Otto Ehler - Eisengewerbe und Stadtentwicklung

—15— Die Flößerei mit den Ladenkarln brachte Schnittholz in die Stadt. Sie erfolgte imWehrgraben durch die Grundablässe. Die Wasserbauten waren in einem bestimmten Ausmaß auf die Flößerei und Trift abgestimmt. Die Lagerplätze für das getriftete Rundholz mussten nahe an Brücken liegen, die man zu Holzrechen umfunktionieren konnte. Sie mussten aber auch entsprechende Straßenverbindungen zum Abtransport des Holzes aufweisen. Es ist zu bedenken, dass das Bauholz bis in das vorige Jahrhundert noch als Rundholz auf den Bauplatz gebracht wurde, wo es von den Zimmerleuten abgelängt und zubehauen wurde. Noch in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts wurde Langholz nur mit dem Kopfende auf kurze, starkeWagen aufgelegt und von den Ländenmit Pferden zum Bestimmungsort geschleift. Die Gebäude waren deshalb an den Straßenecken mit Prellsteinen versehen. Diese Steine weisen oft ein eingehauenes Dekor auf und sind heute noch im Stadtbild zu sehen. Die kleinstrukturierten Zeugstätten, von welchen die Erste am Oberlauf des Wehrgrabens weitgehend erhalten ist, mit ihren Wasserbauten und den dazwischen angesiedelten Gewerben wie Färbereien, diversen Mühlen, Stampfen und ähnlichen Anlagen zeigen lückenlos die Entwicklung der gewerblichen Energienutzung des Wassers bis zur Lösung von der Wasserenergie und der Nutzung anderer Energieträger. An dieser Ersten Zeugstätte sind in der südlichen Hälfte noch Reste der gewerblichen Arbeitswelt mit kleinen Werkstätten, schmalen Fludern und kleinen Wasserrädern zu sehen. Die nördliche Hälfte zeigt den Einbruch des Zusammenbau, Aufstockung und einem massiver Form wurde die kleinteilige, Industriezeitalters. Durch gleichzeitigen Ausbau in gewerbliche Struktur zu einer industriellen Anlage umzugestalten versucht. Die alten, kleinen Wasserräder wurden durch neue, doppelt breite Räder in Eisenkonstruktion ersetzt und fallweise in die nun massiv errichteten Objekte eingebaut. Der erhöhte Platzbedarf führte zu einer Überbauung der nördlichen Gerinnehälfte. Der alte Hammer am Nordufer musste 1892 einer neuen, zweigeschoßigen Fabriksanlage weichen. Anstelle der vier kleinen Wasserräder trat ein großes eisernes Wasserrad. Mit demÜbergang in die industrielle Arbeitswelt wurden die Dimensionen größer, die Wasserbauten massiver und die kleinteiligen Strukturen der Zeugstätten durch größere Einheiten ersetzt. In der zweiten Zeugstätte und am Gsangwasser entstanden E-Werke, welchen die bestehenden kleinen Werkstätten zum Opfer fielen. Die Baukörper dieser Anlagen veränderten das Stadtbild amWehrwasser. Aus vielen kleinen Werkstätten entwickelten sich Fabrikskomplexe. Man stellte diese Neubauten anfangs bewusst in den Hochwasserabflussbereich und nahm aus wirtschaftlichen Gründen Wasserschäden in Kauf. Als aber die Objekte zu klein wurden und die Wirtschaftlichkeit neue Produktionsmethoden verlangte, wanderte die Produktion in größere Einheiten auf weiträumigere Flächen ab. Die rasche Entwicklung im Zuge der Industrialisierung wurde am Wehrgraben abgebrochen. Diese rasante Entwicklung, die in der Steyrniederung und amWehrgraben zu einem scharfen Bruch und dem Bestand von Alt und Neu nebeneinander führte, wobei es zur Entstehung sehr reizvoller Ensembles kam, ließ ein Bild entstehen, welches diese Änderungen widerspiegelt. Die in Jahrhunderten durch Gewerbefleiß entstandenen Stadtteile wurden vom raschen Aufblühen der Industrie umgeformt. Der Umformungsprozess wurde unterbrochen, als neu entstehende Erfordernisse die Industrie abwandern ließen und ein Verfall des Bestandes eintrat. So ist an den Triebwasserkanälen, vor allem am Wehrgraben, am heute noch fließenden Wasser, der Übergang vom Gewerbe zur Industrie und dessen Einfluss auf die Entstehung und die Entwicklung der Stadtteile an der Steyr erkennbar. 3. Der Einfluss der vorindustriellen Eisenverarbeitung auf die Stadtentwicklung Nicht nur das Flussregime der Steyr und die zum Betrieb und zur Sicherung der Zeugstätten notwendigen Wasserbauten haben die Stadtentwicklung beeinflusst. Eine wesentliche Beeinflussung der Stadtentwicklung fand durch die vorindustrielle Stahlverarbeitungs- und den Eisenhandel statt. Steyr wird als Eisenstadt bezeichnet. Seit früher Zeit prägt das Eisen, sei es als Handelsware oder als in der Stadt gefertigtes Endprodukt, das Erscheinungsbild und die Anlage der Stadt. Es war Hauptursache des

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