Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 246 - rund 110 Kilometer, die laut Weinmeister in einem einzigen Tag zu bewältigen sei. Vergleicht man diese Transportgeschwindigkeit mit jener des Landtransports, bestätigt sich, dass der Was- sertransport – insbesondere stromabwärts – mit deutlicher Zeit- und Kostenersparnis verbunden war. Die Flussschifffahrt konnte nicht nur größere Kapazitäten (30–40 Wagenladungen) bewäl- tigen, sondern waren auch drei- bis viermal so schnell unterwegs, wodurch die Transportun- kosten – trotz eingeschränkter Nutzung in den Wintermonaten 1380 sowie höheren Mauten – auf die Hälfte sanken. 1381 Ein vierrädriger, lenkbarer Wagen, so wie er sich seit etwa 1500 allge- mein durchgesetzt hatte, konnte mit 2 Tonnen Last beladen werden und legte an einem Tag im Durchschnitt zwischen 30 und 50 Kilometern zurück. 1382 Bei den Harkorts zur Mitte des 18. Jahrhunderts legte ein Pferdefuhrwerk die Strecke Hagen–Rostock (rund 550 Kilometer) in 16 bis 21 Tagen zurück, was einer Geschwindigkeit von 26 bis 35 Kilometern pro Tag ent- spricht. 1383 Die Transportzeit war dabei abhängig von den Straßenverhältnissen, vom Gewicht der Ladung, der Größe der Wägen sowie der Abfahr-, Ankunfts- und Rastzeiten, sodass diese Angaben nur als Richtwerte verstanden werden können. 1384 Auf dem Wasserweg (110 Kilome- ter/Tag) konnte die Geschwindigkeit also drei bis vier Mal höher sein als auf dem Landweg. Demgegenüber gestaltete sich die Reisegeschwindigkeit stromaufwärts zwar deutlich langsa- mer, weil die Schiffe von Pferden gegen die Strömung gezogen werden mussten, dennoch wa- ren die Kosten immer noch geringer als auf dem Landweg. 1385 Zum Vergleich: Eine Reise stromaufwärts auf der Donau von Budapest nach Regensburg dauerte 12 bis 14 Wochen (8– 9 Kilometer pro Tag), von Wien nach Linz benötigte man im Sommer 14 Tage (14 Kilometer pro Tag) und von Linz nach Passau im Spätherbst 6 bis 8 Tage (12–16 Kilometer pro Tag). 1386 Auch im Ennstal gab es spezialisierte Berufsgruppen, die Sendungen bis nach Triest beför- derten: Am 19. April 1806 fragten Josef von Koller und die Firma Voith beim Liezener Aichel- wirt Michael Lakner an, ob er 100 Zentner Waren nach Triest transportieren könne. Am 23. Ap- ril antwortete Lakner, dass er für 8 Gulden Wiener Corrent Frachtkosten die Waren auf der Stelle befördere. 1387 Adressiert war der Brief An wohl edlen Herrn Herrn, Koller et Woit in 1380 Die Donauschifffahrt begann in der ersten Woche nach dem Eisgang (Einsetzen der Schneeschmelze) und endete zum Katharinentag (25. November); siehe Schifffahrtsmuseum Spitz an der Donau. 1381 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 231. 1382 Die Reisegeschwindigkeit war abhängig vom Zustand der Straße und vom Wetter: Im Frühjahr und Herbst waren aufgeweichte, unbefestigte Straßen nur schwer passierbar, während im Sommer die Wege trocken und im Winter festgefroren und daher gut zu befahren waren; siehe N ORTH , Kommunikation, 12. 1383 H ARDER -G ERSDORFF , Eisenwaren, 182. 1384 S TRAUBE , Fragen, 41. 1385 P ICKL , Eisenhandel, 351. 1386 P ALLA , Arbeit, 278. 1387 Offenbar schickte er einen Knecht nach Steyr, der den Brief eigenhändig zustellte und auch gleich das Ant- wortschreiben zurück ins Ennstal bringen sollte, denn Lakner bat um umgehende Informationen darüber, wann die Güter aufzuladen wären und ob noch weitere Zentner hinzukämen; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Liezen (23.4.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVI 1–90 Nr. 38. Sammeltransport
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2