Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 236 - und Wechselgeschäften, das in Empfang nehmen von Lieferungen, das Beladen der Schiffe und der Abschluss von Versicherungen hinzukommen. 1326 Den Kommissionären erlaubte es ein be- quemes Einkommen, da kaum Risiken damit verbunden waren und derartige Geschäfte einen sicheren Gewinn versprachen. 1327 Für die Kommittenten (Auftraggeber/-innen) war das Agie- ren auf unbekannten Märkten durch vertretende Personen wie Makler/-innen oder Kommissio- näre/-innen flexibler und kostengünstiger als der Aufbau dauerhafter Niederlassungen in Form von Faktoreien. 1328 Elisabeth Harder-Gersdorff beschäftige sich mit den kaufmännischen Unterlagen der Har- korts und wertete diese hinsichtlich der Vertriebsformen zur Mitte des 18. Jahrhunderts aus, weshalb sich eine ideale Vergleichsmöglichkeit mit dem Handelshaus der Koller ergibt. Die Absatzpolitik der Harkorts fokussierte sich auf die Märkte des Ostseeraumes, wobei die Städte Lübeck und Rostock als Knotenpunkte des Außenhandels anvisiert und dort dauerhafte Waren- lager eingerichtet wurden (S. 174). Vor Ort organisierten mit der Verwaltung des Warenlagers betraute Handelshäuser oder Speditions- und Kommissionsunternehmen den Transport und den Vertrieb (S. 175 f). Als wichtige Komponente der Absatzstrategie der Harkorts, bezeichnete Harder-Gersdorff die Stützpunktbildung: Über Lübeck wurden Märkte in Nordosteuropa er- schlossen, indem das dort eingerichtete Lager der Versorgung des Umlandes ebenso diente wie als Ausgangsbasis für die Einschiffung von Waren für Abnehmer/-innen in Skandinavien und im Osten. Die Niederlassung in Rostock hingegen war auf Mecklenburg und Vorpommern aus- gerichtet (S. 187). 1329 Von einer Stützpunktbildung wie bei den Harkorts kann bei den Koller auf jeden Fall in Linz und Wien die Rede sein, wo sie aufgrund der regelmäßigen Jahrmarkts- besuche im Frühjahr und Herbst dauerhafte Warenlager unterhielten, auf die die lokalen Kauf- leute als Kommissionäre Zugriff hatten. In der Anfangsphase der Unternehmensgeschichte scheint es laut Quartalsbilanzen außerdem ein Villacher sowie ein Venediger Lager gegeben zu haben, die Johann Josef Koller als Stützpunkte für den Süd- bzw. Italienhandel gedient haben könnten. 1330 Für spätere Zeiten sowie für Triest sind solche dauerhaften Warenlager hingegen 1326 G ORIßEN , Differenzierung, 50. 1327 Ebd., 45. 1328 D ENZEL , Beharrungskraft, 543. Während die Kommissionshandelsleute nicht in einem fixen Dienstverhältnis zu ihren Auftraggebenden standen, waren Faktoreien Außenstellen eines Handelshauses, die mit Personal ausge- stattet werden mussten; siehe G ORIßEN , Differenzierung, 52 f u. 57. 1329 Elisabeth H ARDER -G ERSDORFF , Eisenwaren aus der Grafschaft Mark auf dem Weg zu den Märkten des Ost- seeraums: Struktur der Transport- und Vertriebsformen des Hauses J. C. Harkort in der Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Hans-Jürgen Gerhard, Hg., Struktur und Dimensionen. Festschrift für Karl Heinrich Kaufhold zum 65. Ge- burtstag: Bd. 1: Mittelalter und Frühe Neuzeit (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte: Beihefte 132), 2 Bde., Stuttgart 1997, 173–192. 1330 StA Steyr, Inventar und Quartalsbilanzen (1711), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 18; StA Steyr, Inventar und Quartalsbilanzen (31.12.1712), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 19. Vergleich mit Harkort
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