Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 208 - Herrschaft wurde zwischen 1809 und 1813 der Großteil des Wohlstandes der Stadt jedoch zer- stört. Die österreichische Regierung bemühte sich um Restaurierung und führte das von Napo- leon aufgehobene Freihafenprivilegium wieder ein. 1195 1836 wurde der Österreichische Lloyd mit sieben Dampfern gegründet, der nach nur zehn Jahren 20 Dampfer besaß und das Dreifache an Fracht transportierte. Seine Monopolstellung im Levantehandel, in welchem sie Venedig ablöste, konnte sich Triest gegenüber englischen, französischen, holländischen und belgischen Linien noch bis 1853 behalten. 1196 Danach wurde Triest als Handelsstandort von den westeuro- päischen Häfen wie z. B. Hamburg, Marseille und Antwerpen überholt. Erst mit Fertigstellung des Suezkanals 1869 stieg Triest wieder zu einem Handelshafen von europäischer Bedeutung auf, bis das Küstenland an der Adria nach dem Zusammenbruch der Monarchie an Italien fiel und die Bedeutung Triests angesichts der zahlreichen viel günstiger gelegenen Häfen in Italien abermals herab sank. 1197 Venedig und Triest waren für die Handelsstrategie der Koller von zentraler Bedeutung, denn über beide Städte wurden zahlreiche Warenabnehmer/-innen erreicht – insbesondere im italie- nischen Raum. Aus den heutigen Regionen Lombardei 1198 (Mailand, Brescia, Chiavenna, Cre- mona, Mantua, Salò am Gardasee, Pavia), der Toskana (Florenz, Livorno, Lucca), der Emilia- Romagna (Faenza, Ferrara, Bologna, Modena, Parma, Piacenza, Rimini, Cento, Ravenna, Me- sola), Piemont (Turin, Meina, Arona, Biella), Trentino-Südtirol (Trient, Rovereto, Bozen), Kampanien (Neapel), dem Latium (Rom, Frascati), den Marken (Loreto), Sizilien (Messina, Palermo) und Ligurien (Genua) sind insgesamt 670 Geschäftsbriefe überliefert, was immerhin rund 18 Prozent der gesamten Korrespondenz entspricht. Aufgrund der durchwegs hohen ab- gesetzten Stückzahlen musste es sich bei den dort angesiedelten Abnehmern/-innen um Eisen- warenhandelsleute bzw. Krämer gehandelt haben. Diese kauften bei den Koller in Steyr ein – zum Teil unter Vermittlung durch venezianische oder Triester Handels- oder Kommissionshäu- ser – und setzen die Waren in ihrer Stadt oder dem Umland an die Endkonsumenten/-innen ab. Während die in die Städte der Po-Ebene verkauften Waren höchstwahrscheinlich dort verblie- ben, kann hingegen bei Livorno und Neapel nicht ausgeschlossen werden, dass die Steyrer Ei- sengeschmeidwaren dort nur einen Zwischenhalt einlegten und einen Bestimmungsort jenseits des Mittelmeeres – oder gar des Atlantiks – ansteuerten. 1195 G ASSER , Entwicklung, II–V (Nachwort). 1196 R EISCHL , Bedeutung, 26. 1197 G ASSER , Entwicklung, II–V (Nachwort). 1198 Zur Eisenwarenproduktion siehe Luca M OCARELLI , Manufacturing Activity in Venetian Lombardy. Speciali- zed Products and the Formation of a Regional Market (17th–18th Centuries), in: Paola Lanaro, Hg., At the Centre of the Old World: Trade and Manufacturing in Venice and the Venetian Mainland, 1400–1800, Toronto 2006, 317–342. ITALIEN

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