Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 212 - Auch Normierungen von Eisengeschmeidprodukten bzw. -halbprodukten dienten zur Qua- litätssicherung, so wie es z. B. bei den Klingen im Laufe des 16. Jahrhunderts erfolgte – 1553 einigte man sich in Steyr und Umgebung auf zehn Muster, die in ihrer Form, Länge und Dicke genormt waren. 1210 Eigene Nagelordnungen legten das Gewicht und die Qualität von Nägeln bzw. des Rohmaterials fest, was monatlich durch Beschauer geprüft wurde. 1211 Entsprachen die Erzeugnisse den Mustern bzw. der Norm und Qualität, wurden sie mit den Zeichen versehen. Handwerksleute im Allgemeinen, die ein gutes Zeichen führten und entsprechend hochwertige Ware herstellten, wurden durch die Eisenordnungen begünstigt, indem sie höhere Preise ver- langen durften, während es anderen Handwerksleuten unter Strafe verboten war, ihre Erzeug- nisse unter den festgelegten Preissätzen zu verkaufen. 1212 In den Ausführungen über die einzelnen Eisengeschmeidwaren, welche die Koller verkauf- ten, sind uns bereits einige Meisterzeichen begegnet. Es stellte sich heraus, dass ein Teil der Käufer/-innen anhand konkreter Meisterzeichen bestellte und ein anderer Teil sehr unspezifi- sche Anforderungen an die Qualität hatte. Als Giuseppe Chiesa aus Venedig im Oktober 1722 Angelhaken bei Johann Josef Koller bestellte, wusste er ganz genau, von welchen Meistern er diese erhalten wollte: Die 240.000 Stück schwarzen Angelhaken sollten entweder aus der Werkstatt von Augustin oder von Hans Jakob Groß stammen, die 20.000 Stück verzinnten An- geln von Augustin Groß und 40.000 Stück weitere verzinnte vom Meister Christian Lamb. 1213 Die Gebrüder Haid aus Turin bestellten im Juli 1808 insgesamt 200 Bund Feilen und wünschten ausschließlich Erzeugnisse des Feilschmiedmeisters Franz Reichl aus Steyr zu erhalten. Um sämtlichen Missverständnissen vorzubeugen, klebten sie sogar einen Papier-Schnipsel mit dem Meisterzeichen Reichls – „die Schlüssel“ – auf den Brief (siehe Abbildung 23) . 1214 Abbildung 23: Die gekreuzten Schlüssel waren das Meisterzeichen des Steyrer Feilschmiedmeisters Franz Reichl (StA Steyr, Kasten XII, L4/4 FIII 1–105 Nr. 51). 1210 R EITH , Qualität, 147. 1211 K ASER , Eisenverarbeitung, 172 f. 1212 StA Steyr, Satz und Ordnung über den Eisenhandel (12.3.1661), Kasten IV, L39 F1/1 Nr. 13. 1213 StA Steyr, Briefkopierbuch (1722–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 2, fol. 13. 1214 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Turin (23.7.1808), Kasten XII, L4/4 FIII 1–105 Nr. 51. Normen Anforderungen an die Qualität

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