Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 59 - Zwecken, Schlösser, Feilen und Scharsachstahl) in seinem Warensortiment. Außerdem hatte er Waren bei Hans Wolf und Hans Emerich Auracher in Venedig gelagert, was auf eine um 1700 noch immer bedeutende Beziehung zur Adriastadt hindeutet. Im Jahr 1691 lagerten dort khuerze Hörner Khämpl (kurze Kämme aus Horn), Barbierscheren, Ahleisen, Schermesser und anderes imWert von rund 1.008 Gulden. Die Kombination aus Textil-, Spezerei- und Eisenwarenhandel ergab sich aus dem sogenannten Stichhandel: Beim Export von Messern, Klingen, Sensen, Si- cheln, Strohmessern, Nägeln und anderen Eisenfertigprodukten aus den Eisenwurzen war es üblich, als Gegenfuhr Waren aus den Exportländern einzuführen und hierzulande zu verkaufen. Vor allem im Handel mit Venedig, womit der Süden inklusive der Levante eröffnet wurde, brachten die Steyrer Kaufleute „Venediger Waren“ – z. B. Öl, Gewürze, Südfrüchte, Farben, Stoffe und Garne – in die Stadt. 307 Aus der Bilanz der Schäfflerischen Handlung von 1691 wird ersichtlich, dass sich unter ihren Kreditoren auch Jakob Koller aus Mauthausen mit einer Forderung von rund 73 Gulden be- fand. 308 Zwischen den Koller und Schäffler hatte also schon lange vor Johann Josefs Niederlas- sung in Steyr eine geschäftliche Beziehung bestanden. Um etwa dieselbe Zeit, in der Johann Josef Koller das Haus in Steyr kaufte und um das Bürgerrecht ansuchte, dürfte er auch seine erste Ehe eingegangen sein. Gemeinsam mit Maria Theresia Koller hatte er fünf Kinder, wovon jedoch nur zwei Söhne das Erwachsenenalter er- reichten: Johann Adam und Johannes. Der 1713 geborene Johann Adam wird später ebenfalls als Eisenhändler bezeichnet und gelangte im Erwachsenenalter mit dem Gesetz in Konflikt, nachdem er mit dem Erwerb zweier angeblicher „Freihöfe“ der Meinung war, von seinen steu- erlichen Pflichten befreit zu sein (mehr dazu im Kapitel „Exkurs: Der Rechtsstreit Johann Adam von Kollers“ ab S. 339) . 309 Der 1724 geborene Johann Ferdinand Gabriel – später nur mehr Johannes genannt – heiratete 1750 die Tochter des angesehenen Stadtbaumeisters Johann Gott- hard Hayberger – Anna Elisabeth – und wurde danach Bader in Windischgarsten. 310 Die Ver- sippung mit der Familie des Baumeisters und späteren Bürgermeisters Hayberger 311 ist ein Indiz 307 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 205 f. 308 StA Steyr, Bilanz (1691), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 14, 458. 309 Pfarre Steyr, Taufbuch 03 (1700–1718), 101/03, fol. 271. 310 Pfarre Steyr, Taufbuch 04 (1719–1732), 101/04, fol. 104; Pfarre Steyr, Trauungsbuch 02 (1701–1765), 201/02, [fol. 270]. Das Paar kaufte noch im Jahr der Eheschließung das Haus an der heutigen Hauptstraße Nr. 19 („Puech- rieglhaus“). Koller war nicht nur Bader, sondern auch Marktrichter und Ratsmitglied; siehe Franz S CHRÖCKENFUX , Häuserchronik Windischgarsten: Häuser mit Kons.-Nr. 48–59 (Quellen der Heimatkunde 8), Windischgarsten 2010, 24; Erlefried K ROBATH , Bürgermeister Gotthard Hayberger. Ein Künstler des Barockbaues, in: Veröffentli- chungen des Kulturamtes der Stadt Steyr 13 (1953), http://steyr.dahoam.net/?attachment_id=2169 (02.01.2020), hier [5]. 311 Geboren 1695 in Bruck bei Peuerbach (Bezirk Grieskirchen), verheiratet mit Margerethe (verwitwete Gallbrun- ner), zwei Söhne, eine Tochter; Inhaber von Pfarrgasse Nr. 2; Erneuerung der Altstadt nach dem Stadtbrand von 1727 (z. B. Siebensternhaus und Rathaus); 1747 Oberstadtkämmerer und Mitglied des Äußeren Rats, von 1755 Erste Eheschließung

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