Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 288 - Maria Elisabetha das Unternehmen mit ihren Söhnen fortführte. 1590 Aus diesen Büchern kom- men noch einmal 165 eingehende Geschäftsbriefe zum Konvolut hinzu, was die Quellenlage für die Frühphase des Unternehmens um wertvolle Informationen erweitert. Das Kopierbuch von 1721 bis 1723 alleine enthält rund 50 Abschriften von Briefen zwischen Johann Josef Koller und seinen Geschäftspartnern/-innen in Brescia, Messina, Neapel, Turin und Venedig. 1591 Obwohl das Büchlein ausschließlich Geschäftsbriefkopien von Handelspart- nern/-innen im italienischen Raum enthält, findet sich darin kein einziger Geschäftsbrief in ita- lienischer Sprache. Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: 1.) Die italienischen Kaufleute waren der deutschen Sprache mächtig und schrieben ihre Briefe an Koller tatsächlich auf Deutsch. 2.) Koller oder seine Bedienten schrieben nicht die italienischen Originale ins Brief- kopierbuch ab, sondern fertigten zuvor Übersetzungen an, die sie kopierten. Für die erste Mög- lichkeit spricht der jahrhundertelange rege Warenaustausch zwischen dem italienisch- und deutschsprachigen Raum, der Kaufleute beider Seiten motivierte, die Sprache des Gegenübers zu erlernen. Wie erwähnt, fragte ein venezianischer „Stammkunde“ der Koller – Giovanni Pie- tro Ucelli – im Oktober 1724 bei Johann Josef Koller an, ob dieser seinen 18-jährigen Sohn bei sich zum Erlernen der deutschen Sprache aufnehme. 1592 Für die zweite Möglichkeit hingegen spricht der Wunsch Giuseppe Chiesas aus Venedig im Dezember 1721, Koller möge in Zukunft die Briefe wieder auf Welsch beantworten, da er dessen zuvor gesandten Brief, welcher auf Teusch geschrieben war, nicht verstanden habe. 1593 Da ab den 1730er Jahren sämtliche ausge- henden Geschäftsbriefe in den Kopierbüchern auf Italienisch sind und die eingehenden hinge- gen auf Deutsch, kann auch eine dritte Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden: Die italieni- schen Kaufleute schrieben auf Deutsch und die Koller antworteten auf Italienisch. 1594 Hielten sich die Koller auf den Jahrmärkten auf, wurde auch von dort mit den Geschäftspart- nern/-innen korrespondiert – schließlich ruhten die übrigen Geschäfte nicht, wenn sich der Prin- zipal/die Prinzipalin nicht im Kontor aufhielt. Dies belegt ein von vorne als Marktbestellbuch begonnenes Kaufleutebuch von 1723, welches von hinten als Kopierbuch benutzt wurde. Im vorderen Teil wurden die Bestellungen vom Linzer Ostermarkt festgehalten und im hinteren Teil finden sich insgesamt 13 Abschriften von Briefen, die laut Datumszeilen zwischen Sep- tember 1721 und September 1723 entstanden sind. 1595 1590 StA Steyr, Briefkopierbuch (1742–1749), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 9. Da dieses Buch stark beschädigt und restaurationsbedürftig ist, konnte es nicht im Detail analysiert werden. 1591 StA Steyr, Briefkopierbuch (1721–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 1. 1592 StA Steyr, Briefkopierbuch (1724), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 7, fol. 11 f. 1593 StA Steyr, Briefkopierbuch (1721–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 1, fol. 19. 1594 StA Steyr, Briefkopierbuch (1735–1736), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 8. 1595 StA Steyr, Bestellungsbuch vom Linzer Ostermarkt (April 1723), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 66. Sprache in der Korrespondenz Korrespondenz während Jahr- märkten
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