Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 85 - Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war die Produktion – sowohl durch Rad- als auch durch Hammermeister – auf der Innerberger Seite weitgehend in einzelne, selbständige Betriebe zer- splittert. Das Eisenwesen im Allgemeinen bestand zwar weiterhin aus mehreren Gliedern (Rad- meister, Hammermeister, Eisenhandlungsgesellschaft, Kaufleute in den Legorten, Gegenhänd- ler/-innen), jedoch waren sie nun mit einer Kette aus Verträgen miteinander verbunden. 474 Nach wie vor wurden die Eisenarbeiter/-innen in den Widmungsbezirken mit Lebensmitteln aus be- stimmten Gebieten gegen sogenanntes „Provianteisen“ versorgt. Der Landesfürst regelte das Eisenwesen durch die Festlegung der Eisenpreise, die Vorschreibung der Handelswege und der Ordnung des Verlagswesens. 475 Durch Feuersbrünste und Wasserschäden um die Wende zum 17. Jahrhundert wurden zahl- reiche Werksanlagen beschädigt, zu deren Wiederherstellung die Eisenhandlungsgesellschaft hochverzinsliche Darlehen aufnehmen musste. Durch die Misswirtschaft und Profitgier der Ei- senhändler, welche die Kompagnie führten, wurde die Gesellschaft weiter geschädigt. Sie gin- gen gewinnbringende Privatgeschäfte mit Kaufleuten im Reich zum niedrigeren – eigentlich für die Abgabe an die einheimischen Handwerker gedachten – Preis (Landsatz) ein. Der Drei- ßigjährige Krieg und die Wirren der Gegenreformation führten schließlich dazu, dass der Ver- schleiß zu einem Ende kam. „1620 lagen zu Steyr über 30.000 Zentner [1,68 Millionen Kilo- gramm, Anm. d. Verf.] Stahl und Eisen unverkauft.“ Die Eisenhandlungsgesellschaft konnte die monatlichen Zahlungen (Zusatz) für den Betrieb der Produktionsstätten nur mehr schwer und unregelmäßig aufbringen, da ausländische Kaufleute ihre Einlagen zurückgezogen und ver- mögende, einheimische Bürger im Zuge der Gegenreformation das Land verlassen hatten. 476 Die sich seit den 1590er Jahren ankündigende Krise führte zwischen 1618 und 1624 schließlich zu einer Katastrophe des Eisenwesens, sodass die Behörden des Landesfürsten eingriffen und in Steyr die Innerberger Hauptgewerkschaft (IHG) gründeten, was einer Verstaatlichung des Eisenwesens gleichkam. 477 Obwohl sich sowohl die Hammermeister als auch der Eisenobmann zu Steyr gegen die Zu- sammenziehung der drei Glieder in einem Unternehmen aussprachen und letzterer für eine Re- 474 Das Eisen, das von Steyr aus verhandelt wurde, war für vorgeschriebene Legorte bestimmt, nämlich Emmers- dorf, Melk, Krems, Stein, Wien, Enns, Wels, Linz und Freistadt. Sie waren „Stapelplätze zweiten Ranges und absolut vom Hauptstapelplatz Steyr abhängig. Nur die Bürger dieser Legstädte durften in Steyr Eisen einkaufen und es weitervertreiben.“ Die Bürger der Legstätten waren damit für die Versorgung der lokalen Kleineisenhand- werksleute zuständig; siehe Othmar P ICKL , Der Eisenhandel und seine Wege, in: Paul Werner Roth, Hg., Erz und Eisen in der Grünen Mark: Beiträge zum steirischen Eisenwesen, Beitragsband zur Steirischen Landesausstellung 1984 „Erz und Eisen in der Grünen Mark“, Eisenerz, 12. Mai bis 14. Oktober 1984, Graz 1984, 345–365, hier 348 f. 475 P ANTZ , Hauptgewerkschaft, 12. 476 Ebd., 12 f. 477 P ICKL , Rolle, 181. 17. Jahrhundert Misswirtschaft der Verleger Innerberger Hauptgewerk- schaft (IHG)
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