Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 183 - Beziehungen unerlässlich, um den Absatz auf überregionalen und Fernhandelsmärkten zu or- ganisieren. Im Stadtarchiv Steyr ist die Eisenhandelsordnung des Jahres 1661 überliefert, an- hand derer das Verhältnis zwischen Verleger-Kaufleuten und Handwerksleuten im Detail dar- gelegt wird. Die Eisenordnung diente dazu, bisherige schädliche Mißbreich, wucherische und unbilliche Handlungen , welche die Handwerksleute und Kammergutarbeiter/-innen in die Ar- mut gestürzt hätten, Einhalt zu gewähren. Ziel sei es, dass alle ihr Auskommen im Eisenwesen hätten und ihren ehrlichen Lebensunterhalt verdienen konnten. Die Hauptpunkte der Ordnung bestimmten, dass die Handwerksleute nicht unter den festgelegten Preissätzen bezahlt werden durften, dass aber jene, die ein gutes Zeichen führten und entsprechend hochwertige Qualität herstellten, auch höhere Preise verlangen durften. Die Handelsleute und Verleger-Kaufleute mussten den Handwerksleuten den Stahl und das Eisenzeug zum von der Eisenkammer zu Steyr festgelegten Preis und nicht höher verkaufen. Um Preisschleuderei zu verhindern, mussten Ge- schmeid- und Eisenwaren sowohl im In- als auch im Ausland zum gleichen Preis verkauft wer- den. Die Qualität der Handwerkswaren und die Einhaltung der Eisenordnung sowie der Preiss- ätze wurden durch Beschauer kontrolliert. Den Handwerksleuten war es bei Strafe verboten, ihre Waren an einen anderen als ihren Verleger zu liefern, was offenbar besonders häufig vor- gekommen war – auch das Hausieren war ihnen verboten. Erst wenn sie keine Handelsleute fanden, die ihnen ihre Waren abkaufen wollten, durften sie den Vertrieb selbst in die Hand nehmen, wobei sie den Verkaufspreis der Handelsleute nicht unterbieten durften. 1088 Die Auf- gabe der Verleger-Kaufleute war es also, die Handwerksleute der Kleineisenindustrie (z. B. Nagelschmiede, Feilenhauer, Drahtzieher) mit Stahl und Eisenzeug zu versorgen und sich an- schließend um den Vertrieb der von ihnen hergestellten (Halb-)Fertigwaren zu kümmern, da weder Hammerleute, noch Eisenhandwerksleute – „mit Ausnahme der Messerer [und der Sen- senmeister, Anm. d. Verf.] – befugt [waren], die von ihnen hergestellten Eisenwaren selbst in den Handel zu bringen.“ 1089 Nun stellt sich die Frage, ob auch die Koller-Kaufleute als Verleger agierten bzw. in welcher Beziehung sie zu den Produzierenden standen. Nach Ulrich Pfister galt bereits jeder als Verle- ger, der einen Produktionsauftrag gab und dafür dem Produzierenden Rohmaterialien, Halbfab- rikate oder Geld vorstreckte, 1090 wozu es im Koller-Archiv einige Belege gibt: Bereits erwähnt wurde die Versorgung des Steinbacher Messerers Hans Mathias Löschenkohl mit Stahl, damit 1088 StA Steyr, Satz und Ordnung über den Eisenhandel (12.3.1661), Kasten IV, L39 F1/1 Nr. 13. 1089 H ACK , Steyr, 40. 1090 Ulrich P FISTER , Kaufsystem, in: Enzyklopädie der Neuzeit 6, Stuttgart u. a. 2007, 514–516, hier 514. Waren die Koller Verleger?
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2