Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 265 - konnte dann so aussehen, wie sie Josef von Koller im Oktober 1808 empfing, nachdem er Kre- ditauskünfte über zwei Handelshäuser bei der Triester Firma Tomiz & Siaris eingeholt hatte: Diese teilten dem Steyrer Handelsmann mit, dass sie Franguli Glicofridi & Co. nicht mehr als 1.000 bis 1.500 Gulden, Antonio Bissirini hingegen zwischen 15.000 und 20.000 Gulden an- vertrauen würden, da letzterer vollen Credit genüßt und auch Haußer besizt . 1484 Im Auftrag Kollers informierte sich auch die Speditionsfirma Sebastian Pichler sel. Erben in München über die Kreditwürdigkeit Johann Lorenz Schazlers (eigentlich Johann Lorenz Freiherr von Schaezler) in Augsburg. Ihr Bericht viel positiv für Schaezler aus, der in Augsburg sehr vielen Credit genießet und mit dem man bedenkenlos Geschäfte auch von bedeutenden Sumen ab- schließen könne. 1485 Immerhin war Schaezler einer der bedeutendsten Wechselhändler Augs- burgs seiner Zeit, der – neben Carli & Co. – die Finanzgeschäfte des Bayerischen Hofes be- sorgte – insbesondere als Geldgeber 1486 – und „das Augsburger Wirtschaftsleben bis weit in das 19. Jahrhundert hinein“ prägte. 1487 Bevor also Überregional- und Fernhandelsgeschäfte – ins- besondere mit größerem Kapitaleinsatz – mit unbekannten Geschäftspartnern/-innen eingegan- gen wurden, informierte man sich innerhalb seines bestehenden Netzwerken über deren Zuver- lässigkeit. So wie auch neue Geschäftskontakte häufig über bereits bekannte Geschäftsbekanntschaften eingefädelt wurden, so rekrutierten die Handelsleute mithilfe ihres bestehenden Netzwerkes auch Personal. Anton Haneder, ein Handelsdiener in Prag, wandte sich im August 1808 an Josef von Koller und bat ihn um Hilfe bei der Suche nach einer neuen Stelle, da sein Prinzipal Johann Pfeiffer seine Handlung den Gläubigern überlassen musste. Pfeiffer habe sich nach Angaben Haneders unglücklich verspekuliert und ein zu großes, unrentables Warenlager unterhalten, was ihn zusammen mit der allgemeinen Stockung und dem unerhörten Geldmangel in den Ruin getrieben hätte. Haneder verwies auf eine persönliche Begegnung mit Koller zwei Jahre zuvor, bei der Koller ihm zum Abschied versicherte, sich seiner bei nöthiger Gelegenheit annehmen zu wollen und dass er immer auf seinen Schutz rechnen könne. 1488 Tatsächlich fand er dank Koller eine neue Anstellung bei J. M. Tomantschger in Graz, klagte aber bereits nach 14-tägi- gem Aufenthalt über den Jähzorn und den Geiz seines neuen Prinzipals. Er wandte sich daher 1484 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (3.11.1808), Kasten XII, L4/4 FIII 1–105 Nr. 71. 1485 StA Steyr, Geschäftsbrief aus München (2.12.1808), Kasten XII, L3/4 FVIII 1–135 Nr. 114. 1486 Z ORN , Handels- und Industriegeschichte, 120. Auf den Seiten 310 bis 342 ist bei Zorn außerdem die Lebens- beschreibung Schaezlers ab seinem Eintritt als Commis in die Wechselhandlung seines späteren Schwiegervaters Baron Benedikt Adam von Liebert im Jahr 1791 nachzulesen. 1487 S EIBOLD , Erfolg, 20. 1488 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Prag (4.8.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 132. Personalrekrutie- rung

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