als 400 Arbeitern betrieb. Dieser Josef Werndl war nach Übernahme des väterlichen Betriebes der Begründer der späteren österreichischen Waffenfabriks AG, also ein Großindustrieller. Er erwarb die Pufferau und die Mitterau. Der Bereich der Ersten Zeugstätte war bei dem Kauf ausgeklammert worden. Nun wurde die Entwicklung der Stadt durch den Repräsentanten der Großindustrie bestimmt. Es kam zu großen Strukturveränderungen in der Steyrniederung. Die Pufferau selbst gestaltete Werndl mit Ausnahme des Saggrabenwerkes, wo er ein Gusswerk für seine an der Steyr im Stadtgebiet verstreuten Industrieanlagen errichtete, zu einem privaten Parkgelände um. Die Wehrgrabengasse durchschneidet von der Großen Falle ausgehend in westlicher Richtung die Pufferau und trifft beim Beginn des Wehrgrabens auf die Annabrücke. Nördlich dieser neuen Straße lag das Gusswerk, ostwärts davon an der Mündung des Saggrabens in den Wehrgraben erbaute Werndl die sogenannte Wasservilla. Flussabwärts zwischen Wehrgraben und neuer Straße, der verlängerten Wehrgrabengasse, richtete er Fischteiche ein. An der Wehrgrabengasse überließ er Baugründe für die Errichtung von Arbeiterwohnhäusern und erbaute am Ostende der Pufferau nahe der Großen Falle die heute noch bestehende Schwimmschule. Die Hochbauten dieser Badeanlage wurden bedauerlicherweise vor wenigen Jahren durch Neubauten ersetzt. Südlich der Wehrgrabengasse wurden Teiche und am Ufer des Mitterwassers ein Tierpark angelegt. Der Uferbereich an der Schwimmschule wurde durch eine Ufermauer aus Konglomeratblöcken gesichert. Die Mitterau, sie wurde in der Werndlzeit und wird auch heute noch nach einem Vorbesitzer Eysnfeld genannt, widmete Werndl als Baugelände für eines seiner neuen Fabriksobjekte, das Objekt XIII am Gsangwehr und eine Arbeitersiedlung, die nach einem Bebauungsplan entstand. Die alte Straße durch die Mitterau— das Eysnfeld —wurde beim Siedlungsbau verlegt und bildet heute die Schwimmschulstraße. Nach Werndl 's Tod 1889 wurden die Anlagen westlich der Schwimmschule für die Errichtung von Lagergebäuden der Waffenfabriksgesellschaft herangezogen. Am Wehrgraben wurde eine Grundschule gebaut und schließlich am Westende der Pufferau eine Wohnanlage, das sogenannte Arbeiterheim, errichtet. Die fortschreitende Industrialisierung führte —wie an anderer Stelle erwähnt — zur Schließung der Gewerbebetriebe der Ersten Zeugstätte. Die industrielle Produktion verlagerte sich von der Steyrniederung an die östliche Stadtgrenze. Zusammenfassend kann festgestellt werden: seit der Gründung bestimmt das Eisen die Entwicklung und das Wachstum der Stadt. Die Nord Süd verlaufende Eisenstraße ist seit der Römerzeit nachgewiesen. Das Eisen prägte die Form der Stadt. Die eisenverarbeitenden Kleinbürger produzierten im inneren Steyrdorf. Der Wehrgraben bildete eine Produktions- und Entwicklungsachse. Das äußere Steyrdorf entstand in seiner Anlage geplant mit einer neuen Ansiedlung von Eisenarbeitern. Bedingt durch die Geländeformen erfolgte die Planung in Form einer sektoralen Erweiterung, die an der Südseite an die radiale Entwicklungsachse der Wehrgrabenbebauung an der Fabrikstraße und ostseitig an das bestehende innere Steyrdorf anschloss. Der Eisenhandel etablierte sich im Stadtzentrum. Ein Wachstum des Eisengewerbes und ein Zuzug protestantischer Eisenhandwerker während der Reformation führten zu einem raschen Ausbau des Wieserfeldes und zu einer Verdichtung der Bebauung des Aichet. Dieser sektoral erfolgte Zuwachs der Stadt ist wiederum durch die Topographie bedingt. Die Ausdehnung des Stadtgebietes auf demWieserfeld und im Aichet kommt um 1620 während der Gegenreformation zum Stillstand. Ein neuerliches Wachstum wird erst durch die in Steyr entstehende industrielle Waffenproduktion unter Josef Werndl im 19. Jahrhundert ausgelöst.

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