Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 234 - sionshandel betrieb, sondern auch auf eigene Rechnung Eisenwaren handelte. Daneben küm- merte sich Tiboni außerdem um die Zahlungsabwicklung: Von den rund 475 Gulden Corrente (Kurantgeld), die Tiboni und die drei Herren in Piacenza und Brescia Koller schuldig waren, hatte Tiboni zu diesem Zeitpunkt bereits 160 Gulden übermacht. Den Rest über 315 Gulden zahlte er per Wechsel auf Kollers Konto bei Johann Christoph Löschenkohls Erben. Im Übrigen erkundigte sich Tiboni, wann er das an den Faktor Robinig in Villach gesandte Fass Nr. 4 emp- fangen würde. Es war gedacht für Johann Batista Vaciago in Piacenza. Außerdem erwartete Tiboni ein weiteres Fass, welches durch Tributsch (auch Tribuzzi) in Triest transportiert werden sollte und für Geschäftsfreunde in Loreto bestimmt war. 1316 Anhand der beiden Beispiele von Chiesa und Tiboni wird veranschaulicht, wie der Kommis- sionshandel im Einzelnen funktionierte: Koller sandte seine Waren durch Fuhrleute an seine Kommissionshäuser in Venedig, wo sie zunächst in das Lager gestellt wurden, und teilte häufig in einem separaten Brief den Bestimmungsort (Name und Adresse des/-r Abnehmers/-in) der Waren mit. Häufig jedoch schickte Koller auch unangekündigt Waren an die Kommissionshäu- ser, ohne dass es schon Interessenten/-innen dafür gab. In diesem Fall lag die Aufgabe beim Kommissionshaus, im besten Interesse der Koller, Abnehmer/-innen für die Waren zu finden, den Versand zu organisieren sowie das Geld einzutreiben und es an Koller zu überweisen. Für diese Dienstleistungen erhielt das Kommissionshaus eine zwei- bis dreiprozentige Provision auf jedes Geschäft. Auch in Triest organisierten die Koller den Absatz über Kommissionäre – einer von ihnen war Philipp Griot, der am 9. Juli 1787 meldete, dass er noch 863 Stück Mauldrummeln in Kom- mission hatte und sich zugleich erkundigte, was damit geschehen solle. 1317 Die Firma Johann Matthias Koller & Sohn in Triest 1318 vermittelte Eisenwaren der Steyrer Koller in das Osmani- sche Reich: Im Herbst 1787 war ein Fass mit Eisenwaren nach Smirne (Smyrna, Izmir) weiter- verhandelt worden, wobei sich jedoch herausstellte, dass der Inhalt nicht mit der fattura (Rech- nung) übereinstimmte. Anstatt der angeforderten 678 Bund flachen, halbrunden und dreikanti- gen Feilen, hatten sich darin Eisenringe, Schlösser, Schusternägel und Bürsten befunden, was jedoch erst bei der Öffnung des Fasses in Smyrna entdeckt wurde. Die Triester Firma erkundigt sich daher bei Koller, ob das Fass zurückgeschickt werden oder ob sie auf eigene Faust andere Interessenten/-innen dafür suchen sollte. 1319 1316 StA Steyr, Briefkopierbuch (1735–1736), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 8, fol. 14. 1317 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (9.7.1787), Kasten XII, L3/1 FXXIII 1–98 Nr. 83. 1318 Es bestand keine verwandtschaftliche Verbindung zu diesen Personen. 1319 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (8.11.1787), Kasten XII, L3/1 FXXIII 1–98 Nr. 43. Ablauf Kommissionäre in Triest

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2