Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 302 - Der Kauf von kompletten Geschirr-Sets weist darauf hin, dass die Koller spätestens ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Kaffee, Trinkschokolade und Tee konsumierten. Da Steyr seit dem Mittelalter intensive Handelsbeziehungen zu Venedig pflegte und bis in die Frühe Neuzeit neben Wien die bedeutendste Stadt der österreichischen Donauländer war, 1662 liegt eine frühe „Ankunft“ und Verbreitung dieser Güter bei den Steyrer Kaufleuten während des 18. Jahrhunderts nahe. Das Kaffeetrinken hatten die Europäer im 16. Jahrhundert bei den Ara- bern kennen gelernt und im frühen 17. Jahrhundert wurde es an den westeuropäischen Fürsten- höfen üblich. Sehr rasch dehnte sich der Kaffeekonsum von den adeligen Oberschichten auf die städtisch-bürgerliche Gesellschaft aus. Insbesondere im 18. Jahrhundert gelangte der Kaffee in wachsenden Mengen in den Handel – nun auch in Klein- und Provinzstädten. Eine zentrale Rolle im Ausbreitungsprozess spielten die Kaffeehäuser, in denen die städtisch-bürgerliche Be- völkerung – in Wien erstmals 1685 – mit dem Heißgetränk vertraut wurde. 1663 Da es sich bei den Koller um eine bürgerliche, wohlhabende Familie handelte, die aufgrund ihrer Handelsbe- ziehungen entsprechende Möglichkeiten hatte, diese Genussmittel anzuschaffen, ist der erste Genuss von Kaffee im Koller-Haushalt um die Mitte des 18. Jahrhunderts anzusetzen – also zu einer Zeit, als der Kaffee in der Wiener Oberschicht die Morgensuppe (ein Gemisch aus Bier und Brot) verdrängte. 1664 4.2.2 Bekleidung und Schuhe Der eingangs erwähnte Reisende Cajetan Franz von Leitner beschrieb im Jahr 1798 auch die Kleidung der wohlhabenderen unter den hiesigen Bürgern: Außer den reichen Linzer-Häubchen, welche ein jugendliches volles Gesicht sehr vort- heilhaft darstellen, haben die Töchter und Frauen von den ersten Kaufmanns- und Fab- rikanten-Häusern nicht viel Auszeichnendes. Fast alle tragen noch Corsette, und Sei- denzeuge sind hier bey weitem nicht so allgemein, als in anderen Städten. Dunkle, braune Farben sind bey dem weiblichen Geschlechte nicht weniger gewöhnlich als bey dem männlichen, welches sich am liebsten in die sogenannten Deutschen Farben klei- det. 1665 1662 P ILS , Steyr, [o. S.]. 1663 S ANDGRUBER , Anfänge, 192 f. 1664 M ENNINGER , Genuss, 348; P ELZER -R EITH , Genussmittel, 206. 1665 L EITNER , Reise, 204 f. Bei der Linzer Haube handelte es sich um eine Goldhaube, also eine Haube, die mit einer Goldstickerei aus Pailletten und Goldfolien auf Goldgewebe verziert ist. Der Haubentyp war in bürgerlichen Kreisen verbreitet, wurde aber ebenso von Frauen der Sensengewerke im Krems-, Steyr- und Almtal, in Wels, in Steyr und in Linz getragen; siehe Gexi T OSTMANN / Marlen T OSTMANN , Hg., Alte Hüte. Kopfbedeckungen von anno dazumal: Kopftücher, Hauben & Hüte, Wien 2009, 49 f. Kaffee Mode in Steyr um 1800

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