Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 286 - gens als Debitoren- und Kreditoren-Verzeichnisse überlieferten Marktbücher kamen höchst- wahrscheinlich in der Zahlwoche zur Anwendung, wenn sie als Gedächtnisstütze und Beleg dazu dienten, noch offene Forderungen einzutreiben und eigene Verbindlichkeiten zu beglei- chen. Nicht immer wurden Jahrmarktsaufzeichnungen derart systematisch und funktional ge- trennt geführt. Es sind auch Strazzen überliefert, die allerlei gemischte Informationen enthiel- ten, wie über die auf dem Markt abgewickelten Geschäfte, die dorthin gebrachten Waren, die Verkäufe und die im Kontor in Steyr nachzubestellenden Waren. Strazzen wurden für den täglichen Verkauf vor Ort auf dem Jahrmarkt geführt. Die Auswer- tung der Strazze vom Linzer Bartholomäusmarkt aus dem Jahr 1716 ergab, dass rund 3.506 Gulden Umsatz erwirtschaftet wurde. In der Strazze wurden tabellarisch die Namen der Käufer/-innen eingetragen, in einigen Fällen auch woher diese stammten und über wen die Lie- ferung erfolgen sollte bzw. welche Zustelladresse angegeben wurde. Dann folgte die Nummer und Art des Gebindes (meist Fässer, auch Fläschl ), die Menge und Art der Waren, häufig der Einzelpreis und in den meisten Fällen die Gesamtsumme. Bei einigen Käufern/-innen sind auch Zahlungsvermerke zu finden, die auf Anzahlungen hinweisen oder in einem Fall den Freistädter Paulimarkt (zwei Wochen um Pauli Bekehrung am 25. Jänner) 1584 als Zahlungstermin vorsa- hen. 1585 Häufig wurden auf dem Jahrmarkt getätigte Bestellungen in separaten Büchern festgehalten, die einen kleinen Einblick in den Kreis der Abnehmer/-innen der Koller gewähren. Notiert wur- den die Namen der Besteller/-innen, manchmal deren Herkunftsorte und auf jeden Fall, wie viel sie von welcher Sorte Waren bestellten. Bei einigen Personen finden sich auch Nebenrechnun- gen oder Zahlungsvermerke sowie Häkchen neben den Warenzeilen, die wohl kennzeichneten, welche Waren bereits versandt oder ausgehändigt worden sind. War eine Bestellung abge- schlossen, strich man den gesamten Eintrag durch. Diese Bestellbücher waren wichtige Unter- lagen, die zur späteren Abwicklung der Aufträge im Kontor gebraucht wurden und noch lange Zeit nach einem Jahrmarkt – spätestens bis zur erfolgten Zahlung – relevant waren. Nach Ende des Jahrmarkts wurde erneut Inventur der Waren in der Markthütte gemacht und anschließend veranlasst, sie in Linz für den nächsten Jahrmarkt einzulagern oder sie zurück nach Steyr zu nehmen. Am Linzer Ostermarkt 1722 sind Waren imWert von rund 2.137 Gulden 1584 R AUSCHER , Wege, 238. 1585 Zu den umsatzstärksten Artikeln zählten Schlossblech mit rund 303 Gulden, große Beham- Nägel mit rund 241 Gulden und mittlere Beham- Nägel mit 207 Gulden. Grundsätzlich wurden auf diesem Jahrmarkt große Men- gen unterschiedlicher Nägelgattungen verkauft, die den höchsten Umsatz bescherten. Daneben wurden auch Schaufeln, verschiedene Drahtsorten, Taschenmesser, Hufeisen, Schermesser, Scheren, Feilen, Blech, Klepperei- sen, Rinnenblech, Striegel, Schlösser (kölnische und Schildschlösser), Pfriemen, Zillenklampfen, Ringe, Erter (Schusterahlen), Reifmesser, Zaineisen, Stemmeisen, Zwecken, Kneib (Schustermesser), Eggenzähne, Feuereisen, Pflugblech, Sicheln, Neiger (Bohrer), Ahlen, Federmesserl, Pfeffermühlen und Nieten verkauft; siehe StA Steyr, Strazza vom Linzer Bartholomäusmarkt (August 1716), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 14. Strazzen Bestellbücher Übrig gebliebene Waren
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