Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 216 - -innen zusammentreffen, sodass die Jahrmarktsveranstaltungen Gelegenheit boten, sein ge- schäftliches Netzwerk zu festigen und zu erweitern. 1229 Entschieden sich Kaufleute für den Besuch einer Messe, mussten sie die Art, Menge und Qualität der dorthin mitgebrachten Waren festlegen, wobei sie sich an Erfahrungen aus den Vorjahren oder „Modeerscheinungen“ orientieren konnten. Auch im Vorfeld des Marktes ein- gegangene Bestellungen, die für die Übergabe an die Käufer/-innen auf dem Jahrmarkt gedacht waren, mussten berücksichtigt werden. Die für den Jahrmarktsverkauf bestimmten Waren sand- ten sie an einen sich im Messeort aufhaltenden Faktor, mit dem sie zuvor ausgiebig korrespon- diert hatten. Der Faktor nahm die Waren entgegen und lagerte sie in seinem eigenen Gewölbe, Haus oder in einer Bude. Es stand in seiner Verantwortung, alles zum Messeverkauf vorzube- reiten, worunter auch das Engagieren von Markthilfen und das Organisieren einer Unterkunft fiel. Die Kaufleute selbst (oder ihre Stellvertreter/-innen) begaben sich dann einige Tage vor Marktbeginn zum Verkaufsort, nachdem sie in ihrer Handlung einen Auszug all ihrer Mess- schuldner/-innen und -gläubiger/-inner gemacht hatten. Die Namen wurden in einem kleinen Büchlein notiert, um eine Grundlage für das Eintreiben bzw. das Begleichen der Zahlungen am Messeort zu haben – zu jedem Jahrmarkt wurde nämlich eine eigene „Zahlwoche“ festge- legt. 1230 Für viele dieser Vorbereitungsschritte sowie für den Jahrmarktshandel selbst wurden eigene Bücher angelegt, um die Geschäfte zu dokumentieren. Dazu gehörten die eben erwähnten Messe-Schuldbücher ebenso wie Inventare über die zum Jahrmarkt geführten und dort verkauf- ten Waren, wie sie mehrfach auch von den Koller überliefert sind (siehe Kapite l 3.5.2.2 „Markt- bücher“ ab S. 285) . Das älteste ist die Specification yber die in Osterlinzermarckht gefierthen Wahrn a [nn] o 1714 , was im Grunde eine Auflistung von Waren ist, die in diesem Jahr zum Linzer Ostermarkt geschickt wurden. In insgesamt vier großen Plöch Fässern wurden mehrere hunderttausend Nägel, Schusterahlen, Zwecken, Messer, Draht und andere Metallwaren der unterschiedlichsten Gattungen verpackt. Offenbar handelte es sich auch bei den Fläschl um Transportbehälter, die in dieser Liste rund 30 Mal auftauchen. Auch ein großes und ein kleines Feyln Väßl , ein halbes Mößer Vaß und mehrere weitere Fläschl mit Nägeln zu einer Stückzahl im fünfstelligen Bereich gelangten zum Verkauf nach Linz. Auch durch welchen Fuhrmann die jeweiligen Gebinde nach Linz gelangten, wurde dort vermerkt – wiederholt tauchen die Namen Pfeffer, Wilhelm, Dietach (auch Dietachmayr) und Aupruger auf. Schon seit dem 14. und 15. Jahrhundert war es nicht mehr üblich gewesen, dass die Kaufleute persönlich ihre Waren- sendungen zu den Messen und Märkten begleiteten. Sie übergaben diese Aufgaben entweder 1229 H ÖRMANN , Handelsnetze, 79–81. 1230 L UDOVICI , Grundriß, 317–319. Vorbereitung Messebesuch Die LINZER JAHR- MÄRKTE

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