Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 274 - Solche Wechselgeschäfte ließen die Koller hauptsächlich durch Bankhäuser oder „merchant bankers“ in Wien oder auch in Linz und Augsburg abwickeln, wie die Kontokorrentkonten bei Christian Kaltschmidts sel. Witwe & Compagno in Wien (Belege aus den Jahren 1748– 1751), 1523 beim Bankier am Hohen Markt Johann Heinrich Stammetz (1751–1787), 1524 bei Schuller & Co. in Wien (1787–1806), 1525 bei Johann Michael Peissers sel. Eidam in Linz (1787–1808), 1526 bei Herzog & Comp. in Augsburg (1787–1806) 1527 sowie Josef Ignatz Etzelt & Sohn in Wien (1806–1808) 1528 belegen. Die Kontokorrent-Abrechnungen, die in der Regel halbjährlich oder jährlich erfolgten, sahen dabei immer ähnlich aus: Auf der Soll-Seite fanden sich sämtliche Lastschriften der Koller-Kaufleute bei ihren „Bankiers“, die immer dann ent- standen, wenn letztere als Bezogene fungierten – also wenn die Koller ihnen Wechsel präsen- tierten. Auch die Versendung von Bargeld an die Koller, z. B. in der Form von Bankozetteln, war nicht unüblich und kam einer Geldabhebung gleich. Darüber hinaus wurden auch Provisi- onen und Zinsen für diese Finanzdienstleistungen verrechnet. Im Falle der Firma Etzelt & Sohn, die sowohl Speditions- als auch Bankiersfunktionen erfüllte, fanden sich im solle geben außer- dem Spesen für den Transport von Gütern, wie z. B. Löhne für die Fracht und das Abladen sowie die Maut und das Briefporto. Auf der Haben-Seite der Kontokorrent-Konten fand sich 1523 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Wien (13.7.1748), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 80; StA Steyr, Geschäfts- brief aus Wien (4.1.1749), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 75. 1524 StA Steyr, Kontokorrentrechnung von Stammetz (31.12.1751), Kasten XII, L3/2 FXXXII 1–146 Nr. 6. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts ist Johann Heinrich Stammetz als Banquier am Hohen Markt Nr. 522 in Wien nachge- wiesen; siehe N. N., Gegenwärtiger Zustand der k. k. Residenz-Stadt Wien, oder Beschreibung aller Merkwürdig- keiten der k. k. Aemter, der Akademie, Universität, Großhändler, Niederläger, Fabriken, Künstler, Handelsleute, Handwerker, aller Gasthöfe, Wien 1794, 221. 1525 Schuller & Co. gehörten wie Stammetz zu den 36 Niederlagsverwandten (nicht-katholische, privilegierte Kauf- leute) Wiens; siehe Matthias K OCH , Wien und die Wiener: Historisch entwickelt und im Verhältnisse zur Gegen- wart geschildert, 2. Auflage, Karlsruhe 1844, 190. 1526 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Linz (17.1.1787), Kasten XII, L3/2 FXII 1–136 Nr. 57. Hinter der Raggion (Firmennamen) stand eigentlich Balthasar Angerer, der mit einer Peisser-Tochter verheiratet gewesen war und Haus und Handlung am Linzer Hauptplatz von dieser erbte. Die Peisser hatten bereits seit den 1660er Jahren zu den Linzer Großkaufleuten ersten Ranges gehört und waren auch in der Politik engagiert. Als Johann Peisser, Bürgermeister von Linz, 1684 starb, trat der Sohn seines Vetters die Nachfolge im Handelshaus an – Johann Mi- chael Peisser (gestorben 1746). Danach ging es in den Besitz von dessen Witwe, dann an die Tochter und schließ- lich an Angerer; siehe Alfred H OFFMANN , Der Handelsherr Balthasar Angerer, in: Jahrbuch der Stadt Linz (1954), 283–310, hier 283–285. 1527 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Augsburg (3.2.1806), Kasten XII, L3/3 FXVII 1–129 Nr. 37. Anton Herzog scheint 1788 in der Liste der elf Augsburger „Wechselhandlungen, oder Banquiers“ auf; siehe Paul von S TETTEN , Beschreibung der Reichs-Stadt Augsburg. Nach ihrer Lage, jetzigen Verfassung, Handlung und den zu solcher gehörenden Künsten und Gewerben auch ihren andern Merkwürdigkeiten, Augsburg 1788, 130. Die Augsburger vermittelten z. B. Zahlungen aus Lyon und Besançon; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Augsburg (30.6.1806), Kasten XII, L3/3 FXVII 1–129 Nr. 38. 1528 StA Steyr, Geschäftsbrief mit Kontokorrentauszug (16.1.1808), Kasten XII, L3/4 FXIX 1–133 Nr. 77; StA Steyr, Kontokorrentrechnung aus Wien (28.12.1808), Kasten XII, L3/4 FXIX 1–133 Nr. 86. Die Firma Josef Ignaz Etzelt & Sohn befand sich um 1799 Unter den Tuchlauben Nr. 603 in Wien und handelte noch in den 1820er Jahren mit Nürnberger und Stahlwaren; siehe Johann Thomas Edler von T RATTNER , Handelstands-Kalender der k. k. Haupt und Residenz Stadt Wien für das Jahr 1799, Bd. 1, Wien 1799, 33; Franz H ALLER , Kalender des bürgerlichen Handelsstandes in Wien (etc.) für das gemeine Jahr von 365 Tagen 1821, Wien 1821, 38. „Bankiers“ der Koller

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