Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 279 - Bezogenen. Er wies diesen damit an, bei Vorlage des Wechsels den Darlehensbetrag in der lokalen Währung an den Begünstigten auszuzahlen, wofür entweder das dortige Guthaben des Ausstellers benutzt oder ein Kredit gewährt wurde. In Wirklichkeit verkaufte der Aussteller durch den Wechsel seinen Anspruch auf sein Guthaben bei einem anderen Kreditinstitut. 1559 Wie wurden Zahlungen bei mit den Koller vergleichbaren Handelshäusern abgewickelt? Irmgard Schwanke stellte fest, dass die Gebrüder Castell im Schwarzwald noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zweistellige Guldenbeträge per Post, durch Fuhrleute oder Boten überbringen ließen, während höhere Beträge um einen Durchschnittswert von 250 Gulden per Wechsel oder einfacher Anweisungen an Dritte bezahlt wurden. 1560 Anweisungen (auch: As- signationen) waren eine weitere Form des bargeldlosen Zahlungstransfers und bestanden aus einer schriftlichen Vollmacht, mittels derer eine Person angewiesen wurde, für die Rechnung des Ausstellers an einen Dritten, eine gewisse Summe zu bezahlen. 1561 Im Jänner 1806 wies Pauernfeind in Salzburg seinen Schuldner Johann Battista Niedersüss in Steyr dazu an, die noch offenen rund 223 Gulden Wiener Kurantgeld an die Firma Koller auszubezahlen. Dazu schickte Pauernfeind die schriftliche Anweisung an Koller, der diese wiederum Niedersüss vorlegte und das Geld stellvertretend einhob. Koller und Pauernfeind glichen sich aus, indem Koller den Betrag an ein Wiener Bankhaus Pauernfeinds per Wechsel „überwies“. 1562 Bei den Harkorts im Ruhrgebiet war neben der Barzahlung seit den 1750er Jahren auch die Anweisung per Wechsel eine Möglichkeit des Zahlungsausgleiches. Die Einziehung von Gel- dern besorgten für die Harkorts vor allem Kommissionäre, was wie folgt funktionierte: Die Harkorts schickten einen „eigenen Wechsel“ an ihren Kommissionär und informierten gleich- zeitig ihre Schuldner/-innen bzw. Kunden/-innen darüber, dass der Kommissionär die Bevoll- mächtigung zur Einkassierung des offenen Betrages erhalten hatte und bat um Akzept der As- signation. Wenn der Kommissionär den Kunden/-innen dann den Wechsel präsentierte, zahlten diese den offenen Betrag an ihn aus, sodass nur mehr zwischen dem Kommissionär und den Harkorts ein Zahlungsausgleich (z. B. durch Kontokorrent) erfolgen musste. 1563 1559 M UNRO , Wechsel, 413–415. 1560 S CHWANKE , Corespondenz, 621–624. 1561 Carl C OURTIN , Allgemeiner Schlüssel zur kaufmännischen Terminologie, Wien 1834, 59; M AY , Versuch, 119. Siehe auch Meyers, Bd. 1, Sp. 602 f. 1562 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Salzburg (21.1.1806), Kasten XII, L3/2 FXXII 1–169 Nr. 134. Anweisungen, bei denen Koller die Vollmacht ausstellte, sind hingegen nur vereinzelt explizit nachweisbar; es ist aber davon auszugehen, dass auch sie sich dieser Praxis bedienten; siehe z. B. StA Steyr, Geschäftsbrief aus Breslau (21.5.1748), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 18; StA Steyr, Geschäftsbrief aus Vilshofen (17.6.1748), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 60; StA Steyr, Geschäftsbrief nach Wien (18.5.1806), Kasten XII, L3/4 FXXI 1–142 Nr. 33. 1563 G ORIßEN , Handelshaus, 243 f. Vergleich mit anderen Handelshäusern

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