Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 84 - zirk zu liefern, wobei die Eisenwerke die Erzeugungs- und Zufuhrkosten der Kohle zu entrich- ten hatten. Die Radmeister mussten sich in ihrer Produktion an vorgeschriebene Mengen halten, damit keine Überproduktion entstand und alles Eisen Absatz fand. Darüber hinaus mussten sie eine bestimmte Anzahl von Hammermeistern mit Roheisen versorgen. Die Hammermeister wiederum mussten eine bestimmte Anzahl von Kaufleuten in Steyr mit dem geschmiedeten Eisen beliefern. Diesen Kaufleuten oblag dagegen die Verpflichtung, die Hammer- und Rad- meister mit Geld und Lebensmitteln (Getreide, Schmalz) zu unterstützen, damit sie ihren Be- trieb aufrecht halten konnten. Diese Leistungen bezeichnete man als „Verlag“, weshalb die Kaufleute auch als „Verleger“ bezeichnet wurden (mehr dazu in Kapitel 3.3.3 „ Das Verlags- system“ ab S. 181) . 469 Nachdem um 1570 eine Krise im Innerberger Eisenwesen einsetzte, „drang Erzherzog Karl auf die Abstellung des privaten Stahl- und Eisenhandels der Steyrer Bürger. Eine Körperschaft sollte den Verlag der Hammerwerke übernehmen.“ In Folge wurde zwischen 1581 und 1583 die Eisenkompanie (auch „Eisenhandelsgesellschaft“) gegründet. Ihr traten 73 Bürger bei, die Einlagen von einer Mindestsumme von 100 Gulden pro Kopf zeichneten. Unter den Gesell- schaftern/-innen befanden sich elf einheimische Eisenhandelsleute sowie Kaufleute aus dem Reich. Die Gesellschaft amtierte im Rathaus von Steyr und an ihrer Spitze stand der Magist- rat. 470 Zur Überwachung des seit der Länderteilung bestehenden ober- und niederösterreichi- schen Eisenwesens, wurde 1584 die Eisenobmannschaft als landesfürstliche Aufsichtsbehörde eingerichtet. Dieser war monatlich mitzuteilen, wie viel Eisen und Stahl nach Steyr gebracht wurde und auf welchen Märkten die Rohstoffe landeten. 471 Im ausgehenden 16. Jahrhundert bahnte sich erneut eine Krise an, die sich im Rückgang der Stahlproduktion äußerte. Laut Josef Ofner hätten sich diverse Arbeiteraufstände, die politische Gegenreformation, Seuchen, Hochwasser, Teuerung und die Eröffnung konkurrierender Eisen- bergwerke in der Oberpfalz und in Sachsen unvorteilhaft auf die Innerberger Eisenindustrie ausgewirkt, sodass die Eisenkompanie im Jahr 1605 rund 100.000 Gulden Schulden hatte. 472 Roman Sandgruber führt die Stagnation der Produktion und den Verlust von Marktanteilen hin- gegen auf die „Übernutzung der regionalen Standortfaktoren, vor allem der Holzversorgung“ sowie der begrenzt ausbaufähigen Wasserkraft zurück, wodurch die Produktionskosten stie- gen. 473 469 P RITZ , Beschreibung, 404–406; F ERRO , Hauptgewerkschaft, 205. 470 O FNER , Geschichte, [1]. 471 Ebd., [1 f]. 472 Ebd., [2]. 473 S ANDGRUBER , Eisenwurzen, 23. Eisenhandels- gesellschaft Krise
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