Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 255 - lengattung unter den Aspekten der Kommunikation ermöglicht es z. B., die Berufswelt der Un- ternehmer/-innen und ihr kommunikatives Handeln in den Blick zu nehmen. 1442 Während seit dem späten 19. Jahrhundert kommerzielle Korrespondenz vor allem im Hinblick auf Fragen nach der Verflechtung von Kaufleuten und der Handelspraktiken untersucht wurde, widmete man sich dem Brief als kommunikativem Medium bisher erst anhand von Quellen aus dem Mittelalter. An differenzierten Untersuchungen von Geschäftsbriefen als Medium scheint es vor allem für den innereuropäischen Austausch von Korrespondenz weitgehend zu fehlen. 1443 Regina Dauser untersuchte z. B. die Copierbüecher Hans Fuggers (1531–1598), in denen 4.676 Kopien ausgehender Briefe der Jahre 1566 bis 1594 überliefert sind. Orientiert an der sozialwissenschaftlichen Methode der Netzwerkanalyse, demonstrierte sie unter anderem, wie sich „Grundstrukturen der im Brief abgebildeten Beziehungen“ erfassen lassen. 1444 In einem ersten Schritt beschrieb sie das Korrespondenznetz rund um Hans Fugger quantitativ und schuf damit die Grundlage für die qualitative Betrachtung der Interaktions- und Kontaktstrategien. 1445 Christof Jeggle wertete die kommerzielle – eingehende sowie ausgehende – Korrespondenz der italienischen Handelsgesellschaften des Ascanio Saminiati zwischen 1669 und 1684 aus, indem er die Korrespondierenden quantifizierte. Der Briefwechsel der Saminiati gewährte nicht nur vertiefende Einblicke in die Prozesse der Geschäftsabwicklung, sondern machte auch die „viel- fältigen Beziehungen der Kaufleute und ihre spezifischen Netzwerke im europäischen Handel deutlich.“ 1446 Rabea Limbachs Forschungsinteresse an den Briefkopierbüchern zweier Speyerer Tabak- und Weinhandelshäuser aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, richtete sich an die Alltagskommunikation ökonomischer Akteure. Die Forscherin nahm sich zum Ziel, spezifische Charakteristika unternehmerischen Handelns in vor- und frühindustrieller Zeit herauszuarbei- ten. 1447 Dazu wertete sie zunächst die Register der Briefkopierbücher aus, auf Basis derer sie die geografische Verteilung und Ausdehnung der schriftlichen Kommunikation sichtbar machte. Im zweiten Schritt wählte sie einzelne Briefe für eine qualitative Analyse aus, in der 1442 Rabea L IMBACH , Kaufmännische Kommunikations- und Handlungspraktiken im Deutschen Bund. Die Brief- kopierbücher der Speyerer Handelshäuser Joh. Hein. Scharpff und Lichtenberger & Co. (1815–1840), Dissertation, Heidelberg 2015, 2 u. 13. Limbachs Dissertation ist 2018 außerdem im Franz Steiner Verlag (Reihe Perspektiven der Wirtschaftsgeschichte 7) erschienen. 1443 J EGGLE , Kommunikation, 433. 1444 Regina D AUSER , Qualitative und quantitative Analyse eines Ego-Netzwerks. Am Beispiel der Korrespondenz Hanns Fuggers (1531–1598), in: Regina Dauser / Elisabeth Böswald-Rid, Hg., Wissen imNetz: Botanik und Pflan- zentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts (Colloquia Augustana 24), Berlin 2008, 329–348, hier 330. 1445 Ebd., 331. 1446 J EGGLE , Kommunikation, 447. 1447 L IMBACH , Kommunikations- und Handlungspraktiken, 3. Forschungsstand

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