Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 52 - Budweis und Mauthausen, womit eine Verbindung der Moldau mit der Donau hergestellt wurde. 251 Die regen Beziehungen nach Russland sind auch in geschäftlichen Unterlagen sichtbar, die sich in den Häusern am Heindlkai fanden. So ist ein Geschäftsbrief von 1812 überliefert, in welchem das St. Petersburger Handelshaus Amburger & Sohn 252 meldete, dass die von der Moskauer Zollbehörde unrechtmäßig beschlagnahmten fünf Fässer mit Schmelztiegeln in un- gefähr acht Tagen bei Amburger ankämen. Michael Prandstätter in Mauthausen hatte sie nach St. Petersburg schicken lassen, wo sie für seinen Bruder Franz bestimmt waren, dem er dafür 910 Gulden sowie die Unkosten in Rechnung stellte. 253 Von 1813 ist weiters ein Wechsel aus St. Petersburg überliefert, der von Halseler & Co. ausgestellt wurde und Tanner & Co. in Ham- burg als Bezogene auswies (mehr zur Funktionsweise von Wechseln ab S. 269) . Der Wechsel verpflichtete zur Zahlung von 500 Rubel an den Begünstigten Franz Prandstätter. Dieser wie- derum indossierte (übertrug) den Wechsel auf der Rückseite und setzte dort seinen Bruder Mi- chael in Mauthausen als neuen Begünstigten ein. 254 Auf diese Weise konnte Geld von St. Pe- tersburg bargeldlos nach Mauthausen überwiesen werden. Ein Brief der Firma Hudtwalcker & Co. aus Hamburg von 1825 zeigt, dass sich die Prand- stätter branchenmäßig inzwischen weit vom einstigen Sensenhandelshaus ihrer Vorfahren ent- fernt hatten. Das Angebot des Hamburger Geschäftsfreundes umfasste Waren aus aller Welt, die am ehesten einem Spezereiwaren- oder Gemischtwarenhändler zugeordnet werden können: Kaffee, Kakao, Indigo, Nelken, Öl, Pfeffer, Vanille, Wolle, Zucker, Gummi, Holz, Honig, Man- deln, Eisen, Leim, Kupfer, Pottasche, Wachs, Butter, Fenchel, Käse, Rum, Baumwoll-Waren, Hering und Kabeljau sind nur einige Beispiele aus dem Sortiment Hudtwalckers. 255 Ob und was Anton Prandstätter tatsächlich aus Hamburg kaufte ist leider nicht überliefert. Im Übrigen war auf dem Haus Nr. 62 (heutiger Heindlkai Nr. 19) eine Gemischtwarenhandlungsgerechtigkeit radiziert, was die Prandstätter zum Handel mit den oben genannten Gütern befugte. 256 Nachge- fragt wurden derlei Waren z. B. von Josef Kitzler aus Weißenbach, der im September 1825 bei Prandstätter um die Preise von Lemony , Zinnober, Alaun, Blauholz, Enzianwurzel, Leim, Reis, Kampfer, Zimt, Safran, Baumöl, Feuerstein und anderem anfragte. 257 Eine Inventarliste zur La- den Kamer vom 20. Juni 1826 führt unter anderem Weinstein, Ciocolat (Schokolade), Kubeben 251 M AYR , Geschichte, 202. 252 Friedrich Z ELLFELDER , Das Kundennetz des Bankhauses Gebrüder Bethmann, Frankfurt am Main, im Spiegel der Hauptbücher (1738–1816) (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 56), Stuttgart 1994, 195. 253 Privatsammlung Maganja/Bauer, Geschäftsbrief aus Brody (6.8.1812). 254 Privatsammlung Maganja/Bauer, Wechsel aus St. Petersburg (11.2.1813). 255 Privatsammlung Maganja/Bauer, Preisliste aus Hamburg (14.9.1825). 256 Privatsammlung Maganja/Bauer, Schuldverschreibung (1.6.1825). 257 Privatsammlung Maganja/Bauer, Geschäftsbrief aus Weißenbach (15.9.1825). Russland Hamburg

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