Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 253 - gebracht, und von hier nach Orsowa befördert, und von dort mittelst den Caravannen in die Türkey versendet zu werden. Da ich eben in Begriff war Ihnen hievon zu Ihrer Richt- schnur die Anzeige zu machen, erhielt ich zu gleicher Zeit die Nachricht, daß auch dieser Weg über Orsowa aufs neue und streng gespert worden ist. Endlich sind aber wirklich unsere Truppen hieher in Anzug, und sohlen hoffen wir, daß der Weg nun einmahl über Belgrad geöffnet werden wird. 1431 Lehmann schilderte eine Sperre des Handels über Orsowa (im heutigen Rumänien) in die Türkei, die auf den Russisch-Türkischen Krieg von 1806 bis 1812 zurück zu führen ist, in wel- chem es zu Kampfhandlungen in der angrenzenden Walachei kam. Die nahe der ungarischen Großgemeinde Orsowa gelegene Donauinsel mit ihrer Festung Neu-Orsowa (osmanisch „Ada Kaleh“) war im 18. Jahrhundert Spielball der Habsburger und der Hohen Pforte. 1432 Wenn die Donauroute unterhalb Wiens von feindlichen Überfällen bedroht war, musste der Handel auf alternative Wege ausweichen – in der Regel erfolgte dies über Triest: Als Giovanni Francesco Marion aus Konstantinopel im November 1808 feine Tischmesser, Dochtscheren, Taschenmes- ser, Scheren und Nähnadeln bei Josef von Koller bestellte, wünschte er ausdrücklich, dass die Lieferung nicht durch Johann Georg von Scheidlin in Wien versandt werden sollte. Hingegen nannte er als Lieferadresse die Firma Masari, Amie & Compagno in Triest, sodass er den län- geren Seeweg über die Adria in Kauf nahm, um die konfliktbehafteten Fürstentümer Walachei und Moldau zu vermeiden. 1433 Scheidlin bot Josef von Koller im Dezember 1808 an, die 17 Kis- ten Eisenwaren, die für die Türkei bestimmt waren, einstweilen in seiner Verwahrung zu halten, bis die Donauschifffahrt wieder in Gang käme. Er habe zu diesem Zeitpunkt bereits seit drei Wochen keine Nachricht mehr aus Konstantinopel erhalten und käme zum Schluss, dass dort allen Anschein nach nichts gut aussieht . 1434 Trotz der Eroberungen weiter Teile des ungarischen Königreichs durch die Osmanen, kam es nie zu einer dauerhaften Unterbrechung des Handels in westlicher Richtung – ganz im Ge- genteil: Die Osmanen wurden durch Handelsverträge dazu ermutigt, weiterhin Handel mit den 1431 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Zemun (16.5.1808), Kasten XII, L3/3 FIII 1–45 Nr. 17. 1432 1716 wurde sie den Osmanen erstmals durch die Österreicher abgenommen, was im Frieden von Passarowitz (1718, Beendigung des Venezianisch-Österreichischen Türkenkrieges) bestätigt wurde. 1738 kam es zur Rücker- oberung durch die Türken und seither blieb sie – mit Ausnahme einer Belagerung Ende des Jahrhunderts – in deren Gewalt. Selbst als die türkischen Truppen nachdem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 sämtliche serbi- sche Festungen räumten, behielten sie Neu-Orsowa. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg von 1878 übergaben die Türken die Stadt an die Österreicher; siehe Meyers, Bd. 6, Sp. 141; N. N., Orsowa, den 7. März, in: Baierische National-Zeitung 80 (2.4.1808), 325. 1433 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Konstantinopel (25.11.1808), Kasten XII, L4/4 FV 1–123 Nr. 63. 1434 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Wien (20.12.1808), Kasten XII, L3/2 FXXIX 1–123 Nr. 26. Handel auf dem Balkan
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