Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 213 - Bei den genannten Beispielen handelt es sich aber um seltene Fälle, in denen die Käufer/ -innen sogar die Namen der Handwerksmeister angaben, anstatt nur anhand der Meisterzeichen zu bestellen, wie es in der Regel vorkam. Johann Philipp Pestell z. B. wünschte seine Schnitt- messer vom besten Zeichen der Säbel zu erhalten. Es könnte sein, dass ihm der Name des Hand- werksmeister mit dem Zeichen „Säbel“ zwar bekannt war, für die Koller musste die Angabe des Zeichens aber Information genug gewesen sein, um die Bestellung zu erfüllen. 1215 Die Käu- fer/-innen der Koller äußerten ihre Anforderungen an die Qualität der bestellten Handelsware aber nicht nur anhand der Meisterzeichen, sondern bestellten häufig alleine mit dem Wunsch nach „guter und schöner Ware“. Thomas Gattermayr aus Riedau z. B. bat um fein waß saubers , als er mehrere zehntausend Stück Nägel bei Maria Elisabetha Koller bestellte 1216 und Peter Ludwig Sahler aus Montbéliard wünschte seine Feilen ausdrücklich von der best Qualitaet . 1217 Als die steirischen Sensen und Messererzeugnisse im Fernhandel als qualitativ hochwertige Waren bekannt wurden, kam es zur Nachahmung von Zeichen – insbesondere durch die Nürn- berger Handwerksleute, die Messermarken fälschten. 1218 Trotz strenger Überprüfung durch das Handwerk, welches alle Messer mit unrechtmäßig nachgeschlagenen Zeichen aus dem Verkehr zog, „konnte die Zeichenfrage zu allen Zeiten nie zur Gänze geklärt werden.“ 1219 Um die um 1775 als neue Konkurrenz auftretenden Sensenwerke in Hagen, Solingen, Remscheid und Schauburg davon abzuhalten die österreichischen Sensenmarken nachzuschlagen, erhielten die Kirchdorfer das Recht verliehen, zusätzlich zum Meisterzeichen das Wappen der Erblande auf den Sensen aufzuschlagen. 1220 Ähnliche Markenbilder im Handwerk waren aber auch im Inland nicht ungewöhnlich und nicht immer mit dem Verdacht der mutwilligen Fälschung behaftet. Durch die Abwanderung der Söhne der Sensenschmiedmeister aus Kirchdorf, wo es ab der Mitte des 17. Jahrhunderts verboten war, weitere Hämmer zu errichten, wurden die Zeichen ihrer Väter in abgewandelter, aber immer noch sehr ähnlicher Form, weitergeführt. 1221 1215 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Nürnberg (6.4.1751), Kasten XII, L3/3 FXV 1–154 Nr. 46. 1216 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Riedau (20.4.1748), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 31. 1217 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Montbéliard (21.12.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 108. 1218 K ASER , Eisenverarbeitung, 171 f. 1219 H ACK , Eisenhandel, 147. 1220 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 452. 1221 C ORRADINI , Meisterzeichen, 193. Nachahmung
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