Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 180 - als Gegenfuhr für dorthin verkauftes Eisengeschmeide bezogen. In Prag hatten die Koller Kon- takte zu Eisenhandelsleuten wie den Firmen Josef Ignatz Lange bzw. Josef Ignatz Lange sel. Witwe & Erben, Maurer & Rescheck, Ignatz Olscher sowie Olscher & Steinmar und Johann Reyn sel. Erben & Co. In Weyer waren es Anna Sophia Lang sowie Josef und Karolina Winterl, mit denen die Koller im Warenaustausch standen. In Linz kauften sie bei Johann Michael Peis- ser sel. Eidam, Josef Emilian Gottscheer, August Feurer sowie Matthias Lebzelter und in Waid- hofen an der Ybbs bei Karl Franz Eberstaller und Jakob Graß. Weitere Einkaufsplätze waren Budweis (Zaineisen, Nägel), Graz (Feilen, Lammwolle), Mauthausen (Spezereiwaren, Zinn), Wien (polnische Sensen, ein Fortepiano, 1078 Wollzeug, 1079 Nägel), Villach (Blei), Nürnberg (Alkohol, Spiegeldosen, Bücher, Zucker, Kaffee, Papier), Venedig (Öl, rote türkische Wolle, Gallus, Baumwolle, diverse Spezereiwaren), Freistadt (Stoffe, Bittersalz), St. Veit an der Glan (Stahl, Feilen), Windischgarsten (Schmalz), Marktschellenberg (Holzwaren), Messina (Öl) und Reims (französischer Wein). Neben der Unklarheit bezüglich der Rolle der Lieferanten/-innen als Hersteller/-innen oder als Handelsleute, war es außerdem nicht immer ersichtlich, ob die eingekauften Waren als Handelswaren für das Sortiment der Koller oder für den eigenen Kon- sum im Haushalt bestimmt waren. Den aus Reims importierten Wein und das aus Messina im- portierte Öl kommen sowohl für den Eigenverbrauch im Haushalt der Koller als auch als Spe- zereiwaren zum Weiterverkauf in Frage. Einzig bei den mehrmaligen Einkäufen in der Mayri- schen Buchhandlung und beim Kunst- und Musikalienhändler Benedikt Hacker (beide in Salz- burg) sowie bei Lotterielosverkäufer J. G. Winckler in Frankfurt am Main handelte es sich ein- deutig um Einkäufe für den persönlichen Bedarf bzw. das persönliche Vergnügen (siehe Kapitel 4.2.5 „Freizeit und Vergnügen“ ab S. 313) . Der Schwerpunkt der Produktion lag innerhalb der Region der Eisenwurzen (siehe Abbil- dung 16) , während die Kontakte zu Lieferanten/-innen, die nicht unbedingt auch Produzierende waren, auch über die Gewerbelandschaft hinaus reichten. Auch die Ausführungen über die un- terschiedlichen Eisengeschmeidwaren und die Eisen- und Stahlsorten bestätigten, dass die von den Koller-Kaufleuten gehandelten Erzeugnisse überwiegend aus Produktionsstätten in der Stadt Steyr und ihrem Umland sowie aus den ober- und westniederösterreichischen Hammer- werksbetrieben kamen. Solange es den Handwerksleuten verboten war, ihre eigenen Waren direkt an Großhandelsleute und Endverbraucher/-innen im In- und Ausland zu verkaufen, wa- ren sie von den Steyrer Eisenhandelsleuten abhängig, woraus sich das institutionell gestützte 1078 Das Fortepiano war jedoch nicht für den Haushalt der Koller gedacht, sondern für die Reichl Lisette . Josef von Koller besorgte es in ihrem Namen über Etzelt in Wien; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief nach Wien (nach 16.5.1806), Kasten XII, L3/4 FXXI 1–142 Nr. 34. 1079 Im Unterschied zum Wolltuch war das Wollzeug nicht gewalkt.
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