Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 190 - Dass Frauen im Handwerksbereich tätig waren, ist also auch für die Gewerbelandschaft der Eisenwurzen nichts Ungewöhnliches. Frauen in handwerklichen Berufen in Steyr sind z. B. im 18. Jahrhundert in derartigem Ausmaß nachweisbar, dass sich die lokalen Handwerksmeister und ihre Gesellen durch die dominierende und billige Frauenarbeit sogar in ihrer Existenz be- droht sahen. 1740 erwirkten sie deswegen sogar ein Verbot der Frauenarbeit, 1117 welches jedoch nur vorübergehend in Kraft gewesen sein dürfte, denn Cajetan Franz von Leitner beobachtete bei seinem Aufenthalt in Steyr 1798, dass in den zahlreichen Steyrer Schmiedewerkstätten Frauen mitarbeiteten. Insbesondere bei der Herstellung von Messern gab es einen hohen Frau- enanteil, wobei die Arbeit der Frauen im Anbringen der Schalen auf den Klingen bestand. 1118 Eine dieser Frauen war Ursula Pley, die Witwe eines Schermessermeisters, die nach dem Tod ihres Mannes den Betrieb weiterführte. 1119 Bei ihrem Tod im Seuchenjahr 1741 wurde sie als Schermessermaisterin ins Sterbebuch eingetragen und mit dem bürgerlichen Geläut beglei- tet. 1120 Da Frauen häufig im Handwerksbetrieb ihres Ehemannes mitarbeiteten, konnten sie – sofern es im Witwenrecht der jeweiligen Handwerkszunft vorgesehen war – den Betrieb ihres verstorbenen Mannes fortführen. In manchen Zünften sah das Recht die uneingeschränkte Fort- führung vor – in anderen war die Weiterführung nur unter Mitarbeit eines Meisterknechts er- laubt. Auch Fristen für die Wiederverheiratung der Meisterwitwe konnten gesetzt werden oder die Witwe mit einem Verbot der Ausbildung von Lehrlingen belegt werden. 1121 Die Handwerksordnung der großen und bedeutenden Kirchdorf-Micheldorfer Sensen- schmiedezunft sah z. B. vor, dass die Witwen der Sensenschmiedmeister unter gewissen Be- dingungen die Werkstatt ihrer Ehemänner weiterführen durften. In der Handwerksordnung vom 2. August 1803 hieß es: Auch den Meisterswitwen, wenn sie nach den Tode ihres Mannes rechtmässig zu dem Besitz der Werkstadt kommen, oder ihnen doch wenigstens der Fruchtgenuß hiervon überlassen ist, steht die Fortsetzung der Professions Ausübung während ihres Witwen- standes mit eben jenem Recht zu, wie dem verstorbenen Meister, wogegen sie auch gegen das Handwerk die nemlichen Verbindlichkeiten habe. Damit aber eine solche Witwe we- gen ihrer Professions Unkündigkeit nicht in dem Gewerbebetriebe Schaden leide, oder durch Widerspenstigkeit ihrer Eßmeister und Knechte gequälet werden könne, so steht es ihr bevor, dem Handwerk zween nicht zu sehr entfernte Meister nahmhaft zu machen, welche von dem Handwerk angeweisen werden, auf ihr jemaliges Ansuchen, sich in ihre 1117 R AUSCHER / K NOGLER , LKW, 28. 1118 Cajetan Franz von L EITNER , Vaterländische Reise von Grätz über Eisenerz nach Steyr, Wien 1798, 210 f. 1119 StA Steyr, Schuldobligation (4.5.1728), Kasten XII, L1 F1 1–108 Nr. 35. 1120 Pfarre Steyr, Sterbebuch 03, 301/03, fol. 350. 1121 W ENSKY , Frau, 37. Handwerker- innen Witwenrecht

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