Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 269 - 3.5 Finanz- und Rechnungswesen 3.5.1 Zahlungsmöglichkeiten Für ein Handelshaus, wie jenes der Koller, gab es im 18. und 19. Jahrhundert mehrere Mög- lichkeiten, den Wertausgleich mit Geschäftspartner/-innen vorzunehmen. Der direkteste Weg war die persönliche Zahlung, entweder indem man vor Ort im Kontor zahlte oder auf einem der Jahrmärkte in der sogenannten „Zahlwoche“ seine Schulden beglich. Die Linzer und Wiener Jahrmärkte, auf denen sich die Koller regelmäßig aufhielten, waren als Zahlungstermin im über- regionalen Zahlungsverkehr von großer Bedeutung. 1501 Bei der Barzahlung mussten die Kauf- leute nicht persönlich die Münzen oder – in späteren Unternehmensphasen – die Bankozettel (Papiergeld) überbringen, sondern konnten ihre Knechte, Boten und Fuhrleute damit beauftra- gen oder Geschäftsfreunde oder Verwandte darum bitten, die Zahlung an ihrer Stelle vorzuneh- men. Reisenden, die den Bestimmungsort mit ihrer eigenen Kutsche passierten oder ohnehin dorthin unterwegs waren, wurden ebenfalls Geld sowie Waren und Briefe mitgegeben, sodass es Alternativen zu nur an gewissen Tagen abfahrenden Post- und Transportunternehmen und Spedierenden gab. 1502 Ähnliches beobachtete Gorißen auch für die Harkorts, die noch im 19. Jahrhundert beim Inkasso auf befreundete Handelshäuser oder Geschäftspartner/-innen zu- rückgriffen, die nicht unbedingt auf die Zahlungsabwicklung spezialisiert waren. 1503 Bargeld konnte davon abgesehen durch den Postwagen in versiegelten Päckchen an die Gläubiger/-innen versandt werden, so wie es z. B. der Pressburger Handelsmann Johann Adam Zechmeister tat. Nachdem er von einem Herrn Gmeiner 205 Gulden erhalten hatte, übermachte er den Betrag durch den Postwagen an Koller in Steyr. 1504 Auch als der Poysdorfer Eisenhändler Leopold Mayerhofer 1806 bei Josef von Koller Nägel bestellte, die er am Wiener Allerheiligen Markt abzuholen gedachte, erkundigte er sich, ob er die Zahlung dafür an einen Geschäfts- freund in Wien anweisen oder das Geld mit dem k. k. Postwagen nach Steyr schicken solle. 1505 Bei den Koller ließ sich der Bargeldversand per Postwagen bis zu einer Höhe von 545 Gulden und bis zu einer Distanz von rund 250 Kilometer feststellen. 1506 Da die Koller jedoch ein sehr 1501 R AUSCHER , Wege, 258 f. 1502 Veronika H YDEN -H ANSCHO , Ego-Netzwerke zwischen Paris und Wien. Kulturvermittlung im 17. Jahrhundert am Fall Bergeret, in: ÖZG (Historische Netzwerkanalysen) 23/1 (2012), 72–98, hier 87. 1503 G ORIßEN , Handelshaus, 249. 1504 Zechmeister dürfte demnach eine Vermittlerrolle im Handel eingenommen haben und sich als Spediteur oder Kommissionär nicht nur um den Transport und Absatz von Waren, sondern auch um die Abwicklung der Zahlung gekümmert haben; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Pressburg (11.1.1777), Kasten XII, L4/4 FI 1–44 Nr. 18. 1505 StA Steyr, Bestellung aus Poysdorf (10.9.1806), Kasten XII, L3/1 FXXVI 1–148 Nr. 48. 1506 Hummels Erben in Pressburg kündigten im März 1808 eine Sendung von Bankozetteln in Wert von 545 Gul- den durch den Postwagen an; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Pressburg (26.3.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 123. Barzahlung Geldversand per Postwagen
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