Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 278 - Da Koller keine Möglichkeit und keinen Anlass (z. B. einen Jahrmarkt) hatte, persönlich nach Wien zu reisen, schickte er die Wechsel an Gluderer und beauftragte ihn damit, diese zu ihrer Fälligkeit bei den bezogenen Bankhäusern einzulösen und den Gesamtbetrag von 675 Gulden Johann Michael Peissers sel. Eidam in Linz gutzuschreiben. Das Geld hätte alternativ auch per Postwagen nach Steyr geschickt werden können, jedoch standen Gluderer und Peissers sel. Ei- dam in Kontokorrent-Beziehung zueinander, sodass für Jakob Koller, der ebenfalls Kontokor- rent bei Peissers sel. Eidam hatte, eine „Überweisung“ möglich war. 1552 Die Präsentation der Wechsel beim Bezogenen erfolgte nach Fälligkeit, wobei die Laufzeit mit den Worten „dato“ oder „nach Sicht“ angegeben werden konnte. Zum Beispiel war ein Wechsel „drei Monate dato“ nach drei Monaten und ein Wechsel „14 Tage nach Sicht“ zwei Wochen nach der Akzeptanz des Wechsels fällig. 1553 Es gibt mehrere Hinweise darüber, dass die Koller ihre Wiener Wechsel mitunter auch persönlich eingelöst haben bzw. dies durch einen Bevollmächtigten erledigen ließen. Als sich Josef von Volpi im Mai 1808 auf dem Wiener Jahrmarkt aufhielt, bekam er von Josef von Koller einen Wechsel auf Smittmer über 409 Gul- den zugesandt, den er präsentieren und sich auszahlen oder Koller gutschreiben lassen solle. 1554 Die Gebrüder Smittmer hatten eine Wechselstube am Haarmarkt 1555 (auch Flachsmarkt ge- nannt), wo sich das städtische Waaghaus und der Steyrerhof befanden. 1556 Es ist mehrfach be- legt, dass die Koller von ihren italienischen Kunden/-innen über Wechsel auf die Gebrüder Smittmer bezahlt wurden, so wie z. B. Paolo Saloniers Erben aus Verona, die im Sommer 1787 bei Koller ein Fass Feilen gekauft hatten. 1557 Es war nicht zwingend nötig, bei jeder Bezahlung einen eigenen Wechsel auszustellen, denn Wechsel konnten auch weitergegeben (indossiert) werden, anstatt sie einzulösen. Durch einen rückseitigen Vermerk auf dem Zahlungsmittel (Indossament) konnte der Wechselnehmer/Re- mittent einen neuen Begünstigten bestimmen, also seine Ansprüche auf den Betrag an einen Dritten weitergeben. Dies konnte sogar so weit gehen, dass beim Schaffhausener Handelshaus Amman in der zweiten Hälfte 18. Jahrhunderts Wechsel überliefert sind, die in Einzelfällen mit bis zu elf Indossanten in die Hände Ammans gelangten. 1558 Vor allem bei der Kreditbeschaf- fung im Exportgeschäft wurde so vorgegangen, dass ein Wechselnehmer Wechsel vom Aus- steller – meist ein Bankhaus – kaufte, womit er ein Darlehen erwarb. Der Aussteller zog den Wechsel dabei auf einen anderen Bankier, mit dem er in Kontokorrentverbindung stand – den 1552 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Wien (16.6.1787), Kasten XII, L3/1 FXXV 1–62 Nr. 35. 1553 D ENZEL , Wechsel, 730. 1554 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Steyr (13.5.1808), Kasten XII, L3/1 FXXVIII 1–107 Nr. 30. 1555 Handelsstands-Kalender der k. k. Haupt und Residenz Stadt Wien für das Jahr 1799. Bd. 1, Wien 1799, 9. 1556 C ZEIKE , Lexikon Wien III, 2. 1557 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Verona (16.7.1787), Kasten XII, L3/2 FVI 1–69 Nr. 38. 1558 D ENZEL , Geschäftsbeziehungen, 38. Präsentation Rimessen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2