Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 81 - Zentrum der Eisenwurzen war die Stadt Steyr, die sich aufgrund der Förderung des Eisen- wesens durch die Ottokare ab dem 13. Jahrhundert als „Eisenstadt“ etablieren konnte. 451 Das „Fundament für Steyrs führende Stellung im Innerberger Betrieb“ bildete das Privileg Herzog Albrechts I. aus dem Jahr 1287. 452 In diesem Freiheitsbrief erhielt Steyr das Stapelrecht „auf alles Eisen, das aus dem Innerberg [bei Eisenerz, Anm. d. Verf.] gewonnen und nach Norden verführt wurde“ offiziell bestätigt, denn bis dahin war es bloß Gewohnheitsrecht gewesen. Den Bürgern der Stadt wurde auf diese Weise der Kauf günstigen Eisens und Stahls ermöglicht: Nachdem zwei ehrsame Ratsbürger den Preis festgesetzt hatten, musste das Eisen drei Tage lang in Steyr zum Verkauf angeboten werden, bevor es weiter transportiert werden durfte. Der Freiheitsbrief garantierte darüber hinaus Mautfreiheit „für alles Eisen, das nach der Stadt ge- führt und innerhalb von zwei Meilen um die Stadt ge- oder verkauft wurde.“ Außerdem sah das Privileg Ermäßigungen auf die Abgaben für die Benutzung der Handelswege nach Wien, Un- garn und Venedig sowie Mautbegünstigungen für Warenlieferungen in das Reich vor 453 – schon im Mittelalter war der süddeutsche Raum das wichtigste Absatzgebiet für Stahl aus Steyr ge- wesen. 454 Die Folgen dieses Freiheitsbriefes beschrieb Irmgard Hack wie folgt: „Mit magneti- scher Kraft zog Steyr alles von Innerberg [Eisenerz, Anm. der Verf.] nach Norden geführte Eisen an sich, beherrschte die Handelsbeziehungen seiner Nachbarorte […]“ und löste Konkur- renzkämpfe mit Waidhofen an der Ybbs, den Ortschaften im Steyrtal, Enns und Weyer aus. 455 Spätestens mit dem Privileg von 1287 wurde Steyr also zum Verteilungszentrum für den nörd- lichen Teil des Erzberges, womit es das Pendant zum südlich vom Erzberg gelegenen Leoben bildete. 456 Während die Bergleute bis ins 13. Jahrhundert hinein das Erz schmolzen, das Eisen aushäm- merten und sogar versendeten, bildete sich in der zweiten Hälfte des Mittelalters eine Arbeits- teilung heraus, die drei Glieder umfasste: 457 Die Radmeister in der Nähe des Erzberges bauten das Erz ab, schmolzen es und belieferten die Hammerherren an der Enns mit dem Roheisen. Die Hammerherren wiederum bearbeiteten das Roheisen weiter zu Eisen- und Stahlsorten und gaben es an die Verleger in Steyr ab, die sich um den Verlag der Handwerker/-innen der um- liegenden Gewerbegebiete kümmerten oder es mit hohem Profit verkauften. 458 Während in 451 P RITZ , Beschreibung, 402. 452 K ASER , Eisenverarbeitung, 118. 453 H ACK , Steyr, 10 f. 454 O FNER , Geschichte, [1]. 455 H ACK , Steyr, 10 f. 456 Othmar P ICKL , Die Rolle der österreichischen Städte für den Handel mit Eisen und Eisenwaren, in: Ferdinand Opll, Hg., Stadt und Eisen (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas 11), Linz 1992, 171–195, hier 171. 457 P RITZ , Beschreibung, 401. 458 Rosina W EINDL , Der Venedighandel Steyrs im 16. und 17. Jahrhundert. Versuche einer Skizze von Handel und Leben einiger Patrizierfamilien Steyrs mit der Lagunenstadt, Diplomarbeit, Wien 1989, 15; P RITZ , Beschrei- bung, 401. Mittelalter Drei Glieder des Eisenwesens
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