Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 198 - 45 Orte mit diesen Kriterien ausgemacht werden. Angeführt wird die Liste von Mailand, Turin und Brescia, gefolgt von Konstantinopel, Livorno, Genf, Neapel, Florenz, Ferrara, Frankfurt am Main und Semlin (Belgrad). Aus diesen Städten sind die meisten Geschäftsfälle überliefert, die einen Warenverkauf der Koller dorthin belegen. Auf der Karte in Abbildung 20 wird eine besonders starke Konzentration der Absatzorte im italienischen und Schweizer bzw. ostfranzö- sischen Raum erkennbar, wobei nach Italien deutlich häufiger und mehr Waren verkauft wur- den als in die Schweiz und nach Frankreich. Aus Amsterdam ist ein einziger Brief überliefert, mit dem Georg Signorino Josef von Koller an die Übersendung der versprochenen Preisliste erinnerte. Er war insbesondere an den Preisen der 10-händigen Mahdsensen vom Zeichen „Doppelschwert und Halbmond“ und der Strohmesser bester Fabriquen , Lieferung franko Salz- burg, interessiert. 1147 Nur vereinzelt finden sich auch in nord- und südöstlicher Richtung von Steyr Fernabsatzorte der Koller: Aus Krakau bestellte ein gewisser Franz Laskiewitz mehrmals Sensen bei Josef von Koller 1148 – aus Brody im damaligen Kronland Galizien (heutige Ukraine) ist ein einziger Geschäftsbrief überliefert, der den Kauf von Ahlen durch die Firma Hausner & Violland belegt. 1149 In Semlin (Zemun, Stadtteil Belgrads) fragte Jakob Lehmann in den Jahren 1806 und 1808 mehrmals Nägel unterschiedlichster Art nach. 1150 Krakau, Brody und Semlin waren bekannte Umschlagplätze, weshalb angenommen werden kann, dass die von den Koller dorthin geschickten Waren nicht unbedingt vor Ort konsumiert, sondern weiter nach Russland bzw. in den Orient gehandelt wurden. In Konstantinopel und in Smyrna wurden wiederholt Eisengeschmeidwaren aller Art (vor allem Messer, Feilen und Angelhaken) nachgefragt. 1151 Die persönliche Korrespondenz mit den Abnehmern/-innen an diesen weit entfernten Handels- plätzen ist nur in Ausnahmefällen im Koller-Archiv überliefert, denn in erster Linie wickelten Großhandels- oder Kommissionshäuser in Wien, Triest und Venedig diese Fernhandelsge- schäfte ab. Die Waren der Koller wurden – nach Regionen betrachtet – am stärksten in Oberösterreich und im heutigen Italien verkauft, insbesondere in den Gebieten, die heute als Veneto und Friaul- Julisch Venetien bekannt sind sowie in der Lombardei, im Piemont und in der Emilia-Romagna. Auch in Bayern, Niederösterreich, Triest sowie Wien wurden die Waren der Koller nachgefragt. 1147 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Amsterdam (7.11.1806), Kasten XII, L3/2 FVII 1–91 Nr. 51. 1148 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Krakau (11.1.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVI 1–90 Nr. 88; StA Steyr, Ge- schäftsbrief aus Krakau (5.7.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVI 1–90 Nr. 87. 1149 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Brody (23.4.1806), Kasten XII, L3/3 FXVII 1–129 Nr. 42. 1150 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Semlin (28.1.1808), Kasten XII, L3/3 FIII 1–45 Nr. 15. 1151 In Konstantinopel war es z. B. die Firma Isaac Camondo & Co., die in einer einzigen Bestellung insgesamt 1 Millionen Stück glänzende und 30.000 Stück verzinnte Fischangeln bestellte. Die Firma Prasacachi & Pet- rocochino aus Smyrna z. B. bestellte Feilen und Rasiermesser; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Konstantinopel (10.11.1808), Kasten XII, L4/4 FV 1–123 Nr. 58; StA Steyr, Geschäftsbrief aus Smyrna (1.9.1806), Kasten XII, L3/2 FXXII 1–169 Nr. 11. Absatz nach Unternehmens- phasen

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