Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 182 - frei und der Handel für jeden Steyrer Bürger offen. Spätestens bis zum 14. Jahrhundert entwi- ckelten sich jedoch feste Bezugsformen in Form des Verlages zwischen Hammermeistern und Eisenhandelsleuten. Dies hatte mit den großen Belastungen für die Betriebe (z. B. hohe Be- triebskosten, schwierige Versorgung mit Holzkohle und Lebensmitteln im Winter, Naturkata- strophen, Kriege) zu tun, die das Risiko nicht mehr alleine tragen konnten. Die Verleger schos- sen das nötige Betriebskapital vor und gewährten den Verlegten monatlich das verzinsliche „Fürlehen“ für die Deckung der laufenden Ausgaben. Als Gegenleistung mussten die Produ- zierenden ein bestimmtes Quantum Eisen in „ordentlicher Blähung und Waschung“ bereitstel- len, welches der Verleger pünktlich und auch in Krisenzeiten zuverlässig abholen lassen und bar bezahlen musste. „Da an die Stadt Steyr das Recht auf solche Verlagsverträge geknüpft war, konnten nur Steyrer Eisenhändler die innerbergischen Hammermeister verlegen.“ 1083 Mit der Gründung der Eisenhandlungsgesellschaft im Jahr 1581 wurde erstmals versucht, dieses Monopol der Eisenhandelsleute institutionell zu brechen und das Bezugs- und Vertriebs- system neu zu regeln. Die unter Vertrag stehenden Hammermeister gaben ihre Waren ab sofort an die vier „Zeugsempfaher“ der Eisenhandlungsgesellschaft ab, die es nach Steyr brachten, und erhielten dafür vom Einlagekapital der Gesellschaft monatlich ihr Betriebskapital. Private Verlagsverträge zwischen Handelsleuten und Hammermeistern waren seither nicht mehr mög- lich. 1084 Bei der 1625 gegründeten Innerberger Hauptgewerkschaft (IHG) gelang es den Eisen- handelsleuten erneut, überragenden Einfluss zu erreichen: Eisen und Stahl durfte ausschließlich durch die Bürger der Stadt im Namen der IHG bezogen werden, da Steyr Sitz der Verlagsstelle war. Private Verlagsverträge waren nach wie vor nicht erlaubt. 1085 „[…] an die Stelle des vom ‚privaten‘ Verleger finanzierten Einzelbetriebs trat damit endgültig der Gemeinschaftsbetrieb einer gewerkschaftlich organisierten Verleger- und Produzentengemeinschaft.“ 1086 All diese Veränderungen bezogen sich auf den Verlag von Rad- und Hammerwerken, wel- che Roheisen bzw. Eisen- und Stahlsorten herstellten. Mit Gründung der IHG oblag dieser Be- reich fortan der Verlagsstelle der Gewerkschaft, wohingegen der Verlag von Kleinhandwerks- leuten, die Halbfertig- und Fertigwaren herstellten, weiterhin jedem/-r offen stand, der/die über genügend Kapital verfügte. 1087 In der Eisenordnung von 1661 ist daher noch immer die Rede von den „Verlegern“, womit die Verleger der Handwerker/-innen gemeint waren. Solange es den Produzierenden verboten war, ihre eigenen Erzeugnisse selbst zu verkaufen (bis zur Libe- ralisierung des Eisenwesens gegen Ende des 18. Jahrhunderts), waren Verlag und verlagsartige 1083 H ACK , Eisenhandel, 21. 1084 Ebd., 25. 1085 H ACK , Eisenhandel, 30–32. 1086 H OLBACH , Frühformen, 230. 1087 B AK , Stadtgeographie, 88. Verlag von Rad- und Hammerwerken Verlag von Eisen- handwerksleuten

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2