Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 291 - Oktober 1808 von Leopold Scherak aus Triest bei Koller ein. Scherak schilderte seinem Ge- schäftsfreund, dass er seine Familie zwar gerade so unterhalten könne, die Salarien jedoch zu klein seien, um seine impegni (Verbindlichkeiten) abzutragen. Da es nun so scheine, als würde sich der Comerz mit der Levante öffnen , plane er eine Eisenhandlung im Kleinen zu errichten , weshalb er seine Freunde und Bekannten in Kärnten und der Steiermark anschreibe, um diese um den nötigen Kredit für die Anmietung eines Magazins zu ersuchen. An Koller trug er zwei Bitten heran: Erstens den Nachlass eines Teiles seiner alten Schuld und zweitens ein Darlehen über 1.000 Gulden in Form eines stehenden Waren-kredits. 1603 Neben diesen Anfragen nach kurz- und längerfristigen Krediten ist der Wunsch nach Geld- einlagen in das Kollerische Unternehmen ein zweiter Ansatzpunkt für die Frage nach dem fi- nanziellen Erfolg der Steyrer Handelsleute. Die bereits erwähnte Hauptgeheimbuchbilanz von 1712 liefert einen ersten Beleg dafür, dass bereits von der Gründung an großes Vertrauen in den Namen Koller gesetzt wurde. Johann Josef profitierte vom Erfolg des elterlichen Unterneh- mens in Mauthausen und der besten Vernetzung seines Vaters nach Steyr, denn neben der Fa- milie Johann Josef Kollers beteiligten sich auch bedeutende Steyrer Handelsleute, wie Bürger- meister Adam Wilhelm oder Matthias Ferdinand Winterl, als stille Teilhaber. 1604 Auch zur Zeit Josef von Kollers interessierten sich Personen dafür, Einlagen ins Unternehmen zu tätigen, z. B. Anna Maria Hageneder, die den Wunsch äußerte, 400 Gulden zu fünfprozentiger Verzinsung anzulegen. 1605 Auch der Domherr, Dechant und Dompfarrer von St. Pölten – Simon Werle – hatte 1808 Interesse gezeigt, Geld bei Koller in Steyr gegen eine fünfprozentige Verzinsung anzulegen. 1606 Schließlich kann auch das Ausstellen und Verkaufen von Wechseln ein Indiz für eine erhöhte Finanzkraft sein, denn Voraussetzung dafür war die Einstufung als zuverlässiges und liquides Handelshaus. Sofern die Käufer der Wechsel den Betrag nicht sofort an die Aussteller überga- ben, war es nötig, dass diese selbst über genug Bargeld oder Kredit verfügten, die Zeit bis zur Fälligkeit – das konnten mehrere Monate sein – zu überbrücken. Belegt ist der Verkauf von Wechseln mehrmals, z. B. als Antoni de Joanny aus Enns im Jänner 1751 Maria Elisabetha Koller schriftlich darum bat, ihm einen Wechsel für die Begünstigten Wandner & Lochmann 1603 Scherak versprach alle paar Monate oder nach Bedarf Bestellungen an Koller zu richten und den Betrag dafür bei Erhalt der Faktura in guten Wiener Wechseln zu übermachen; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (16.10.1808), Kasten XII, L4/4 FIII 1–105 Nr. 86. 1604 StA Steyr, Inventar und Quartalsbilanzen (31.12.1712), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 19. 1605 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Steyr (20.7.1808), Kasten XII, L3/1 FXXVIII 1–107 Nr. 29. 1606 Dazu kam es aber nicht; stattdessen überließ er sein Kapital noch einige Zeit der löblichen Gewerbschaft und plante im Jahr 1809 seine dortige Einlage nach Wien in die fürstlich-schwarzenbergische Leihbank, ebenfalls ge- gen fünfprozentige Verzinsung, einzulegen; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus St. Pölten (7.8.1808), Kasten XII, L3/4 FXIX 1–133 Nr. 36. Einlagen Die Koller als Verkäufer/-innen von Wechseln
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