Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 60 - dafür, dass die Koller mit ihrer Eisenhandlung bereits sehr früh in Steyr erfolgreich waren und dass ihr Name nicht nur in Mauthausen, sondern auch in Steyr etwas galt. Als Johann Josefs erste Ehefrau Maria Theresia am 4. September 1724 im Alter von nur 36 Jahren starb, wurde ihr zu Ehren großes Gleith (Glockengeläute) abgehalten. 312 In Steyr gab es die Möglichkeiten des Geläuts mit den Glöckl , des kleinen (bürgerlichen), mittleren und gro- ßen Geläuts. Dafür fielen unterschiedliche Gebühren an, wobei das Glöckl im Jahr 1742 sechs Schillinge kostete – Arme wurden hingegen kostenfrei begraben. 313 Die Unterscheidung der vier Kategorien erfolgte danach, wie viel die Nachkommen für das Geleit ausgaben bzw. aus- geben konnten. 314 Nur wenige Monate nach dem Tod der ersten Frau ging der Witwer im Jänner 1725 seine zweite Ehe mit der Jungfrau Maria Elisabetha Hierzenberger ein. 315 Eine schnelle Wiederver- heiratung war nichts ungewöhnliches, vor allem wenn die Arbeitskraft im Haushalt und im Geschäft fehlte und im Haushalt Kleinkinder zu versorgen waren. 316 Tatsächlich waren die Kin- der Johann Josefs zum Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter im Alter zwischen wenigen Monaten und 11 Jahren alt. Die 1697 geborene Maria Elisabetha war die Tochter des Micheldorfer Sen- senschmiedmeisters Adam Hierzenberger und dessen Frau Magdalena. 317 Koller heiratete also in zweiter Ehe eine „gute Partie“, was auf seine eigene Stellung zurück zu führen ist, die er schon wenige Jahre nach seiner Niederlassung in Steyr erlangt hatte. Auch seine Herkunft aus bis 1759 Stadtrichter, von 1759 bis 1764 Bürgermeister, siehe W ATZINGER , Heimat, 18–20; sowie K RENN , Häu- serchronik, 52. 312 Pfarre Steyr, Sterbebuch 03, 301/03, fol. 216. Geläutet wurde mit der Zügen- oder Totenglocke, wenn eine Person in seinen letzten „Zügen“ lag. Sogar bei Armen ertönte das Zügenglöckl; siehe Jacob G RIMM / Wilhelm G RIMM , Deutsches Wörterbuch [digitalisierter Volltext unter: woerterbuchnetz.de/DWB] , 32 Bde., Leipzig 1854– 1961, Bd. 32, Sp. 418–419. 313 Ebd., fol. 355, 365 u. 373. 314 In Salzburg verhielt es sich im 18. Jahrhundert ähnlich bzw. wissen wir von einer Einteilung der Stadt- und Vorstadtbewohner/-innen in fünf Klassen und vier Stände (Geistlicher, Zivil-, Militär- und Bürgerstand), wonach die Obergrenzen für die zu entrichtenden Begräbnisgebühren (Begleitung bzw. Kondukt, Aus- und Einsegnung) festgelegt wurden. Während es jedem freigestellt war eine niedrigere Einstufung zu wählen, wenn die festgelegten Taxen zu hoch waren, war es hingegen nicht erlaubt, in eine höhere aufzusteigen, die nicht dem Stand und der Klasse des/der Verstorbenen entsprach; siehe Michael S KOTSCHEK , Friedhof und Begräbnis in der Stadt Salzburg im 18. Jahrhundert, Diplomarbeit, Salzburg 2009, 81 f. 315 Pfarre Steyr, Trauungsbuch 02 (1701–1765), 201/02, fol. 263. 316 Mitterauer und Sieder sprechen vom „wirtschaftlich begründeten Wiederverehelichungszwang“, bei dem Wit- wer und Witwerinnen „sowohl aufgrund der hauswirtschaftlichen Bedürfnisse als auch aus Gründen der Kin- deraufzucht“ eine möglichst baldige Wiederverehelichung anstrebten. Die Notwendigkeit dazu bestand insbeson- dere in solchen Familien, in denen die Hauswirtschaft vom Ehepaar getragen wurde, z. B. bei Bauers- oder Hand- werksleuten; siehe Michael M ITTERAUER / Reinhard S IEDER , Vom Patriarchat zur Partnerschaft. Zum Struktur- wandel der Familie (Beck’sche schwarze Reihe 158), 3. Auflage, München 1984, 171. In der Hofmark Massen- hausen nördlich von München waren zwischen 1750 und 1849 rund 53 Prozent der Witwer innerhalb von drei Monaten nach dem Tod der Ehefrau wieder verheiratet; siehe Heide W UNDER , „Er ist die Sonn’, sie ist der Mond.“ Frauen in der frühen Neuzeit, München 1992, 180. 317 Pfarre Kirchdorf an der Krems, Taufbuch 05 (1689–1716), 101/05, fol. 98. Die Ehe zwischen dem Witwer und Sensenschmiedmeister am Windtfeld Adam Hierzenberger und der Wirtstochter Magdalena Huebmer wurde am 7. August 1696 in Kirchdorf an der Krems geschlossen; siehe Pfarre Kirchdorf an der Krems, Trauungsbuch 06 (1678–1700), 201/06, 474. Tod der ersten Ehefrau Zweite Eheschließung

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2