Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 254 - Ungarn zu führen, die wiederum Handel mit Wien betrieben. 1435 Kurz nach dem Friedensver- trag in Passarowitz 1718 wurde z. B. ein Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen Österreich und dem Osmanischen Reich geschlossen, der den österreichischen Untertanen nun auch au- ßerhalb der Friedenszeiten die Handelsfreiheit auf der Donau unterhalb Belgrads garantierte. 1436 3.4.4 Kommunikation Das Zustandekommen von Geschäften über derart weite Distanzen hinweg bedurfte funktio- nierender Kommunikationsmittel. Persönliche Reisen der Koller-Kaufleute – außer im Rahmen ihrer Berufsausbildung in Venedig und den Jahrmarktsbesuchen in Linz und Wien – sind leider spärlich überliefert: Ein/-e Koller hatte sich in der ersten Jahreshälfte von 1751 nach Weyer begeben 1437 und im März 1808 besuchte Josef von Koller seinen guten Freund Wazinger in Linz. 1438 Das Vorhandensein von Wägen und Fuhrwerken (siehe ab S. 322) ist ein Indiz dafür, dass die Koller mobil waren und die hatten Möglichkeit zu reisen – auch wenn dies aufgrund der Verkehrsverhältnisse strapazierend und teuer war. 1439 Obwohl sie den persönlichen Aus- tausch von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen konnten, waren Briefe für Kaufleute eines der wichtigsten Medien der Vernetzung. 1440 Briefkorrespondenz von Kaufleuten ist eine unterschätzte Quelle der vormodernen Wirt- schaftsgeschichte – vor allem in jener Form, wie sie im Koller-Archiv überliefert ist. Viel häu- figer als eingehende Korrespondenz, haben Abschriften ausgehender Briefe in eigens dafür an- gelegten Briefkopierbüchern die Jahrhunderte überstanden. 1441 Nicht so im Koller-Archiv, wo nur wenige Briefkopierbücher überliefert sind, sondern überwiegend eingegangene Geschäfts- briefe umfasst – dies macht den Bestand zu etwas ganz Besonderem. Aufgrund der mangelhaf- ten Überlieferung im Allgemeinen und auch der Herausforderungen, die Massenquellen wie Briefe nun einmal mit sich bringen, hat die Forschung Geschäftsbriefe als Quellen der Wirt- schafts- und Sozialgeschichte bisher noch kaum wahrgenommen. Die Auswertung dieser Quel- 1435 L ANDSTEINER , Determinanten, 192. 1436 Ebd., 195. 1437 Der dort ansässige Geschäftspartner Josef Matthias Lang bedauerte, beim Besuch kein Frühstück angeboten zu haben; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Weyer (27.5.1751), Kasten XII, L3/1 FXXXII 1–146 Nr. 56. 1438 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Linz (14.3.1808), Kasten XII, L3/4 FXIX 1–133 Nr. 34. 1439 N EUTSCH / W ITTHÖFT , Kaufleute, 81. 1440 Adelheid von S ALDERN , Netzwerkökonomie im frühen 19. Jahrhundert. Das Beispiel der Schoeller-Häuser (Beiträge zur Unternehmensgeschichte 29), Stuttgart 2009, 245 f. 1441 Wilfried R EININGHAUS , Kaufmännisches Schriftgut im „Hinterland“ von Amsterdam. Das Beispiel der Kom- panie J. C. Harkort und der Iserlohner Kaufleute (1684–1819), in: Jochen Hoock / Wilfried Reininghaus, Hg., Kaufleute in Europa: Handelshäuser und ihre Überlieferung in vor- und frühindustrieller Zeit, Beiträge der Tagung im Westfälischen Wirtschaftsarchiv, 9. bis 11. Mai 1996 (Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technik- geschichte 16), Dortmund 1997, 51–60, hier 57. Reisen Geschäftsbriefe als Quelle

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2