Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 266 - erneut an Koller, um wieder zu einer Employirung – bevorzugt in Wien oder Triest – zu gelan- gen. 1489 Für Handelsdiener dürfte es der entscheidende Weg zu einer Anstellung gewesen sein, sich mit Kaufleuten bekannt zu machen und sie um Weitervermittlung oder Empfehlung zu bitten. Um ein schriftliches Empfehlungsschreiben Kollers hatte auch Johann Michael Steinin- ger aus Mauerkirchen gebeten, der ein Jahr lang seinem Bruder bei der Einrichtung einer neuen Handlung geholfen hatte und nun wünschte, sich weiter [zu] promovieren . 1490 Wie erwähnt, hoffte auch Sylvester Joseph Riezberger aus Linz bei der Suche nach einer Arbeitsstelle in einer Spezereihandlung auf Kollers Unterstützung. 1491 Anhand der Überlieferung im Koller-Archiv ist zu beobachten, dass sich im Laufe der Zeit sowohl die inhaltliche Strukturierung und sprachliche Ausgestaltung als auch die äußere Form der Geschäftsbriefe veränderten. Feste Regeln für das Abfassen von geschäftlichen Briefen hat- ten sich bereits im Spätmittelalter etabliert und bis 1800 verschwanden die barocken Floskeln des 17. Jahrhunderts, woraus sich ein nüchterner Stil herausbildete. 1492 Während lange Zeit der vollständig mit der Hand geschriebene Brief die Norm darstellte, kamen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gedruckte Briefe und Geschäftsdokumente hinzu – bei den Koller erstmals als Johann Josef im September 1739 Kriegsanleihen in Höhe von 1.000 Gulden bei Kaiser Franz I. von Lothringen zeichnete. Wenn auch kein Warengeschäft Gegenstand der Transaktion war, handelte es sich bei der Quelle doch um den frühesten im Koller-Archiv überlieferten Druck eines Dokuments. 1493 Nicht nur der Kaiser bediente sich zu dieser Zeit bereits der kostspieligen Drucktechnik, sondern auch vermögende Geschäftsleute, wie z.  die Triester Firma Marpurgo Ventura & Compagni oder der Villacher Großhandelskaufmann Georg Sigmund Seidner, 1494 die bereits in den 1740er Jahren zum Teil vorgedruckte Lieferscheinformulare verwendeten. Auf den Vordrucken hatten sie nur mehr Einzelheiten wie das jeweilige Datum, den Fuhrmann, die Posten der Lieferung inklusive Gewicht sowie Unkosten (Fuhrlohn, Maut) handschriftlich zu ergänzen. 1495 Als der Speditionsunternehmer Reinhard Gsell aus Lauingen an der Donau 1787 seine zahlreichen Geschäftsfreunde/-innen über die Wiedereröffnung der wöchentlichen 1489 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Graz (16.11.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 45. 1490 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Mauerkirchen (28.8.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 100. 1491 StA Steyr, Bewerbungsschreiben (24.10.1808), Kasten XII, L3/3 FV 1–64 Nr. 30. 1492 R EININGHAUS , Archivgut, 72. 1493 Im Dokument ist die Rede davon, dass wegen Erbstreitigkeiten die Gefahr eines Krieges drohe – tatsächlich brach 1740 der österreichische Erbfolgekrieg aus, der bis 1748 dauerte; siehe StA Steyr, Darlehensvorschreibung (28.9.1739), Kasten XII, L1 FI 1–108 Nr. 74 a. 1494 1759 war die Firma Georg Sigmund Seidner sel. Witwe & Erben Inhaber eines Zainhammers, einer Nagel- schmiede und eines Drahtzuges in Seebach (Oberkärnten, Spittal an der Drau) sowie eines Zainhammers, einer Nagelschmiede und eines Drahtzuges in Völkermarkt (Unterkärnten); siehe Maria Theresia, Hammer-Nagel- Schmid- und Drat-Ordnung in dem Herzogtum Karnten, Wien 1759, N. II u. VI. 1495 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (11.11.1741), Kasten XII, L3/2 FXXXI 1–146 Nr. 81; StA Steyr, Ge- schäftsbrief aus Villach (12.10.1748), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 129. Veränderung der Schriftkultur

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