Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 18 - Die überlieferten Markt- und Kaufleutebücher sind neben den Geschäftsbriefen eine weitere Quellengattung im Koller-Archiv, der besondere Aufmerksamkeit zukam. Von ihnen sind 88 Stück überliefert und sie betreffen überwiegend den Handel auf den Linzer Jahrmärkten, wobei Strazzen, Memoriale, Bestellbücher, Jahrmarkts-Abschlüsse und Schuldbücher überlie- fert sind. In ihnen finden wir Informationen über die gehandelten Waren, ihre Qualität, die ab- gesetzten Mengen, die Preise, die Zahlungsabwicklung, die Geschäftspartner/-innen und nicht zuletzt auch Hinweise auf die Bedeutung der Jahrmärkte als Absatzzentren für die Steyrer Kauf- leutefamilie. Neben der Konzentration auf die Geschäftsbriefe und Rechnungsbücher wurden auch andere Quellengattungen herangezogen. Da die Überlieferung der Briefe eine sehr unausgewogene ist – hinsichtlich des langen Untersuchungszeitraumes von fast 200 Jahren – und weil Geschäfts- briefe und Kaufleutebücher allein nicht das Gesamtbild des Handelsalltags wiedergeben kön- nen, wurden vermehrt Dokumente untersucht, die diese Lücken zu füllen versprachen. Beson- ders informationsreiche Quellengattungen waren Behördenbriefe (z. B. Korrespondenz mit dem Magistrat Steyr oder der Landeshauptmannschaft), Privatbriefe, Rechnungen, Inventare und Güterverzeichnisse, einzelne Wechsel sowie Kaufverträge. Was jedoch auch diese Quellen nicht liefern können, sind Informationen über jene Geschäfte, die sich nicht schriftlich nieder- schlugen, wie z. B. der Detailverkauf im Ladengewölbe am Stadtplatz Nr. 11. Darüber hinaus ist das Koller-Archiv mit Sicherheit unvollständig und im Laufe der Aufarbeitung des Bestan- des hat sich der Verdacht erhärtet, dass sich auch Dokumente im Koller-Archiv finden, die beim genaueren Hinsehen gar nichts mit der Familie zu tun haben. So ist z. B. ein Rechnungsbuch von Michael Koller vorhanden, der jedoch in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zu den Kaufleuten in Steyr stand. 27 Er war der Sohn des Micheldorfer Sensenschmiedmeisters am Ab- sang und selbst Meister am Sensenwerk Dambach in der Gemeinde Rosenau (Pfarre Windisch- garsten) 28 , wobei nach der Konstruktion beider Familienstammbäume keine Verwandtschaft der bekannten Sensendynastie Koller zur gleichnamigen Steyrer Kaufleutefamilie festzustellen war. Dieses und ein weiteres Rechnungsbuch aus dem Zeitraum 1781 bis 1797 29 müssen also aufgrund eines Irrtums im Koller-Archiv gelandet sein. 27 StA Steyr, Vormerk- und Rechnungsbuch (1757–1770), Kasten XII, L4/4 FIV 1–27 Nr. 2. 28 Franz S CHRÖCKENFUX , Geschichte der österreichischen Sensenwerke und deren Besitzer, Linz 1975, 246. 29 StA Steyr, Rechnungsbuch mit Lohnzahlungen (1781–1797), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 1. Kaufmanns- bücher Mängel
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