Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 96 - vertraglich festgelegten Menge Wein oder Bier und täglichen Mahlzeiten versorgt werden, da sie in der Regel im Haus lebten und somit im Haushalt mitversorgt wurden. Aus einem Bewer- bungsschreiben von Sylvester Joseph Riezberger aus Linz aus dem Jahr 1808 wird dies bestä- tigt: Riezberger wollte bei einem Spezereiwarenhändler arbeiten, um seine Kenntnisse zu er- weitern bzw. sein eigenes Ich zu veredeln und bat daher Josef von Koller um eine Weiteremp- fehlung an dessen Geschäftspartner/-innen. Als Grundlohn forderte der Handelsbediente jähr- lich 150 Gulden, zuzüglich Geschenken zum Markt, zu Neujahr und zum Namenstag, womit er auf 180 Gulden Jahreslohn käme. Darüber hinaus habe er bei seinem bisherigen Arbeitgeber täglich sechs Schüßeln (Mahlzeiten) und Wein genossen – er würde sich bei seiner neuen Stelle jedoch auch mit vier Mahlzeiten und Bier zufriedengeben. Wichtig sei ihm jedoch, dass ihm die Wäsche gemacht würde, wodurch ihm eine große Expense erspart wird . 539 Aus dem Brief des jungen Handelsdieners geht deutlich hervor, dass es noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts üblich war, dass der Prinzipal/die Prinzipalin zu jeder Mahlzeit Wein oder Bier zur Verfügung stellte. Angenommen der Bediente bekam zu jeder der vier Mahlzeiten Bier, macht das aufs Jahr gerechnet 1.460 Portionen aus. Sofern es sich dabei um Maß (1,415 Liter) 540 handelte, wäre ein einziger Handelsdiener auf rund 2.066 Liter Bier jährlich gekommen. Bei einem halben Maß (0,7073 Liter) pro Mahlzeit käme man auf 1.033 Liter pro Person. Dies entspricht zwar immer noch dem Zehnfachen des heutigen Bierkonsums in Öster- reich, 541 jedoch hatte das Bier in der Frühen Neuzeit einen geringeren Alkoholgehalt als heute und war aus Mangel an trinkbarem Wasser – ebenso wie der Wein – Bestandteil der täglichen Ernährung der Stadtbewohner/-innen. 542 Um sämtliche Haushaltsmitglieder täglich mit Nahrung zu versorgen, bedurfte es großer Vorräte, die zum Teil ebenfalls im Inventar von 1712 aufscheinen. Die Koller hatten lagernd: 28 Mezen Waiz à ß 18 63 [fl] 946 Mezen Khorn à ß 14 1655 [fl] 30 [xr] 6 Mezen Wickhen à g 30 9 [fl] 8 Mezen Habern à g 20 8 [fl] 539 StA Steyr, Bewerbungsschreiben (24.10.1808), Kasten XII, L3/3 FV 1–64 Nr. 30. 540 Als sich einer der Koller im August 1757 in Linz aufhielt, genoss er zu jeder seiner Mahlzeiten ein Maß Bier, weshalb auch hier denkbar wäre, dass Bier als Maß konsumiert wurde; siehe StA Steyr, Rechnung (30.8.1757), Kasten XII, L1 FIV 1–451 Nr. 374. 541 Im Jahr 2018: 104 Liter pro Person; siehe Verband der Brauereien Österreichs, Pro-Kopf-Konsum von Bier in Österreich in den Jahren 1980 bis 2018 (in Liter), https://de.statista.com/statistik/daten/studie/285719/um- frage/pro-kopf-konsum-von-bier-in-oesterreich/ (18.11.2019). 542 Birgit P ELZER -R EITH , „Für 1 Huetl Zuker, Caffe et Gewirtz.“ Genussmittel und Kolonialwaren, in: Reinhold Reith u. a., Hg., Haushalten und Konsumieren: Die Ausgabenbücher der Salzburger Kaufmannsfamilie Spängler von 1733 bis 1785 (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 46), Salzburg 2016, 203–217, hier 204. Getreidevorräte

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