Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 67 - „ein um die Stadt Steyr und die Eisenindustrie Oberösterreichs vielverdienter Bürger, der in Anerkennung seiner Verdienste in den erbländischen Adelstand erhoben worden“ sei. Er ge- langte offenbar durch Verbreitung und Förderung des Eisenhandels zu einem bedeutenden Ver- mögen, welches er in „hochherziger Weise verwendete, als sein Vaterland durch feindliche Einfälle gefährdet worden“ sei. Er wurde außerdem als patriotisch, umsichtig, klug und zuver- lässig beschrieben; Qualitäten, die sich vor allem in „gefahrvoller Zeit“ geäußert hätten. 362 Das Österreichische Musiklexikon beschreibt Koller darüber hinaus als „Musikmäzen“, der in sei- nem Haus am Stadtplatz Nr. 11 regelmäßig Hausmusikabende veranstaltet habe. In den Jahren 1819 und 1820 habe Franz Schubert häufig bei Koller gespielt und mit der Tochter Josephine musiziert. 363 Josef erbte das Geschäft nachdem Jakob Koller 1798 verstorben war. In einem Zirkular an die Geschäftspartner/-innen gab der junge Koller den Tod seines Vaters und den Antritt der Unternehmensnachfolge bekannt. Er sei darum bemüht, ebenso rechtschaffend und eifrig zu sein wie sein Vater und gab am Fußende eine Unterschriftenprobe für den Vergleich mit der zukünftigen Korrespondenz ab. 364 Da Koller zu diesem Zeitpunkt erst 18 Jahre alt war, stand er bis September 1800 unter der Vormundschaft des Handelsmannes und engen Familienfreundes Josef Sgardell, 365 bis er vom Magistrat mit einer Venia aetatis für volljährig erklärt wurde. 366 Ab diesem Zeitpunkt konnte Koller über sein Vermögen frei verfügen. Da ihm noch dreieinhalb Jahre bis zur tatsächlichen Volljährigkeit fehlten, musste er dafür eine Ersatzleistung in Höhe von 30 Gulden zahlen. 367 Um etwa dieselbe Zeit musste der junge Handelsmann Theresia von Horaleck – Tochter des k. k. Artillerie-Hauptmanns und Feuergewehr-Fabrikdirektors Johann Evangelist Horaleck – geehelicht haben. 368 Das Paar hatte mindestens zwölf Kinder. 362 Constant von W URZBACH , Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich […]. Zwölfter Theil: Klácel– Korzistka, Wien 1864, 350. 363 Christian F ASTL , „Koller, Joseph Vinicentius Ferrarius Faustinus von“, in: Österreichische Akademie der Wis- senschaften, Hg., Oesterreichisches Musiklexikon online (oeml): http://www.musiklexikon.ac.at (18.11.2019). 364 StA Steyr, Zirkular über die Nachfolge im Hause Koller (Juli 1798), Kasten XII, L1 FIV 1–451 Nr. 451. 365 Jakob Kollers Frau Maria Theresia (geborene Menhardt) war die Patentante von Josef Sgardells und Barbara Candovins Tochter. Sgardell war bürgerlicher Materialist; siehe Pfarre Steyr, Taufbuch 07 (1775–1784), 101/07, fol. 13. Franz Wolfgang Koller war außerdem der Pate eines Sohnes Josef Sgardells; siehe Pfarre Steyr, Tauf- buch 07 (1775–1784), 101/07, fol. 31. 366 In Steyr galten Männer mit 24 Jahren und Frauen mit 20 Jahren als volljährig; siehe StA Steyr, Erbschaftsan- gelegenheit (1752/1768), Kasten XII, L1 FIV 1–451 Nr. 437. 367 StA Steyr, Stadtratssitzung (14.9.1800), Regal 1, Stadtratsprotokolle, Bd. 242 C (1800), fol. 403. 368 Johann Georg M EGERLE VON M ÜHLFELD , Österreichisches Adels-Lexikon des achtzehnten u. neunzehnten Jahrhunderts enthaltend alle von 1701 bis 1820 von den Souveranen Österreichs wegen ihrer Verdienst um den Kaiserstaat, in die verschiedenen Grade des deutsch-erbländischen oder Reichs-Adels, erhobenen Personen, Wien 1822, 203. Geschäftsüber- nahme

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