Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 83 - fehlen, daß ein Glied nach dem andern von den Fesseln sich unmerklich auflöste oder auch mit Gewalt zersprengt wurde, unter welchen der Handel viel zu lange geschmachtet hat.“ 463 Das Eisenwesen im Innerberger Gebiet erreichte im 16. Jahrhundert seinen Höhepunkt: Die jährliche Produktion um 1500 betrug geschätzte 4.000 bis 5.000 Tonnen, was zwischen 10 und 14 Prozent der gesamteuropäischen Eisenerzeugung entsprach. 464 „Nach der bemerkenswerten Steigerung der steirischen Eisenproduktion in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts mit 13.000 bis 14.000 Tonnen in der Steiermark und etwa 20.000 Tonnen im gesamten heutigen Öster- reich ein Niveau erreicht, das in den nächsten zwei Jahrhunderten nicht überschritten wurde.“ 465 Parallel zu dieser beachtenswerten Entwicklung befand sich auch Steyr im ausgehenden Mit- telalter in der Blüte seiner wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung, sodass sie, „neben Wien, die vornehmste und größte Stadt Österreichs“ war. 466 Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde der innerbergische Eisenhandel von ungefähr 25 Verlagshäusern betrieben. Teilweise besaßen deren Angehörige sogar selbst Rad- und Hammerwerke oder waren durch geschickte Eheschließungen mit den Produzierenden versippt. 467 Seit dem Spätmittelalter hatten sie die ganze Versorgung der Innerberger Radmeister mit Lebensmitteln und Kapital sowie der Ham- mermeister mit Roheisen in ihren Händen, wobei die kapitalkräftigen Kaufleute die -schwäche- ren aus dem Verlag drängten. Durch ihre verwandtschaftlichen Verbindungen mit den Ham- merleuten, wurden andere Betriebe von der Roheisenzuteilung häufig ausgeschlossen und da- mit in Not gebracht. Mit der Länderteilung von 1564 wurden die steiermärkischen Betriebe von den Steyrer Verlegern – zugunsten der oberösterreichischen – sogar gänzlich vernachlässigt. 468 Ab 1569 wurden sogenannte „Widmungsdistrikte“ eingeführt, welche die Produktion und den Handel mit dem Eisen regelten: Die Eisenwidmung verpflichtete die Besitzer/-innen eines Waldes dazu, die dort erzeugte Kohle ausschließlich an die Eisenwerke in ihrem Widmungsbe- 463 Franz K URZ , Österreich’s Handel in älteren Zeiten, Linz 1822, 57. 464 Othmar P ICKL , Die Steiermark als Gewerbe- und Industrielandschaft vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Zur Entstehung moderner Industriereviere in alten Fortschrittsregionen, in: Hans Pohl, Hg., Gewerbe- und Indust- rielandschaften vom Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsge- schichte: Beihefte 78), Stuttgart 1986, 16–38, hier 17. 465 S ANDGRUBER , Eisenwurzen, 16. 466 Rudolf K ROPF , Von der Blüte und dem Niedergang der Kleineisenverarbeitung in der Pyhrn-Eisenwurzen, in: Helmut Daucher, Hg., Land der Hämmer: Bilder aus der österreichischen Eisenwurzen, Steyr 1998, 61–64, hier 62. 467 P ANTZ , Hauptgewerkschaft, 6 f. 468 Hanns J ÄGER -S UNSTENAU , 2000 Jahre Eisenhandel in Österreich, in: Verband österreichischer Eisenwaren- und Küchengerätehändler, Hg., Handbuch des österreichischen Eisen-, Eisenwaren-, Haus- und Küchengerätehan- dels, Wien 1955, 5–23, hier 10 f. 16. Jahrhundert „Vornehmste Stadt Öster- reichs“
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