Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 82 - Steyr die Verleger eine Schlüsselposition innehatten und sich bis zum Beginn des 15. Jahrhun- derts besonders am Verlagssystem bereicherten, 459 übten jene in Leoben lediglich eine Vermitt- lerfunktion zwischen den beiden anderen Gliedern aus. 460 Gegen Ende des Mittelalters kam es zu mehreren landesfürstlichen Eingriffen, die auf eine Reform des Eisenwesens abzielten, nachdem es zu Klagen über den dominierenden Einfluss der Verleger gekommen war. 1448 und 1449 wurde der Erzberg „unter die Aufsicht landes- fürstlicher Beamter [gestellt], um das landesfürstliche Einkommen aus dem Berg sicherzustel- len.“ Damit einher ging die Festlegung der Abgaben der Radwerke an den Landesfürsten, die Begrenzung der Zahl der Hammerwerke, die Festsetzung der Höhe des Eisenbezuges für die einzelnen Händler, die Bestimmung der Preise, die Regelung der Höhe des Verlages an die Radmeister und die Bestimmung der Straßen, die für den Eisentransport zu benutzen waren. Am Erzberg sollte eine Privatwirtschaft herrschen, die landesfürstlich überwacht wurde. 461 Mit der Einsetzung eines obersten Bergrichters „als Zentralorgan für das gesamte Bergwesen in den niederösterreichischen Ländern“ durch Kaiser Maximilian im Jahr 1517 oblag die Ver- waltung des Eisenwesens ab sofort dem „Staat“. Der Bergrichter hatte als Vertreter der Majestät „das Recht, in allen Fragen zu entscheiden“. Ihm unterstanden Unterbeamte, wie z. B. Rechen- schreiber, Rechenmeister, Roh- und Hammermeisterwäger, Eisenbeschauer und Waldmeister, die dafür zu sorgen hatten, dass die drei Hauptglieder – Radwerke, Hammerwerke, Verleger – klaglos zusammenarbeiteten. 462 Die Innerberger Rad- und Hammermeister durften im Mittelalter ihr rohes und geschlagenes Zeug niemand anderem als den Steyrer Bürgern verkaufen. Die Bürger kamen monatlich nach Innerberg (heute Eisenerz), erhoben die Vorräte und leisteten bare Zahlung. Durch die Wirren in den letzten Regierungsjahren Kaiser Friedrichs (1452–1493) verloren die Steyrer Bürger ih- ren Wohlstand und konnten das in Innerberg angehäufte Eisen nicht mehr bezahlen und weiter- verhandeln. Der Kaiser beschloss daher, dass die Rad- und Hammermeister ihr Eisen ohne Ein- schränkungen verkaufen durften an wen sie wollten, wenn die Steyrer Bürger finanziell dazu nicht im Stande waren. Aus dieser vorübergehenden Außerkraftsetzung der Vorrechte der Stey- rer, erwuchs bis ungefähr 1500 schließlich die Freiheit des Eisenhandels, der in der älteren Literatur wie folgt beschrieben wird: „Der Anfang war einmahl gemacht, und es konnte nicht 459 Herbert K NITTLER , Eisenbergbau und Eisenverhüttung in den österreichischen Ländern bis ins 18. Jahrhundert, in: N. N., Hg., Heimat Eisenwurzen: Beiträge zum Eisenstraßensymposion Weyer 1994, Steyr 1997, 60–87, hier 72 f. 460 P ICKL , Rolle, 173 f. 461 Ferdinand T REMEL , Wirtschafts- und Sozialgeschichte Österreichs. Von den Anfängen bis 1955, Wien 1969. 462 H ACK , Steyr, 8. Reformen Berggericht Um 1500: Freiheit des Eisenhandels
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