Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 87 - in der Hauptgewerkschaft, sodass es wieder nicht gelungen war, deren Vorherrschaft im Eisen- wesen einzudämmen. 483 „Diese neue Gestaltung des Eisenwesens trug anfangs glänzende Früchte, das Erträgniß stieg bis 1638 auf 10 bis 14 Procent, und den Interessenten wurden bis 1669 noch 5 Procent von ihrem Einlagskapitale ausbezahlt.“ 484 Nach einer kurzen Phase der Blüte, erlebte die Hauptge- werkschaft jedoch bald erste Rückschläge. Schon bei der Gründung 1625 war nur ein geringes Kapital von rund 14.000 Gulden vorhanden gewesen, weshalb zur Beschaffung von Kohle, Le- bensmitteln und anderem Schulden gemacht werden mussten. Verwaltungsfehler und die hohen Zinsen auf das Einlagekapital (fünf Prozent) führten zu einer ernsten Krise der Gesellschaft und der Stadt Steyr zwischen 1638 und den 1660er Jahren, als der Handel aufgrund kriegerischer Ereignisse und feindlicher Einfälle noch immer „darniederlag“. 1669 wurde die Gesellschaft durch den kaiserlichen Hof gerettet, der die Hauptgewerkschaft unter landesfürstliche Admi- nistration des Oberkammer-Grafenamtes in Eisenerz stellte. Eine Besserung stellte sich jedoch nicht ein, obwohl man sich durch das Einbehalten der Dividenden und Zinsen eine Tilgung der ungeheuren Schulden erhoffte. Die Mitglieder erhielten bis 1687 keinerlei Ertrag, jedoch wur- den die jährlichen Zinsen den Anlegern gutgeschrieben und zum Einlagekapital hinzugerech- net. 485 Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts besserten sich die Verhältnisse in Steyr langsam. 486 Anton Rolleder fasste die Zeit im Rückblick das turbulente 17. Jahrhundert mit einigem zeitli- chen Abstand im Jahre 1894 wie folgt zusammen: „Das Jahrhundert gieng zur Neige; am An- fange deselben stand Steyr in hoher Blüte, um die Mitte desselben war die Stadt fast ruiniert, und jetzt begann sie wieder neu aufzublühen.“ 487 Tatsächlich begann das 18. Jahrhundert sehr vielversprechend. Bis zu seiner Mitte traten aber neue Konkurrenten auf den Plan, die den Innerberger Bezirk nicht unberührt ließen: Schweden 488 gelang es in den 1720er und 1730er Jahren, zu einem der wichtigsten Exportländer für Stabeisen aufzusteigen. Ihr Hauptabnehmerland war England, welches Eisen zur Verteidi- gung der hervorragenden Seemachtstellung benötigte, 489 aber auch der italienische Markt ging 483 H ACK , Steyr, 20 f. 484 P RITZ , Beschreibung, 409–411. 485 Ebd., 411 f. 486 H ACK , Eisenhandel, 156. 487 R OLLEDER , Heimatkunde, 156. 488 Siehe dazu insbesondere Göran R YDÉN , Ironmaking in Sweden and Russia. A Survey of the social Organisation of Iron Production before 1900, Uppsala 1993. 489 Andreas B INGENER , Eisen, in: Enzyklopädie der Neuzeit 3, Stuttgart u. a. 2006, 140–154, hier 149. Kurze Blütephase Neuer Auf- schwung 18. Jahrhundert
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